Der Pakt der Schwerter: Historischer Roman (German Edition)
tropfte. Es tat nicht weh.
Ich wischte den Finger am Bein meiner Brouche ab und saugte daran, um den Rest des Blutes wegzumachen, und dann hielt ich die flache Seite der Klinge vor das Feuer. In dem matten Licht war das Muster in dem Metall schön zu erkennen, wo der Schwertschmied die Metallstangen, aus denen die Klinge geformt war, verdreht und zusammengeschweißt hatte. Wirbel und Linien verliefen die Klinge entlang und verzierten die Hohlkehle, die schmale Rinne in der Mitte der Klinge, in die, wie ich jetzt zum ersten Mal sah, einige Wörter eingeritzt worden waren. » VVLFRIDVS ME FECIT « stand da in Silber, wie es schien. Wulfrid hat mich gemacht. Ich drehte das Schwert auf die andere Seite, um zu sehen, ob sie eine ähnliche Inschrift trug. Der Schwertschmied gravierte oft außer seinem Namen auch eine Wendung aus der Bibel oder aus Lesungen für die Messe, » IN NOMINE DOMINI « oder etwas Ähnliches. Und in den meisten Fällen war es falsch geschrieben, aber andererseits waren die Graveure auch keine Gelehrten. Aber hier gab es keine Inschrift, nur ein einzelnes kleines Kreuz ungefähr auf halber Höhe.
Wie ich mich damals danach sehnte, solche Wörter zu finden, und nach der kleinen Aufmunterung, die sie zur Folge haben mochten. Ich hätte mit Ælfwold sprechen können, nahm ich an, aber seit jener Nacht im Wald schien er mehr auf Abstand bedacht zu sein. Und mir gefiel auch nicht, dass er mir, den sein Herr mit der Leitung dieser Reisegesellschaft beauftragt hatte, Informationen vorenthielt. Obwohl ich ihn nicht zwingen konnte, es mir zu sagen, beunruhigte es mich, dass er mir solche Dinge nicht anvertrauen mochte. Denn wie sollte ich ihm dann so sehr vertrauen, dass ich mit ihm über Dinge sprach, die mir am Herzen lagen?
Ich hob die Schwertscheide von den Binsen neben mir auf und ließ das Schwert wieder hineingleiten, wobei ich über die Schulter schaute, um zu überprüfen, dass ich keinen der anderen geweckt hatte. Alle waren fest am Schlafen. Sogar Eudo war, nachdem er die Nachrichten aus Eoferwic gehört hatte, zu der Überzeugung gelangt, dass er in dieser Nacht nicht mehr in der Stimmung war, Censwith zu besuchen, und schnarchte inzwischen leise vor sich hin.
Ich nahm die Kette von meinem Hals ab, an der das kleine Silberkreuz hing, und saß eine Weile da und starrte auf das angelaufene Metall, das in dem Schein des Feuers leuchtete. Ich hatte es schon so lange, dass ich gar nicht mehr genau wusste, wann oder wo ich es bekommen hatte. Ich erinnerte mich nur noch an das bärtige Gesicht des Mannes, dem ich es abgenommen hatte, an die gebrochene Nase, die im Tod weit geöffneten Augen, den aufgerissenen Mund und die Geräusche des Gemetzels, die über das Schlachtfeld hinweg ertönten. Es hatte diesen Mann nicht vor seinem Schicksal bewahren können, und ich hatte keine Ahnung, warum ich glaubte, dass es mir helfen könnte. Bis jetzt hatte es mir gute Dienste geleistet, schon wahr, aber wie viel länger noch?
In Dunholm war ich dem Tod nahe gekommen, und in den Tagen danach wieder; meine Narben waren meine Beweise. Ohne die Hilfe meiner Freunde wäre ich jetzt tot und – bei dem Gedanken wurde mir kalt – höchstwahrscheinlich in der Hölle gelandet. Denn obwohl ich versucht hatte, dem Herrn auf meine eigene Weise zu dienen, so gut ich eben konnte, wusste ich, dass es nicht genug war. Nicht nach besagtem Leben, dem ich vor so langer Zeit entflohen war und vor dem ich vielleicht immer noch davonlief.
Seit meiner Begegnung mit Lord Robert hatte ich nichts anderes gewollt, als Waffen zu tragen, ein Krieger zu sein, und daran hatte sich tatsächlich auch jetzt nichts geändert. Das war mein Leben seit mehr als einem Jahrzehnt, einer Zeit, in der ich dem Falkenbanner quer durch die Welt des Christentums gefolgt war, von der Normandie bis tief in den Süden nach Italien und Sizilien und in den vergangenen zwei Jahren in England. Ich war sommers wie winters in die Schlacht geritten, unter sengender Sonne und unter dem kalten Licht des Mondes. Ich hatte mehr Männer getötet, als ich je hatte zählen wollen, jeder von ihnen ein Feind meines Herrn, jeder von ihnen ein Feind Christi. Mein halbes Leben hatte ich in den Dienst dieser Aufgabe gestellt. War Dunholm das Zeichen, dass ich zurückgerufen wurde?
Ich hatte das Gefühl, als engten die Wände mich ein, und meine Handflächen waren nass vor Schweiß. Ich brauchte Platz und musste die Kälte der Nachtluft spüren. Ich legte mir die Kette wieder
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