Der Pakt der Schwerter: Historischer Roman (German Edition)
Temes wand sich weiter nach Süden, und wir fanden uns zwischen frisch gepflügten Feldern und in einer von Wäldern bedeckten Hügellandschaft wieder. Um uns herum war nichts zu hören, von den Vogelrufen in einiger Entfernung, dem Knacken der Zweige im Wind und dem Knirschen kleiner Steine unter den Hufen unserer Pferde abgesehen. Dann und wann trafen wir andere Reisende: Bauern, die ihre Tiere zum Markt nach Lundene trieben; fahrende Händler und Kaufleute; eine Gruppe von Mönchen mit braunen Kapuzen. Doch je weiter wir uns von der Stadt entfernten, desto weniger sahen wir von solchen Menschen und desto mehr waren wir allein.
Meine Gedanken kehrten immer wieder zu meinem Gespräch mit Robert und seiner Erwähnung der Nonne Eadgyth zurück. Sie war einst viel mehr als eine Nonne, hatte er gesagt. Meinte er damit, dass sie und Malet einmal ein Paar gewesen seien? Aber selbst wenn das so war, warum ihr jetzt eine Botschaft schicken?
Ich wurde durch das Lachen von Eudo und Radulf aus meinen Gedanken gerissen, die sich derbe Witze erzählten. Ich schaute hinter mich und versuchte Eudos Aufmerksamkeit zu erregen, aber er nahm mich einfach nicht zur Kenntnis. Er hatte seit gestern kaum mit mir gesprochen; tatsächlich hatte er den Rest des Tages außerhalb des Hauses verbracht, vermutlich jenseits der Brücke in Sudwerca, obwohl er uns nichts davon sagte. Erst als wir frühstückten, kam er schließlich wieder zurück. Er gab keinen Grund für seine Abwesenheit an, und als er mich ansah, waren seine Augen hart und seine Lippen schmal, als fände er irgendetwas abstoßend.
»Was ist mit Eudo los?«, fragte ich Wace, als wir mittags haltmachten.
»Vielleicht solltest du ihn fragen«, antwortete er.
Ich hatte jedoch nicht den Wunsch, einen Streit zu beginnen. Was der Grund für Eudos üble Laune auch sein mochte, ich wusste, dass sie bald vorübergehen würde: das war gewöhnlich so. Und daher beachtete ich ihn nicht, als wir zu siebt unter den herabhängenden Ästen einer alten Eiche saßen und das aßen, was Wigod uns mitgegeben hatte: Brot und Käse und gesalzenen Speck. Ælfwold sorgte jedoch dafür, dass wir uns nicht lange aufhielten, indem er uns daran erinnerte, dass wir noch viele Meilen vor uns hätten, und daher gingen wir bald zu unseren Pferden zurück.
Ich steckte meine Flasche in meine Satteltasche, während der Kaplan neben mir sein Pferd bestieg, als ich sah, wie etwas aus der Tasche seines Umhangs fiel. Er schien es nicht zu bemerken und ritt los.
»Ælfwold«, rief ich und hob die Hand, um ihn auf mich aufmerksam zu machen.
Es war eine Pergamentrolle, die ungefähr so lang wie mein Unterarm und mit einem einfachen Lederriemen zusammengebunden war. Ich bückte mich und hob sie aus dem Gras auf. Sie fühlte sich frisch und neu an, obwohl das Pergament nicht das beste war: Die Oberfläche war nicht glatt, sondern körnig, und die Ränder waren rau, wo das Blatt aus der Tierhaut geschnitten worden war.
Der Kaplan ließ seine Stute umkehren und ritt zu mir zurück, wobei er mich auf einmal finster anblickte. »Gebt mir das«, sagte er.
Ich hielt ihm die Rolle hin, und er nahm sie vorsichtig entgegen, und während er sie wieder in seinen Umhang steckte, schaute er mich die ganze Zeit unverwandt an.
»Was ist es?«, fragte ich ihn.
»Nichts«, sagte er. »Zumindest nichts Wichtiges.« Er lächelte, ohne dass ich Humor in seinem Gesicht entdecken konnte. »Danke, Tancred.«
Er drehte um und begann fortzureiten. Ich blieb einen Augenblick stehen, von dem Wechsel in seinem Benehmen verwirrt.
»Kommst du mit?«, rief Wace von der Straße.
Ich schaute hoch und blinzelte angesichts der grellen Sonne. Diese Rolle hatte irgendeine Bedeutung, wenigstens so viel war klar. Und ich konnte nicht umhin, es mit diesem Auftrag, den er hatte, dieser Reise nach Wiltune zu Eadgyth in Verbindung zu bringen. Aber was für einen Grund sollte Malet haben, einer Nonne irgendetwas zu schicken, und dazu noch einer englischen Nonne?
»Ich komme schon«, murmelte ich und stieg endlich auch in den Sattel.
Wie die Earningastrœt war dies eine der alten Straßen, auf denen sich leicht reiten ließ, und deshalb legten wir an jenem Tag viele Meilen zurück. Trotzdem war die Sonne gesunken und stand hell vor uns am Himmel, als wir wieder an der Temes ankamen. Der Fluss war hier schmaler als dort, wo wir ihn in der Nähe von Lundene verlassen hatten, aber durch die Schneeschmelze in den Bergen führte er viel Wasser, und die
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