Der Pakt der Schwerter: Historischer Roman (German Edition)
nach durch das Schiff und gab den Befehl, die Riemen einzulegen. Eudo hörte auf, die Trommel zu schlagen, und die langen Stangen, von denen Wasser auf das Deck tropfte, wurden langsam an Bord gezogen. Sonst war alles still. Die leichte Brise war inzwischen völlig eingeschlafen, und die Wolken, gebadet im Licht des Mondes und der Sterne, hingen tief. Zum ersten Mal seit Stunden, wie es schien, herrschte Stille, während wir mit der Strömung dahintrieben.
Ich löste den Riemen unter meinem Kinn und nahm den Helm ab, den ich auf das Deck neben meine Füße legte. Dann warf ich einen Blick auf die drei Ritter Malets und sah die Erleichterung in ihren Augen. Gleichzeitig konnte ich allerdings auch eine Enttäuschung in ihnen spüren, eine Enttäuschung, die ich in ihrem Alter bestimmt auch empfunden hätte. Denn es gab wenige Dinge, die für einen jungen Krieger, der sich auf einen Kampf freut, schlimmer sind, als die Gelegenheit versagt zu bekommen, seinen Schwertarm erproben und sich beweisen zu können. Der Tod war etwas, das man nicht mal in Betracht zog, obwohl das in meinen Augen weniger mit der Arroganz der Jugend als mit einer gewissen Unschuld einherging, was das Wesen der Schlacht betraf. Viele Male hatte ich solche Männer glücklich in den Tod reiten sehen. Mehr als einmal war ich kurz davor gewesen, dasselbe zu tun. Der Umstand, dass ich mich zurückgehalten hatte, war – vor allem anderen, vor dem geschickten Umgang mit Waffen, vor Tapferkeit oder Kraft – der Grund dafür, dass ich nach all diesen Jahren noch immer am Leben war, während so viele andere, die ich gekannt hatte, es nicht mehr waren.
Ich schaute über das Heck hinaus in die Nacht, suchte stromaufwärts nach einem Zeichen des Feindes, aber es gab keines. Tatsächlich konnte ich im Nebel kaum das Ufer ausmachen. Wir waren außer Gefahr, zumindest vorläufig.
Wace kehrte zurück; er hatte sich bereits seines Kettenhemds entledigt, trug aber immer noch seine Schwertscheide. Er stellte sich mit verschränkten Armen neben mich und lehnte sich an das Seitendeck, wo sich Eudo bald zu ihm gesellte.
»Malet wird Gott auf seiner Seite brauchen, wenn er Eoferwic verteidigen will«, sagte Wace.
»Er war heute Abend auf unserer Seite«, stellte ich fest.
Eudo grinste mich an. »Weil wir Ælfwold bei uns haben.«
Es war ein schwacher Versuch, einen Scherz zu machen, und ich lächelte nicht. Ich dachte an die zwölf Schiffe, die ich gezählt hatte, und mir wurde schwer ums Herz, als ich begriff, dass jedes von ihnen bis zu fünfzig Engländer transportieren konnte, und selbst wenn nur die Hälfte von ihnen kampferprobte Männer waren, bedeutete das, dass Eadgar weitere dreihundert Speere unter seinem Banner versammelte. Zusammen mit denen, die Eoferwic schon belagerten, stellte das eine beträchtliche Streitmacht dar, die mehrere Male größer war als das, womit Malet auskommen musste. Wace hatte recht: Der Vicomte würde Gottes Hilfe brauchen.
»Er wird in der Burg aushalten, selbst wenn die Stadt fällt«, sagte ich.
»Aber wie lange?«, fragte Wace.
»So lange wie nötig.« Andernfalls befände sich ganz Northumbria in der Hand der englischen Rebellen.
Wace warf mir einen schiefen Blick zu, aber er sagte nichts.
»Ohne Zweifel werden wir bald genug davon hören«, sagte ich. Es lohnte sich nicht, länger dabei zu verweilen. Unser Auftrag bestand darin, Malets Frauensleute sicher nach Lundene zu bringen; alles was wir tun konnten, war, ihn zu erfüllen.
Ich wandte mich vom Fluss ab und betrachtete die Ruderer, die von der Jagd erschöpft waren. Einige saßen vornübergebeugt, die Hände auf dem Kopf, den Kopf tief zwischen die Beine gesteckt. Andere lagen auf ihren Schiffskisten auf dem Rücken oder auf der Seite und atmeten die Nachtluft tief ein. Einer der jüngeren Männer lehnte sich über die Seite und erbrach sich ausgiebig, wobei sein Bart und seine Tunika in Mitleidenschaft gezogen wurden.
Rund ein Dutzend Männer hatten sich um den Mann versammelt, der getötet worden war, und die hinteren schauten den vorderen über die Schulter. Der Schiffmeister selber war dort, und er murmelte ein paar Wörter, bevor er aufstand und zurück zum Bug ging. Zwei Männer waren nötig, um die Leiche des jungen Mannes zu heben: einer nahm sie bei den Füßen, der andere bei den Schultern. Zusammen folgten sie dem Schiffmeister, der einige der Deckplanken anhob, unter denen der Frachtraum lag, in dem Elise und Beatrice sich versteckt hatten. Er
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