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Der Pakt der Liebenden

Der Pakt der Liebenden

Titel: Der Pakt der Liebenden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Connolly
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Regale voller Bücher, die nach Autoren geordnet waren; ein Nachttisch mit einem Digitalwecker, technisch hochmodern, der die Zeit anzeigte: 12:54.
    Und der Schuss, der von der Garage ins Haus hallte. Durch das Fenster sah ich rennende Männer –
    »Ist alles in Ordnung, Mr. Parker?«
    Durand fasste mir behutsam an den Arm. Ich versuchte etwas zu sagen, konnte es aber nicht.
    »Warum gehen wir nicht wieder runter? Ich mache Ihnen eine Tasse Kaffee.«
    Und die Gestalt im Spiegel wurde zum Geist des Jungen, der ich einst war, und ich ging mit ihm auf Blickkontakt, bis er verblasste und weg war.
    Wir saßen in der Küche, Asa Durand und ich. Durch das Fenster sah ich dort, wo die Garage gewesen war, einige Weißbirken. Durand folgte meinem Blick.
    »Ich habe gehört, was passiert ist«, sagte er. »Eine furchtbare ­Sache.«
    Der Duft von Durands Schmorbraten hing im Zimmer. Er roch gut.
    »Ja, das war es.«
    »Sie haben sie abgerissen, die Garage.«
    »Wer?«
    »Die Harringtons. Die Nachbarn, Mr. und Mrs. Rosetti – die waren wahrscheinlich ein paar Jahre nach Ihnen da –, haben es mir erzählt.«
    »Warum haben sie sie abgerissen?« Doch schon als ich die Frage stellte, wusste ich die Antwort. Das einzig Überraschende war nur, dass man sie so lange hatte stehenlassen.
    »Ich nehme an, es gibt Leute, die das Gefühl haben, dass das Echo zurückbleibt, wenn irgendwo so was Schlimmes passiert«, sagte Durand. »Ich weiß nicht, ob es stimmt. Ich persönlich bin da nicht so empfindlich. Meine Frau glaubt an Engel –«, er deutete auf eine geflügelte Figur mit zarter Kleidung, die an einem Haken an der Küchentür hing, »– bloß dass für mich alle ihre Engel wie Tinkerbell aussehen. Ich glaube, sie kennt den Unterschied zwischen Engeln und Feen nicht.
    Jedenfalls sind die Kinder der Harringtons nicht gern in die Garage gegangen. Das jüngste, das kleine Mädchen, hat gesagt, dort riecht es schlecht. Die Mutter hat Mrs. Rosetti erzählt, dass es manchmal riecht wie –«
    Er hielt inne und zuckte zum dritten Mal zusammen. Anscheinend war es eine unwillkürliche Reaktion, wenn ihm irgendetwas unangenehm war.
    »Ist schon okay«, sagte ich. »Erzählen Sie doch bitte weiter.«
    »Sie hat ihr erzählt, dass es gerochen hätte, als ob da drin eine Schusswaffe losgegangen wäre.«
    Wir schwiegen beide eine Zeitlang.
    »Warum sind Sie hier, Mr. Parker?«
    »Ich bin mir nicht ganz sicher. Ich glaube, ich habe ein paar Fragen, die ich beantwortet haben muss.«
    »Wissen Sie, irgendwann im Leben kommt man an einen bestimmten Punkt, an dem es einen drängt, in der Vergangenheit herumzuwühlen«, sagte Durand. »Ich habe mich mit meiner Mutter zusammengesetzt, bevor sie gestorben ist, und habe sie unsere ganze Familiengeschichte durchgehen lassen, alles, an das sie sich erinnern konnte. Ich wollte das wissen, glaube ich, um mir darüber klarzuwerden, wo ich hingehört habe, bevor alle, die mich darüber hätten aufklären können, für immer weg waren. Und es ist auch gut zu wissen, woher man gekommen ist. Man gibt es an seine Kinder weiter, und alle fühlen sich nicht so verloren im Leben, nicht so einsam.
    Aber manche Sachen sollte man lieber der Vergangenheit überlassen. Ach, ich weiß, dass einem Psychiater und Therapeuten und weiß Gott, wer sonst noch alles, etwas anderes sagen, aber die irren sich. Man muss nicht jede Wunde öffnen und drin rumstochern, und nicht jede Missetat muss noch mal untersucht oder schreiend und um sich tretend ans Licht gezerrt werden. Man sollte die Wunde lieber heilen lassen, auch wenn sie nicht ganz verheilt, oder die Missetaten im Dunkeln lassen und sich daran erinnern, dass man nicht in Schatten treten sollte, wenn man sie meiden kann.«
    »Tja, das ist es ja«, sagte ich. »Manchmal kann man die Schatten nicht meiden.«
    Durand zupfte an seiner Lippe. »Nein, vermutlich nicht. Und, ist das der Anfang oder das Ende?«
    »Der Anfang.«
    »Dann haben Sie noch einen weiten Weg vor sich, mein Sohn.«
    »Das glaube ich auch.«
    Ich hörte, wie die Haustür geöffnet wurde. Eine kleine, leicht übergewichtige Frau mit silberner Dauerwelle trat in die Diele.
    »Ich bin’s«, sagte sie. Sie schaute nicht in Richtung Küche. Stattdessen zog sie erst ihren Mantel, die Handschuhe und den Schal aus und überprüfte ihre Haare und das Gesicht im Garderobenspiegel. »Riecht gut«, sagte sie. Sie wandte sich der Küche zu und sah mich.
    »Meine Güte!«
    »Wir haben Besuch, Elizabeth«, sagte

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