Der Pakt der Schwerter: Historischer Roman (German Edition)
auf die Bettkante zu hocken, und füllte das Glas mit dem Rücken zu dem Mönch.
Er nahm es mir ab, als ich fertig war, hielt die goldene Flüssigkeit ins Licht und ließ sie im Glas kreisen, wobei er während der Untersuchung ein paar Wörter murmelte, die ich nicht verstand. Er schnüffelte verächtlich an dem Glas, bevor er sich den Rand an die Lippen setzte. Ich schaute angewidert zu, wie er einen Schluck daraus nahm, und er musste meinen Gesichtsausdruck gesehen haben, denn er warf mir einen fragenden Blick zu, bevor er nachdenklich nickend und immer noch murmelnd hinausging.
Als der Kaplan am Abend zu mir kam, fragte ich ihn, wonach der Mönch Ausschau gehalten hatte.
»Wenn der Urin dunkel und trüb ist«, erklärte Ælfwold, »beweist das, dass der Heilungsprozess noch nicht abgeschlossen ist. Aber wenn er blass und klar erscheint, nicht abgestanden riecht und vor allem auf der Zunge süß schmeckt, kann man das als positives Zeichen guter Gesundheit werten. Ist das nicht allgemein bekannt, wo du herkommst?«
Vielleicht, aber es war nichts, was mir der Siechenmeister im Kloster beigebracht hatte, und um die Wahrheit zu sagen, war ich darüber nicht unglücklich. Aber Ælfwold wollte mir keinen Ausgang geben, bis der Mönch mit dem Zustand meines Wassers zufrieden war, und deshalb musste ich auch die nächsten Tage in meiner Kammer verbringen.
Wann er nur konnte, setzte sich der Kaplan zu mir und erzählte mir Neuigkeiten aus der Welt draußen, so wenige es auch waren. Er erwähnte weder etwas von weiteren Unruhen in der Stadt noch davon, dass die Northumbrier nach Süden marschierten, und ich fragte mich schon, ob Malets Besorgnis vielleicht unangebracht war. Bei anderen Gelegenheiten brachte der Priester ein kariertes Brett mit, auf dem man Schach und außerdem ein ähnliches Spiel namens tæfl spielen konnte, das die Engländer liebten, wie ich wusste, und in dem er mich mit großem Vergnügen unterwies. Aber die meiste Zeit hatte ich nichts Besseres zu tun, als in meine Gedanken verloren dazusitzen und dabei von morgens bis abends dieselben vier Wände anzustarren.
Während die Tage vergingen, gewann ich allerdings langsam meine Stärke zurück und fand auch meinen Appetit wieder. Mein Kopf begann sich klarer anzufühlen, weniger schwer, und ich stellte fest, dass ich weniger Zeit schlafend verbrachte. Am fünften Tag, seitdem ich zum ersten Mal in diesem schmalen Bett aufgewacht war, war mein Bein so weit geheilt, dass ich, wenn auch etwas unsicher, aufstehen und sogar – mit Hilfe des Kaplans – im Raum herumgehen konnte. Der Priester versicherte mir, dass das Bein schneller gesunden würde, je eher ich damit anfinge, es mit meinem Gewicht zu belasten. Und er hatte recht, denn es dauerte nur noch zwei Tage, bevor meine Pisse endlich klar war und er mich für so bei Kräften hielt, dass ich mich nach draußen wagen konnte. Ich konnte nicht weit gehen, ohne meinem Bein eine Pause gönnen zu müssen, aber allein zur Tür hinauszutreten war eine willkommene Abwechslung. Bis jetzt hatte ich nichts von der Welt außerhalb meiner Kammer gesehen, nicht einmal den Rest von Malets Haus.
»Dies war einst die Residenz der Earls von Northumbria«, erzählte der Kaplan, als er mich in den großen Saal führte, »errichtet in den Tagen, als Eoferwic in ihrem Herrschaftsbereich lag. In ganz England gibt es keinen schöneren Palast, vielleicht von dem in Westmynstre abgesehen.«
Es war tatsächlich ein Ort, der eines Vicomtes würdig war. Der Saal maß sicher vierzig Schritte der Länge nach, vielleicht mehr, und um seinen Rand verlief eine Empore, von der runde, in vielen Farben bemalte Schilde hinabhingen: zinnoberrot und gelb, grün und azurblau. Die Sonne schien durch vier hohe Fenster hinein und warf breite Dreiecke auf den Boden. In der Mitte stand ein Tisch, der so lang war, dass nicht nur dreißig Lords, sondern auch noch einige ihrer Gefolgsleute an ihm Platz nehmen konnten, während sich am anderen Ende eine große gemauerte Feuerstelle befand, über der ein riesiger schwarzer Kessel hing, auch wenn es noch zu früh war, um das Feuer anzuzünden.
Ich schritt auf und ab und ließ den Anblick auf mich wirken. Sogar Lord Robert hatte keinen Saal wie diesen hier gehabt. Der Kaplan hatte recht, wenn er ihn mit Westmynstre verglich, denn er hätte dem König selber gehören können. Und vielleicht hatten gelegentlich Könige hier gesessen, von ihrem Hofstaat umgeben.
Mein Blick fiel auf eine Stickarbeit,
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