Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Pakt der Liebenden

Der Pakt der Liebenden

Titel: Der Pakt der Liebenden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Connolly
Vom Netzwerk:
spielt keine Rolle, was ihr mit mir macht«, sagte die Frau. »Ich bin über eure Gesetze erhaben.«
    Sie ließ das Messer fallen, bewegte aber gleichzeitig die linke Hand, so dass der Ärmel ihres Mantels zurückrutschte und die kleine Pistole zum Vorschein kam, die darunter versteckt war.
    Jimmy erschoss sie. Er traf sie zweimal, bevor sie abdrücken konnte. Sie blieb noch einen Moment lang stehen, dann fiel sie rückwärts in das kalte Wasser des Shell Bank Creek.
    Sie wurde nie identifiziert. Die Empfangsdame im Krankenhaus bestätigte, dass es sich um die Frau handelte, die behauptet hatte, sie wäre Caroline Carrs Schwester. In ihrer Manteltasche wurde ein gefälschter Führerschein aus Virginia gefunden, der auf eine gewisse Ann Carr ausgestellt war, dazu etwas Bargeld. Ihre Fingerabdrücke waren in keiner Akte, und niemand meldete sich, um sie zu identifizieren, nachdem ihr Foto in den Fernsehnachrichten und Zeitungen erschienen war.
    Doch das kam später. Im Moment mussten Fragen gestellt und beantwortet werden. Weitere Cops rückten an. Sie stürmten in die Klinik. Sie riegelten den Bartlett Place ab. Sie kümmerten sich um die Reporter, die Schaulustigen, die bestürzten Patienten und ihre Verwandten.
    Unterdessen kam eine Reihe von Leuten in einem Hinterzimmer des Krankenhauses zusammen. Darunter waren der Krankenhausdirektor, der Arzt und die Hebamme, die sich um Caroline Carr gekümmert hatten, der stellvertretende Leiter der Rechtsabteilung des NYPD und ein kleiner, schweigsamer Mann von Anfang vierzig: Rabbi Epstein. Will Parker und Jimmy, die man angewiesen hatte, draußen zu warten, saßen auf harten Plastikstühlen, ohne miteinander zu sprechen. Außer Jimmy hatte nur eine Person Will ihr Bedauern über den Vorfall ausgesprochen. Es war die Empfangsdame. Sie kniete sich vor ihn, während er wartete, und ergriff seine Hand.
    »Es tut mir leid«, sagte sie. »Uns allen.«
    Er nickte stumm.
    »Ich weiß nicht, ob  –«, setzte sie an, dann stockte sie. »Nein, ich weiß, dass es nicht helfen wird, aber möchten Sie vielleicht Ihren Sohn sehen?«
    Sie geleitete ihn zu einem verglasten Raum und deutete auf ein winziges Kind, das zwischen zwei anderen lag und schlief.
    »Das ist er«, sagte sie. »Das ist Ihr Sohn.«
    Ein paar Minuten später wurden sie in das Besprechungszimmer gerufen. Sämtliche Anwesenden wurden vorgestellt, bis auf einen Mann, der einen Anzug trug, den beiden Cops in das Zimmer gefolgt war und Will jetzt eingehend betrachtete. Epstein beugte sich zu Will und flüsterte: »Tut mir leid.«
    Will erwiderte nichts.
    Frank Mancuso, der stellvertretende Leiter der Rechtsabteilung, brach schließlich das Schweigen.
    »Man hat mir gesagt, dass Sie der Vater sind«, sagte er zu Will.
    »Der bin ich auch.«
    »Was für ein Schlamassel«, sagte Mancuso, der sichtlich betroffen war. »Wir müssen die Geschichte abstimmen. Hört ihr zwei zu?«
    Will und Jimmy nickten.
    »Das Kind ist tot«, sagte Mancuso.
    »Was?«, versetzte Will.
    »Das Kind ist tot. Es hat zwei Stunden gelebt, aber anscheinend wurde es bei dem Messerstich in die Gebärmutter verletzt. Es ist –«, er warf einen Blick auf seine Uhr, »– vor zwei Minuten gestorben.«
    »Was reden Sie da?«, sagte Will. »Ich habe ihn gerade gesehen.«
    »Und jetzt ist er tot.«
    Will wollte gehen, aber Epstein fasste ihm an den Arm.
    »Warten Sie, Mr. Parker. Das Kind lebt und ist wohlbehalten, aber im Moment wissen das nur die Leute in diesem Zimmer. Er wird bereits weggebracht.«
    »Wohin?«
    »An einen sicheren Ort.«
    »Warum? Er ist mein Sohn. Ich will wissen, wo er ist.«
    »Denken Sie einmal nach, Mr. Parker«, sagte Epstein. »Denken Sie nur einen Moment lang nach.«
    Will schwieg eine Zeitlang. Dann sagte er: »Sie glauben, dass jemand hinter dem Kind her sein könnte.«
    »Wir halten es für möglich. Sie dürfen nicht erfahren, dass es überlebt hat.«
    »Aber sie sind tot. Der Mann und die Frau. Ich habe sie beide sterben sehen.«
    Epstein wandte den Blick ab. »Es könnte andere geben«, sagte er, und trotz aller Trauer und Verwirrung fragte sich Will, was Epstein ihm verheimlichen wollte.
    »Was für andere? Wer sind diese Leute?«
    »Das versuchen wir herauszufinden«, sagte Epstein. »Es wird eine Weile dauern.«
    »Richtig. Und was wird unterdessen aus meinem Sohn?«
    »Irgendwann wird er bei einer Familie untergebracht werden«, sagte Mancuso. »Mehr müssen Sie nicht wissen.«
    »Nein«, sagte Will, »das geht nicht. Er

Weitere Kostenlose Bücher