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Der Pakt der Liebenden

Der Pakt der Liebenden

Titel: Der Pakt der Liebenden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Connolly
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einem Wirrwarr winziger Zimmer, in denen lärmende, aber höfliche Asiaten und Landeier wohnten, die sich auf die billige Tour New York ansehen wollten. Am späten Nachmittag saß er in einer Spelunke, jedenfalls nach seinen und den Maßstäben der meisten anderen Menschen, die keine Penner waren, und überlegte, was er bestellen konnte, ohne seine Gesundheit zu gefährden. Er wollte einen Kaffee, aber das hier sah nach einem Laden aus, in dem man die Stirn runzelte, wenn man aus irgendeinem Grund, der nichts mit einem Kater zu tun hatte, Kaffee bestellte, wenn man es nicht sogar für einen eindeutigen Hinweis auf homosexuelle Neigungen hielt. In so einem Loch, dachte Mickey, könnte man sogar argwöhnisch gemustert werden, wenn man sich nach dem Besuch der Toilette die Hände wusch.
    Neben ihm war eine Tafel, auf der mit Kreide eine Reihe von Spezialitäten der Bar aufgelistet war, die auch in Sanskrit hätten geschrieben sein können, so lange standen sie schon unverändert da, ohne dass irgendjemand etwas aß. Eigentlich machte überhaupt niemand irgendetwas, denn Mickey war die einzige Person in dem Laden, vom Barkeeper einmal abgesehen, und der sah aus, als nehme er seit gut einem Jahrzehnt nichts als menschliche Wachstumshormone zu sich. Er beulte sich an Stellen aus, an denen sich kein normaler Mensch ausbeulen sollte. Er hatte sogar an seinem kahlen Kopf Wülste, so als wären ihm am Schädel Muskeln gewachsen, damit er sich gegenüber dem restlichen Körper nicht ­benachteiligt vorkam.
    »Darf ich Ihnen irgendwas bringen?« Seine Stimme war höher, als Mickey erwartet hatte. Er fragte sich, ob das irgendetwas mit den Anabolika zu tun hatte. Der Barkeeper hatte eigenartige Schwellungen an der Brust, so als habe er ein zweites Paar Brüste ausgetrieben. Er war so braun gebrannt, dass er fast mit dem Holz und dem Schmutz der Bar verschmolz. Für Mickey sah er aus wie ein Paar Frauenstrümpfe, die man mit Fußbällen ausgestopft hatte.
    »Ich warte auf jemanden.«
    »Tja, dann bestellen Sie was, während Sie warten. Betrachten Sie es als Miete für den Hocker.«
    »Freundlicher Laden«, sagte Mickey.
    »Wenn Sie Freunde haben wollen, müssen Sie die Samariter anrufen. Hier geht’s ums Geschäft.«
    Mickey bestellte sich ein leichtes Bier. Er trank selten vor Anbruch der Nacht, und selbst dann beschränkte er sich für gewöhnlich auf ein, zwei Bier, von dem Abend nach dem Abstecher zu Parkers Haus einmal abgesehen, doch dieser Abend war in vielerlei Hinsicht außergewöhnlich gewesen. Er hatte keine Lust auf ein Bier, und beim bloßen Gedanken daran wurde ihm übel, aber er wollte niemanden beleidigen, der so aussah, als könnte er Mickeys Innerstes nach außen kehren, bevor ihm überhaupt klar wurde, wie ihm geschah. Das Bier kam. Mickey starrte es an, und das Bier starrte zurück. Die Blume verschwand, als reagierte sie auf ihre Art auf Mickeys mangelnde Begeisterung.
    Die Tür ging auf, und ein Mann kam herein. Er war groß und wirkte auf natürliche Art massig, wie jemand, der es nie für nötig gehalten hatte, irgendwelche künstlichen Wachstumsmittel zu sich zu nehmen, die stärker waren als Fleisch und Milch. Er trug einen langen, offenen blauen Mantel, unter dem ein mächtiger Bauch zum Vorschein kam. Seine Haare waren kurz und schlohweiß. Die Nase war rot, und zwar nicht nur von dem kalten Wind draußen. Mickey wurde klar, dass er die richtige Wahl getroffen hatte, als er ein Bier bestellt hatte.
    »Hey«, sagte der Barkeeper. »Der Captain. Lange nicht gesehn.«
    Er streckte die Hand aus, worauf sie der Neuankömmling ergriff, freundlich schüttelte und ihm mit der freien Hand auf den mächtigen Oberarm schlug.
    »Wie geht’s, Hector? Wie ich sehe, nimmst du immer noch den Scheiß.«
    »Damit bleibe ich schlank und kräftig, Captain.«
    »Du hast Titten gekriegt und musst dir zweimal am Tag den Rücken rasieren.«
    »Vielleicht lass ich sie wachsen, damit die Jungs was haben, an dem sie sich festhalten können.«
    »Du bist abnorm, Hector.«
    »Und stolz drauf. Was darf ich Ihnen bringen? Der Erste geht aufs Haus.«
    »Das ist sehr anständig, Hector. Einen Redbreast, wenn’s dir recht ist, damit ich die Kälte aus den Knochen kriege.«
    Er ging zum anderen Ende der Bar, wo Mickey saß.
    »Sind Sie Wallace?«, fragte er.
    Mickey stand auf. Er war um die eins achtundsiebzig, und der Neuankömmling überragte ihn um achtzehn bis zwanzig Zentimeter.
    »Captain Tyrrell.« Sie schüttelten sich die

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