Der Pakt der Liebenden
Hand. »Ich danke Ihnen, dass Sie sich die Zeit genommen haben, um mit mir zu reden.«
»Nun ja, nachdem Hector mir einen ausgegeben hat, gehen die anderen Drinks auf Sie.«
»Es ist mir ein Vergnügen.«
Hector stellte ein großzügig eingeschenktes Glas Whiskey ohne Eis neben Tyrrells rechte Hand. Tyrrell deutete auf eine Sitznische an der hinteren Wand. »Setzen wir uns mit unseren Drinks dort hin. Haben Sie schon was gegessen?«
»Nein.«
»Die machen hier gute Hamburger. Mögen Sie Hamburger?«
Mickey bezweifelte, dass man in diesem Laden irgendwas Gutes machen konnte, aber er wusste, dass er nicht ablehnen sollte.
»Ja. Ein Hamburger klingt prima.«
Tyrrell hob die Hand und rief Hector die Bestellung zu: zwei Hamburger, medium, mit allen Beilagen. Medium, dachte Mickey. Herrgott. Mickey hätte ihn lieber halb verkohlen lassen, damit sämtliche Bakterien abgetötet wurden, die sich in dem Fleisch eingenistet hatten. Verdammt, das könnte der letzte Burger sein, den er jemals aß.
Hector tippte die Bestellung pflichtschuldigst in eine erstaunlich modern aussehende Registrierkasse ein, auch wenn er sie bediente wie ein Affe.
»Wallace, das ist ein guter irischer Name«, sagte Tyrrell.
»Irisch-belgisch.«
»Das ist ja ’ne Mischung.«
»Europa. Der Krieg.«
Tyrrells Gesicht wurde vor Sentimentalität unangenehm weich, wie ein schmelzendes Marshmallow. »Mein Großvater hat in Europa gedient. Königlich irische Infanterie. Hat sich eine Kugel eingefangen.«
»Das tut mir leid.«
»Ach, er ist nicht gefallen. Hat aber sein linkes Bein unterhalb vom Knie verloren. Damals gab’s noch keine Prothesen, jedenfalls keine solchen wie heutzutage. Er hat jeden Morgen sein Hosenbein hochgesteckt. Ich glaube, er war irgendwie stolz darauf.«
Er prostete Mickey zu.
»Sláinte«, sagte er.
»Cheers«, sagte Mickey. Er nahm einen Schluck Bier. Glücklicherweise war es so kalt, dass er es kaum schmeckte. Er griff in seine Aktentasche und holte ein Notizbuch und einen Stift heraus.
»Sofort zum Geschäft«, sagte Tyrrell.
»Wenn Sie lieber noch ein bisschen warten wollen …«
»Nee, ist schon gut.«
Mickey holt einen kleinen Olympus-Digitalrecorder aus seiner Jackentasche und zeigte ihn Tyrrell.
»Haben Sie etwas dagegen, wenn –?«
»Ja, hab ich. Stecken Sie den ein. Noch besser ist es, wenn Sie die Batterien rausnehmen und das Ding da lassen, wo ich es sehen kann.«
Mickey tat, wie ihm geheißen. Das erschwerte die Sache, aber Mickey konnte einigermaßen Steno und er hatte ein gutes Gedächtnis. Auf jeden Fall würde er Tyrrell wörtlich zitieren. Das war eine Hintergrundrecherche, und zwar eine gründliche. Tyrrell hatte sich ziemlich klar ausgedrückt, als er sich zu einem Treffen mit Mickey bereiterklärt hatte. Wenn sein Name auch nur irgendwo im Umfeld des Buches auftauchen würde, würde er Mickey auf die Finger treten, bis sie aussahen wie Korkenzieher.
»Erzählen Sie mir etwas über das Buch, das Sie schreiben wollen.«
Mickey kam seinem Wunsch nach. Er ließ die eher künstlerischen und philosophischen Elemente seines Projekts aus und versuchte so unvoreingenommen wie möglich zu bleiben, als er sein Interesse an Parker schilderte. Er hatte zwar noch nicht herausgefunden, wie Tyrrell zu der Zielperson stand, vermutete aber, dass seine Meinung überwiegend negativ war, wenn auch bislang nur deswegen, weil jeder, der Parker mochte oder achtete, sich schlichtweg geweigert hätte, mit ihm zu reden.
»Und Sie haben Parker kennengelernt?«, fragte Tyrrell.
»Ja. Ich habe ihn wegen eines Interviews angesprochen.«
»Was kam dabei raus?«
»Er hat mir ohne jede Vorwarnung einen Schlag in den Bauch versetzt.«
»Das sieht ihm ähnlich. Er ist ein Mistkerl, ein Schläger. Und das ist noch nicht das Schlimmste.«
Er trank einen Schluck Whiskey. Das Glas war bereits halbleer.
»Möchten Sie noch einen?«, fragte Mickey.
»Klar.«
Mickey drehte sich zur Bar um. Er musste nicht einmal bestellen. Hector nickte nur und griff zur Flasche.
»Und, was wollen Sie über ihn wissen?«, fragte Tyrrell.
»Ich möchte alles wissen, was Sie wissen.«
Und Tyrrell fing an zu reden. Er sprach zuerst von Parkers Vater, der zwei junge Leute in einem Auto getötet und sich dann das Leben genommen hatte. Er hatte keinerlei Erkenntnisse bezüglich der tödlichen Schüsse zu bieten, außer dass beim Vater irgendetwas faul war, das er an den Sohn weitergegeben hatte: ein defektes Gen vielleicht, ein Hang zur
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