Der Pakt der Liebenden
letzte Mal, dass ihr euch seht.«
Und als Samjaza klarwurde, was geschehen würde, schrie sie ein ums andere Mal »Nein!«, bis Epstein ihr einen Knebel in den Mund zwängte, während sie auf eine Trage gelegt und festgeschnallt wurde. Eine Decke wurde über sie gebreitet, worauf sie aus dem Haus in einen bereitstehenden Krankenwagen getragen wurde, der ohne Sirene und Blinklicht davonraste. Ich schaute zu Maser und sah seinen trostlosen Blick. Er bewegte die Lippen, und ich hörte, wie er immerzu irgendetwas flüsterte. Ich bekam nicht mit, was er sagte, war mir aber sicher, dass er die gleichen Worte sprach wie seine Liebste.
Dominus meus bonus et benignitas est.
Dann tauchte einer von Epsteins Männern auf und stieß eine Spritze in Masers Hals, worauf binnen Sekunden sein Kinn auf die Brust sank und ihm die Augen zufielen.
»Es ist vollbracht«, sagte Epstein.
»Vollbracht«, sagte ich, und jetzt ließ ich mich von ihnen hinlegen, und mir wurde schwarz vor Augen.
Drei Tage später traf ich mich in dem kleinen Diner noch einmal mit Epstein. Die taubstumme Frau brachte uns das gleiche Essen wie zuvor, dann zog sie sich in den hinteren Teil des Ladens zurück und ließ uns allein. Erst dann redeten wir ernsthaft miteinander. Wir sprachen über die Ereignisse in jener Nacht und all das, was sich in den Tagen davor zugetragen hatte, unter anderem auch über mein Gespräch mit Eddie Grace.
»Was ihn angeht, kann man nichts unternehmen«, sagte Epstein. »Selbst wenn sich beweisen ließe, dass er in die Sache verwickelt war, würde er sterben, bevor man ihn aus dem Haus bringen kann.«
Für die Ereignisse an der Hobart Street hatte man sich eine Legende ausgedacht. Hansen war ein Held. Als er mich im Zuge einer laufenden Ermittlung beschattete, war er auf einen Bewaffneten gestoßen, der ihn mit einem Messer angegriffen hatte. Obwohl er schwerverletzt war, hatte Hansen dem bislang noch nicht identifizierten Angreifer tödliche Wunden zufügen können, worauf er auf dem Weg ins Krankenhaus gestorben war. Bei dem Messer handelte es sich um die gleiche Waffe, mit der Mickey Wallace und Jimmy Gallagher umgebracht worden waren. Die Blutspuren, die man am Griff gefunden hatte, stimmten mit ihrem Blut überein. Ein Foto des fraglichen Mannes war im Zuge der polizeilichen Ermittlungen in den Zeitungen erschienen. Es hatte keine Ähnlichkeit mit Gary Maser. Es hatte mit niemandem Ähnlichkeit, egal, ob lebendig oder tot.
Die Frau wurde mit keinem Wort erwähnt. Ich fragte nicht, was aus ihr oder ihrem Geliebten geworden war. Ich wollte es nicht wissen, konnte es aber erraten. Sie waren irgendwo versteckt, tief unten im Dunkeln, weit voneinander entfernt, und dort würden sie verrotten.
»Hansen war einer von uns«, sagte Epstein. »Er hat Sie ständig im Auge behalten, seit Sie Maine verlassen haben. Er hätte das Haus nicht betreten sollen. Ich weiß nicht, warum er es getan hat. Vielleicht hat er Maser gesehen und wollte ihn abfangen, bevor er zu Ihnen gehen konnte. Er liegt vorerst im künstlichen Koma. Es ist unwahrscheinlich, dass er jemals wieder seinen Dienst antreten kann.«
»Meine heimlichen Freunde«, sagte ich eingedenk der Worte, die der Kollektor zu mir gesagt hatte. »Ich hätte nie gedacht, dass Hansen einer davon ist. Ich muss einsamer sein, als ich dachte.«
Epstein trank einen Schluck Wasser. »Er war vielleicht etwas zu übereifrig, als er Sie in Ihren Unternehmungen einschränken wollte. Die Entscheidung, Ihre Lizenz und den Waffenschein einzuziehen, hat nicht er getroffen, aber er war bereit, sämtliche Entscheidungen durchzusetzen, die getroffen wurden. Man hatte das Gefühl, dass Sie zu viel Aufsehen erregen und vor sich selbst geschützt werden mussten.«
»Da war es bestimmt ganz nützlich, dass er mich ohnehin nicht leiden konnte.«
Epstein zuckte die Achseln. »Er glaubt an Recht und Ordnung. Deswegen haben wir ihn ausgewählt.«
»Gibt es noch andere?«
»Ja.«
»Wie viele?«
»Nicht genug.«
»Und jetzt?«
»Wir warten ab. Sie bekommen Ihre Lizenz als Privatdetektiv zurück, und Ihr Waffenschein wird neu ausgestellt. Wenn wir Sie nicht vor sich selbst schützen können, sollten wir Ihnen die Möglichkeit geben, sich selber zu schützen. Das hat möglicherweise aber seinen Preis.«
»Das ist doch immer so.«
»Ein gelegentlicher Gefallen, mehr nicht. Sie verstehen Ihr Handwerk. Man wird Ihnen bei der Staatspolizei und den örtlichen Ordnungshütern den Weg ebnen, falls sich
Weitere Kostenlose Bücher