Der Pakt der Schwerter: Historischer Roman (German Edition)
hinter sich hatte, doch da machte es mir nicht mehr viel aus, weil ich bereits herausgefunden hatte, wie erfahren sie war.
»Mein Name ist Tancred a Dinant, Mylady«, sagte ich. »Ehedem Ritter von Earl Robert de Commines.«
»Er ist gegenwärtig unter meiner Obhut«, erklärte Ælfwold. »Er hat an der Schlacht von Dunholm teilgenommen, wo er am Bein verwundet wurde. Euer Vater gewährt ihm Unterkunft, bis er sich erholt.«
»Ich verstehe«, sagte sie, obwohl ich mir nicht völlig sicher war, ob das stimmte, denn sie schien nicht sehr daran interessiert zu sein, was er sagte. Stattdessen schaute sie mich in der gleichen unbeteiligten Weise an, mit der man den Wert eines Pferdes ermittelt, bis ihre lohfarbenen Augen schließlich auf meine trafen, und dann glaubte ich den Anflug eines Lächelns auf ihrem Gesicht zu sehen.
Sie war, das musste ich zugeben, attraktiv. Vielleicht nicht auf offenkundige Weise, denn sie hatte weniger Fleisch auf den Rippen, als ich normalerweise bei einer Frau begehrenswert fand, aber attraktiv war sie trotzdem: schlank, mit einer schmalen Taille und vollen Hüften.
Ihr Blick ruhte noch einen Augenblick länger auf mir, bevor sie sich wieder dem Priester zuwandte. »Ist mein Vater in der Nähe?«, fragte sie.
Und dann begriff ich: Sie war Malets Tochter. Es hätte mir früher klar werden sollen, zunächst wegen ihrer prächtigen Kleider, und auch an der Art, wie der Kaplan mit ihr sprach.
»Leider nicht«, sagte Ælfwold. »Er wollte sich mit dem Erzbischof im Münster treffen. Soweit ich weiß, will er mittags wieder zurück sein.«
»Sehr gut«, sagte sie und machte ein paar Schritte zurück. »Ich werde ihn aufsuchen, wenn er wieder hier ist.« Sie warf jedem von uns noch einen Blick zu, bevor sie ohne ein weiteres Wort davoneilte, ihre Röcke ein wenig hochziehend, damit sie nicht durch den Staub schleiften, jedoch nicht so hoch, dass sie riskiert hätte, etwas von ihrer Haut zu zeigen.
»Sie ist die Tochter des Vicomtes?«, fragte ich, während ich ihr hinterhersah.
»Beatrice Malet«, sagte der Kaplan in mahnendem Tonfall. »Und es wäre klug von Euch, keine weiteren Fragen nach ihr zu stellen.« Er runzelte die Stirn, und ich sah, dass in seinem Blick so etwas wie eine Warnung lag.
Ich spürte, wie meine Wangen erröteten und begann zu protestieren: »Pater …«
»Ich habe diesen Blick schon gesehen«, sagte er mit gesenkter Stimme. »Ihr wäret nicht der Erste, der ein Interesse an ihr nimmt.«
Ich starrte ihn an, empört darüber, dass er so etwas auch nur in Erwägung ziehen konnte. Dass Beatrice ein erfreulicher Anblick war, ließ sich nicht leugnen, aber das traf auf so viele Frauen zu. Und verglichen mit Oswynn war sie auf jeden Fall eher unansehnlich. Oswynn mit ihrem offenen und ungekämmten Haar, schwarz wie die Nacht. Oswynn, die mit mir überallhin gereist war, die vor nichts und niemandem Angst gehabt hatte. In den letzten Tagen hatte ich mich oft dabei ertappt, wie ich an unsere gemeinsame Zeit dachte, so kurz sie auch gewesen sein mochte. Kaum sechs Monate waren vergangen, seit wir uns zum ersten Mal unter der Sommersonne begegnet waren, und jetzt, im Schweigen und in der Stille des Winters, lag sie da und war tot.
»Kommt«, sagte der Priester mit einem Seufzer, während er auf die Tür am Ende des Saals zuging. »Es ist bereits vergessen. Es gibt immer noch viel, was ich Euch zeigen muss.«
Er führte mich nach draußen in den Burghof, wo die Sonne hoch stand und hell schien, obwohl sich im Norden dunkle Wolken sammelten und wir vermutlich mit Regen rechnen konnten. Kalte Luft brach über mich herein, und ich machte tiefe Atemzüge, trank von ihr, als wäre es Ale, bis ich fühlte, wie sie mir in den Kopf stieg. Ich war so lange nicht mehr draußen vor der Tür gewesen, dass ich fast vergessen hatte, wie es war. Tatsächlich verhielt es sich so, als wäre alles neu für mich und zur gleichen Zeit irgendwie realer: der Geruch des Rauchs, der von der Brise herangetragen wurde; der Gesang der Drosseln, die auf dem Strohdach hockten. Dinge, die ich zuvor kaum bemerkt hätte, die mir aber jetzt sehr bewusst waren.
Vom Giebel des Hauses flatterte eine Fahne. Sie war abwechselnd schwarz und gelb gestreift, wobei die gelben Streifen von Goldfäden durchwirkt waren, in denen sich das Licht fing. Malets Farben, nahm ich an.
Haus und Hof waren von Erdwällen und einer hohen Palisade umringt, hinter denen die Stadt Eoferwic lag: lauter Reihen von strohgedeckten
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