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Der Pakt der Schwerter: Historischer Roman (German Edition)

Der Pakt der Schwerter: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Der Pakt der Schwerter: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Aitcheson
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Reiter nicht in unsere Richtung schaute, würde er die Pferde nicht sehen, und wir wären sicher. Aber dann dachte ich: Und wenn schon. Wir waren zwei gegen einen, und falls ihm nicht seine Freunde unmittelbar auf dem Fuß folgten, sollten wir in der Lage sein, ihn zu besiegen, falls es zu einem Kampf kam.
    Der Mann war hochgewachsen und hatte lange Arme und Beine, ein brauner Umhang war um seine herabhängenden Schultern gehüllt, und seinen Kopf bedeckte ein Helm. Die Sonne brach gerade durch die Wolken, und Wace kauerte sich tiefer hin, um nicht gesehen zu werden, aber in diesem Moment erkannte ich das Gesicht des Reiters, und wilde Freude überkam mich.
    »Es ist Eudo«, sagte ich zu Wace, und dann stand ich wieder auf, winkte mit der Hand und rief: »Eudo!«
    Der Reiter brachte sein Pferd zum Stehen. Er sah sich suchend um, und als ich durch die Blätter und Zweige vorwärtsstolperte, erblickte er mich. Er hatte Schlamm in den Haaren, auf seinem schmalen Gesicht waren Schrammen, und seine Augen hatten rote Ränder vor Müdigkeit, aber er war es eindeutig.
    »Tancred?«, fragte er, als könne er es noch nicht ganz glauben. Er rutschte lachend aus dem Sattel, warf seine Arme um mich und umarmte mich wie einen Bruder. »Du bist lebend davongekommen.«
    »Wir!«, sagte ich und zeigte auf Wace, der nicht weit hinter mir war.
    »Wace!«, rief Eudo.
    »Es tut gut, dich zu sehen«, sagte Wace lächelnd.
    »Und dich erst«, erwiderte Eudo, und ich glaubte, einen feuchten Glanz in seinen Augen entdeckt zu haben, als er zurücktrat. »Ich hätte nie gedacht, dass ich einen von euch beiden wiedersehen würde – nach dem, was da geschehen ist …«
    Aber er konnte den Satz nicht zu Ende bringen, weil plötzlich die Tränen zu laufen anfingen.
    »Was ist mit den anderen?«, fragte ich, während ich den Weg hinter ihm nach weiteren Mitgliedern unseres Conrois absuchte. »Sind einige von den anderen hinter dir? Mauger, Ivo, Hedo?«
    Er schüttelte den Kopf. »Ich weiß nicht«, antwortete er. »Ich weiß nicht.«
    »Und Lord Robert?«, fragte Wace. »Was ist mit Lord Robert?«
    Eudo starrte erst ihn und dann mich mit offenem Mund an. Dunkle Schatten lagen unter seinen Augen. Eine Wolke trat vor die Sonne; der Wind wehte aus dem Norden, und um uns herum hörte ich die Bäume selber erschauern.
    »Lord Robert …«, sagte er. Seine Stimme zitterte und schien auf einmal aus weiter Entfernung zu kommen, als gehörte sie nicht mehr zu ihm. »Lord Robert ist tot.«

Fünf
    •
    I ch starrte Eudo an und verstand kaum, was er gesagt hatte. Es konnte nicht wahr sein. Ich war erst vor wenigen Stunden mit Robert zusammen auf dem Marktplatz in Dunholm gewesen. Ich hatte mit ihm gesprochen. Ich hatte seine Hand umklammert.
    Die Bilder wirbelten mir durch den Kopf. Es kam mir so vor, als steckte ich in irgendeinem schrecklichen Traum fest und müsse unbedingt aufwachen, aber das ging natürlich nicht.
    Zuerst Oswynn und jetzt Lord Robert. Der Mann, dem ich mein halbes Leben lang gedient hatte. Ich erinnerte mich an den Ausdruck unausgesprochener Verzweiflung auf seinem Gesicht, als er mich von dem Marktplatz in Dunholm weggeschickt hatte. Und ich sah diese Augen wieder, hohl und verloren, als hätte er irgendwie gewusst, dass seine Niederlage bevorstand, dass sein Ende nahe war.
    Ich hätte gern gesagt, dass mir die Worte in der Kehle stecken blieben, aber das wäre falsch gewesen, denn in Wahrheit gab es für einen Augenblick wie diesen keine Worte. Mein Mund war trocken, in meiner Brust war keine Luft mehr. Ich spürte, wie ich mich auf den Boden setzte, obwohl ich mich nicht entsann, meinem Körper den Befehl gegeben zu haben. Ich rechnete damit, dass mir jetzt die Tränen kämen, aber das taten sie seltsamerweise nicht, und ich konnte sie auch nicht willentlich vergießen. Stattdessen fühlte ich mich nur betäubt. Es war zu viel auf einmal.
    Ich hatte mein Leben dem Dienst Lord Roberts verschworen. Durch einen feierlichen Eid hatte ich sowohl mein Schwert wie meinen Schild seiner Verteidigung versprochen. Ich erinnerte mich immer noch an jenen Frühlingsmorgen vor vielen Jahren in Commines: Klar und warm war er gewesen, die Apfelbäume im Obstgarten hatten in Blüte gestanden, und der Wind hatte den Geruch der Erde mit sich geführt. An jenem Morgen hatte ich mein Gelübde abgelegt, und er hatte mich als einen Ritter seines Gefolges akzeptiert, durch Aufnahme in seinen Conroi, seinen engsten Kreis von Männern, genau wie nicht lange

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