Der Pakt der Schwerter: Historischer Roman (German Edition)
hier vor sich geht.«
»Es war Eadgyth«, erwiderte ich. »Sie war diejenige, die das hier liegen gelassen hat.« Und ich zog die Schriftrolle aus meinem Gürtel. »Ich habe sie in der Kirche eingeholt.«
»Was hat sie gesagt?«, fragte Wace.
»Nichts, was für mich einen Sinn ergab«, antwortete ich. »Sie hat dauernd von ihrem Mann geredet. Von Harold und davon, dass Malet sein Andenken verriete.«
Eudos Augen wurden schmal. »Was soll das heißen?«
»Ich weiß nicht«, sagte ich. »Er hat ihr anscheinend vor einiger Zeit Versprechungen gemacht, über die sie sich allerdings nicht genauer auslässt. Versprechungen, die er jedenfalls nicht gehalten hat.«
»Also hatten wir recht«, murmelte Wace und runzelte die Stirn. »Er hat mit ihr konspiriert.«
»Nur dass sie jetzt nichts mehr mit ihm zu tun haben will«, sagte ich.
»Gestern hat sie ihn nithing genannt«, warf Eudo ein. »Das bedeutet jemand, der nichtswürdig oder verworfen ist. Es ist eine der schlimmsten Beleidigungen, die die englische Sprache kennt.«
Ich hatte mich gefragt, was das bedeutete. Ælfwold selber hatte es in der Nacht, bevor wir hier eintrafen, auf uns angewandt, wie ich mich erinnerte. War es das, was er von uns hielt? Ich versuchte, nicht mehr daran zu denken, denn es war jetzt nicht wichtig.
»Ich verstehe nicht, wie Malet ein Verräter sein kann«, sagte ich. »Was für Zusagen er ihr auch mal gemacht haben mag, es ist klar, dass sie ihm inzwischen nichts mehr bedeuten.«
Zumindest hatte seine Botschaft ihr nicht die Antwort gegeben, die sie haben wollte. Was war es dann, was sie ihrer Ansicht nach verdient hatte, mitgeteilt zu bekommen?
»Trotzdem«, sagte Wace, »wie können wir sicher sein, solange sie sich gegenseitig geheime Briefe zuschicken?«
»Es gibt eine Möglichkeit«, erwiderte Eudo und zeigte auf den Brief in meiner Hand. »Wir müssen ihn aufmachen.«
Wace nickte. »Das ist die einzige Möglichkeit, es herauszubekommen.«
»Das haben wir schon bei Malets Brief gedacht«, sagte ich. »Und wir sind der Antwort kein bisschen näher.«
Es kam mir auch ungewöhnlich vor, dass Eadgyth uns eine wichtige Botschaft überlassen sollte, wenn sie Grund zu der Befürchtung hatte, dass sie abgefangen werden könnte, bevor sie Malet erreichte. Ich hatte ihr keine Zusicherung gegeben – was der Witwe eines Feindes gegenüber auch unmöglich gewesen wäre. Und daher kam es mir eher unwahrscheinlich vor, dass die Worte, die auf dieser Schriftrolle stehen mochten, uns mitteilen würden, was wir wissen wollten.
Aber mir war trotzdem klar, dass Wace und Eudo recht hatten. Es war nicht die schwerste Entscheidung, die ich je zu treffen hatte.
»Ich brauche Licht«, sagte ich. Es waren keine Fenster in dem Mühlenraum, und wir hatten weder Fackel noch Laterne bei uns, damit wir nicht bemerkt wurden.
Der Mond war immer noch hinter einer Wolke, aber ich konnte ganz gut damit sehen, während ich in der Türöffnung stand und die beiden anderen mir über die Schulter schauten. Ich fuhr mit dem Finger über das Siegel, das den Abdruck eines Drachen oder eines anderen geflügelten Untiers trug, wie ich jetzt sah, und am Rand die Wörter » HAROLDUS REX « eingeprägt hatte. König Harold. Ein weiteres Zeichen, das der Usurpator hinterlassen hatte. Aber Harold war lange tot, und Eadgyth dürfte bestimmt ein eigenes Siegel besitzen. Aus welchem Grund sollte sie seines benutzen?
Ich presste es zwischen den Fingern zusammen; es zerbrach leicht. Ich entrollte das Pergament und sah im Mondlicht akkurate Zeilen in einer sorgfältigen Handschrift, nur war es diesmal nicht auf Lateinisch. Einige der Buchstaben kannte ich nicht einmal.
»Was steht da?«, fragte Wace.
»Ich weiß nicht«, sagte ich. »In welcher Sprache es auch geschrieben sein mag, es ist keine, die ich kenne.«
Lateinisch war die einzige Sprache, die ich lesen konnte; selbst Französisch und Bretonisch konnte ich nur sprechen, nicht entziffern. Ich überflog das Blatt in der Hoffnung, ein Wort zu finden, das ich kannte. In der Begrüßung auf der ersten Zeile war Malets Name, womit ich hätte rechnen können; ein bisschen tiefer fand ich Harolds, aber sonst gab es nichts.
Es konnte natürlich Englisch sein, wurde mir klar. Das ergäbe einen Sinn, weil es Eadgyths erste Sprache war. Und obwohl ich Malet nie hatte Englisch sprechen hören, war angesichts seiner Abstammung und der vielen Jahre, die er in England verbracht hatte, durchaus anzunehmen, dass er es auch
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