Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Pakt

Der Pakt

Titel: Der Pakt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Rees Brennan
Vom Netzwerk:
Lydie seit ihrer Geburt. Carl ebenfalls. Das waren ihre Leute, die Marktleute, die einander näher standen als normale Familienmitglieder, zusammengeschweißt durch die Gefahr und eine gemeinsame Sache.
    Sin staunte, wie wenig das eine Rolle spielte.
    Noch erstaunter war sie, als Matthias der Rattenfänger, den sie nie sonderlich gemocht hatte und dem sie nie mehr vertraut hätte, als ihn bei Sonnenuntergang ein Lied singen zu lassen, abrupt seinen Bogen absetzte und sagte: »Sin lässt den Markt nicht im Stich. Und uns einem Mädchen in die Arme zu werfen, das wir erst ein paar Monate kennen, ist doch verrückt.«
    Â»Ich habe eine Idee«, warf Alan ein. »Wenn sie zustimmt, das Mädchen bei Magiern zu lassen …«
    Â»Nein!«, schrie Sin auf und wirbelte zu ihm herum.
    Alan hielt die Pistole an der Seite. Er hatte den Blick fest auf sie gerichtet und sah sie einen kurzen Augenblick lang flehend an. Sie kannte ihn mittlerweile gut genug, um zu wissen, wann er eine Rolle spielte.
    Sie könnte mit Toby auf dem Markt bleiben, und er würde Lydie bei sich behalten, bis sie eine Lösung gefunden hatten.
    Dazu musste Sin den Markt nur davon überzeugen können, dass sie ihre Schwester aufgab. Vor deren Augen.
    Nein, nein, nicht in tausend Jahren, auch wenn sie ihn dafür liebte, dass er es versuchte, nicht in Licht oder Dunkelheit, aus keinem einzigen Grund. Lydie durfte nie an ihr zweifeln.
    Â»Sie gehört zu mir«, wiederholte sie.
    Alan konnte leichter lügen als die Wahrheit sagen, aber sie war Schauspielerin: Sie wusste, dass man immer die Wahl hatte zwischen Lüge und Wahrheit, dass es ein Balanceakt war. Alan wusste vielleicht nicht, dass es Dinge gab, die zu wichtig waren, um zu lügen. Sie schon.
    Carl sah zu Boden. Elka hatte die Hand vor den Mund gelegt. Doch niemand widersprach, als Phyllis vortrat und sagte: »Du bist nicht mehr willkommen hier. Nie wieder.«
    Genauso hatte Sin Alan vor drei Monaten vom Markt verbannt.
    Sie sah Mae an, die sich auf die Lippe biss und immer noch zornig dreinblickte. Sin konnte ihnen von Maes Botenohrringen erzählen und von ihrem Dämonenmal. Sie wusste, dass sie genügend Zweifel an ihr aufkommen lassen konnte, dass auch Mae verbannt werden würde.
    Doch noch bevor sie etwas sagen konnte, rief Mae: »Mein Bruder ist ein Magier. Wenn sie gehen muss, dann gehe ich auch.«
    Aber dann hätte der Markt niemanden mehr.
    Â»Phyllis hat recht. Dein Bruder ist gegangen, ich will meine Schwester behalten«, sagte Sin.
    Sie wandte sich Lydie zu, die sie auffordernd am Arm zupfte, bückte sich und nahm sie hoch. Lydie war nicht schwer und ihre dünnen Arme schlangen sich so fest um Sins Hals, dass sie glaubte, sie würde auch hängen bleiben, wenn sie sie nicht fest hielt.
    Sin wandte sich wieder zum Markt um, schmiegte die Wange an Lydies Haar und betrachtete das nächtliche London, dessen Tausende von Lichtern wie Messerspitzen glitzerten.
    Leise und ohne jemanden von irgendetwas überzeugen zu wollen, meldete sich Alan wieder zu Wort.
    Â»Du kannst zu uns nach Hause kommen.«

7
    Lügen
    A lan und Nick wohnten in einem Wohnblock in Willesden. Während der Fahrt dorthin sprach niemand und die Kinder rechts und links von Sin waren eingenickt. Sin war selbst so müde, dass sie hätte auf der Stelle einschlafen können, aber sie musste nachdenken.
    Die U-Bahn-Station Willesden Green war nur sechs Straßen weiter, Lydie konnte also weiter zur Schule gehen. Gott sei Dank waren beide warm angezogen. Sin setzte sich auf ihre kalten Füße und versuchte abzuschätzen, wie lange das Geld reichen würde, das Dad ihr gegeben hatte. Sie würde Schuhe kaufen müssen.
    Als sie parkten, hatte es zu regnen begonnen.
    Â»Nick«, sagte Alan bedeutungsvoll.
    Â»Ich kann dich tragen«, bot Nick Sin tonlos an.
    Â»Ich würde es vorziehen, zu laufen.« Sie schüttelte Lydie nur so weit wach, dass sie im Halbschlaf an ihrer Hand mitstolpern konnte, ohne Panik zu bekommen. Toby ließ sie weiterschlafen und auf ihre Bluse sabbern.
    Nick ging voraus. Wahrscheinlich war er von Alans Angebot, ihr Zuhause drei Obdachlosen als Zuflucht zur Verfügung zu stellen, nicht sonderlich begeistert.
    Â»Wir werden nicht lange bleiben«, erklärte Sin Alan leise.
    Alan wich ihrem Blick aus und betrachtete angelegentlich seine Haustürschlüssel. »Ihr könnt so lange bleiben, wie

Weitere Kostenlose Bücher