Der Pakt der Schwerter: Historischer Roman (German Edition)
machen, wenn er seine Frau und seine Tochter nach Süden schicken will.«
»Und trotzdem kann er es sich erlauben, zu diesem Zweck auf sechs Ritter zu verzichten«, hob Eudo hervor. »Darunter drei aus seinem eigenen Gefolge.«
Sie sahen mich beide zur Bestätigung an, als wüsste ich aus irgendeinem Grund, was in Malets Kopf vorging.
»Ich weiß nicht, was er denkt«, sagte ich, obwohl ich ihn mir dabei vorstellte, wie er in die Pläne für die neue Kathedrale vertieft war. Er hatte keinen besonders besorgten Eindruck gemacht, weil eine feindliche Armee weniger als einen Tagesmarsch von der Stadt entfernt war. Aber andererseits zweifelte ich nicht daran, dass Malet wie viele Lords, mit denen ich in der Vergangenheit zu tun gehabt hatte, sorgfältig darauf achtete, was er anderen gegenüber zu erkennen gab. Ich glaubte nicht einen Moment lang, dass er mir alles gesagt hatte, was er über das Vorrücken des Feindes wusste. Er hatte mir nicht einmal gesagt, wie die Nachricht lautete, die er nach Wiltune schicken wollte, oder für wen sie gedacht war.
»Wann will er, dass wir aufbrechen?«, fragte Eudo.
Ich nahm einen Schluck aus dem vollen Becher vor mir und genoss den bitteren Geschmack des Ales. »Morgen Vormittag«, sagte ich. »Aber er möchte heute Abend unsere Antwort haben.«
Eudo warf Wace einen Blick zu. »Was gibt es für uns hier in Eoferwic?«
»Wenig genug«, sagte Wace und zuckte mit den Achseln. »Wir könnten bleiben, darauf warten, dass die Rebellen kommen, und hoffen, dass ein Lord unsere Dienste akzeptiert. Aber ich werde mein Leben nicht riskieren, ohne dafür bezahlt zu werden, das steht fest …«
Sonnenlicht brach herein, als die Tür aufgestoßen wurde. Ein Engländer in mittleren Jahren stand da mit rotem Gesicht und schnappte nach Luft; die Haare hingen ihm ins Gesicht, und er rief etwas, das ich nicht verstehen konnte. Die beiden jungen Männer in der Ecke standen auf, während der mit den weißen Haaren aufschreckte und seinen Becher zu Boden warf. Der Schankwirt rief das Mädchen, das in den hinteren Teil des Raums lief.
Ich erhob mich, zu schnell, wie sich herausstellte, und zuckte zusammen, als ich einen Stich in der Wade spürte. Neben mir hob Eudo die Hände in einer beschwichtigenden Geste, während er etwas in ihrer eigenen Sprache zu ihnen sagte.
»Was ist los?«, fragte ich ihn.
Er schüttelte den Kopf. »Ich weiß es nicht.«
Von draußen kam der Klang französischer Stimmen, die sich etwas zuriefen, danach ein Trampeln von Füßen und ein Getrappel von Hufen.
Und dann hörte ich zunächst schwach, als ob es noch ein ganzes Stück entfernt wäre, aber allmählich immer lauter: ein einzelnes Wort, das immer wieder skandiert wurde.
Ut. Ut. Ut. Ut.
Ich schaute die anderen an, und ich erkannte in ihrem Blick, dass sie es auch gehört hatten. Ich packte zur gleichen Zeit den Griff meines Messers, als Eudo die Hand an den Knauf seines Schwerts legte.
»Kommt«, sagte Wace. Er war am nächsten an der Tür, und ich folgte ihm mit Eudo im Schlepptau. Der Engländer, der dort stand, unternahm keinen Versuch, uns aufzuhalten, aber als er sah, dass wir auf ihn zukamen, lief er zurück auf die Straße.
Die Kopparigat war gedrängt voll mit Stadtbewohnern und ihren Frauen, von denen die meisten den Hügel hinunterliefen, wobei sie ihre Kinder und ihre Tiere vor sich hertrieben. Ein Hund begann zu bellen, und sein Kläffen wurde von einem anderen weiter unten an der Straße aufgenommen. In einiger Entfernung war das Geschrei eines Babys zu hören.
Egal was der Grund für den Aufruhr sein mochte, ich wusste, dass er nicht gut sein konnte. Waren die Rebellen schon eingetroffen? War die Stadt im Belagerungszustand? Aber falls ja, warum sollten dann ihre eigenen Landsleute wegrennen?
»Hier entlang«, sagte Wace und lief bergauf los, wo die Kopparigat mit der Hauptstraße der Stadt zusammentraf. Ich folgte ihm, obwohl mir meine Wade so wehtat, als würde sie bei jedem Schritt von einem halben Dutzend Pfeilen getroffen, aber ich beachtete den Schmerz nicht und lief weiter durch den Ansturm der Leiber in den beißenden Wind hinein. Ein kleiner Junge prallte gegen mein gesundes Bein und fiel rücklings auf die Straße. Er brach in Tränen aus, und seine Mutter schrie auf, als sie losrannte, um ihn aufzuheben. Ihre Röcke waren schlammbespritzt, die Kapuze ihres Umhangs war ihr vom Kopf gerutscht, und ihre Haare waren in wildem Durcheinander. Sie schaute zu mir hoch, und ich erkannte
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