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Der Pakt der Wächter: Roman

Der Pakt der Wächter: Roman

Titel: Der Pakt der Wächter: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Egeland
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Sammlung?«
    »Bevor er 1842 starb, vermachte er die komplette Sammlung – viertausendsechshundert Briefe, Dokumente und Manuskripte – einer Stiftung, die sein Sohn Jakob verwaltete. 1934 wurde alles von dem bekannten deutschen Industriellen und Nazi Maximilian von Lewinski konfisziert. Niemand weiß, was danach mit der Sammlung geschah. Aber viele befürchten, dass sie verloren ging, als Lewinskis Residenz in Dresden 1945 zerbombt und in Schutt und Asche gelegt wurde.«
    »Die Satansbibel...«, murmele ich und weiß immer noch nicht, was ich davon halten soll.
    Marcello Castiglione nimmt die Haltung eines Priesters ein, der zu einer Gemeinde von Zweiflern spricht. »Die unterschiedlichen Glaubensrichtungen haben sehr verschiedene bildliche Vorstellungen von Satan. Der Name Satan kommt aus dem Hebräischen und bedeutet so viel wie Widersacher oder Ankläger. Satan war der hoch geschätzte Erzengel, den Gott aus dem Himmel geworfen hat, der Erzengel Luzifer.«
    »Er ist Gottes Werkzeug«, sagt Luigi, »wie Judas das Werkzeug Jesu. Manch einer betrachtet den Teufel als den symbolischen Repräsentanten des Bösen. Für andere ist er ein physisches und tierisches Wesen mit Hörnern und Klauen.«
    »Einige, zum Beispiel die Juden, glauben, dass er sich mit einer Schar Dämonen umgibt«, sagt Marcello Castiglione. Seine Stimme und der leicht gebieterische Unterton haben etwas von einem Verkünder in einer Landkapelle. »Die Juden unterscheiden zwei Klassen von Dämonen, die haarigen Satyre Se’rim und die schlangenartigen Schedim . In der christlichen Tradition sind die Dämonen nicht in dieser Art körperlich. Hier erscheinen sie meist als böse Geister. Im 16. Jahrhundert errechnete Johann Weyer – der Verfasser des Teufelskataloges Pseudomonarchia Daemonum -, dass es in der Hölle 7 405 926 Dämonen gibt, die sich auf 1111 Legionen mit je 6666 Mitgliedern verteilen.«
    Luigi übernimmt wieder. »Der Chef der ganzen Teufelei, Satan, war und ist zu jeder Zeit eine umstrittene Figur gewesen. Wer ist er eigentlich? Satan hat keinen zentralen Platz in der Bibel. Dagegen geben die Mormonen in ihrem heiligen Buch Die köstliche Perle eine Begegnung zwischen Moses, Gott und Satan wieder. Den Mormonen zufolge war dieses Kapitel einst Teil der Bibel.«
    »Sowohl im Alten als auch im Neuen Testament war Satan ein Werkzeug des Herrn, um den Menschen auf die Probe zu stellen«, sagt Marcello Castiglione.
    »Als 1947 in den Qumran-Rollen unbekannte Fassungen des ersten und zweiten Buch Mose ans Tageslicht kamen, konnten Theologen folgende Worte nachlesen: Am Tag, als der Herr das Licht schuf, schuf er auch helle und dunkle Engel «, sagt Luigi.
    »Verstehen Sie?«, fragt Marcello Castiglione. »Gott hat die Engel des Bösen geschaffen. Auch wenn man sich fragen mag, warum.«
    »Unsere Vorstellung von Satan hat sich mit unserem Bild von Gott geändert. Im Alten Testament der Juden ist Gott ein strenger und strafender Gott«, sagte Luigi. »In der Zeitspanne bis zu Jesu Geburt erfuhr dieses Gottesbild eine Wandlung. Gott wurde barmherzig. Der gängigen Meinung nach ist der Gott im Neuen Testament ein gütigerer Gott. Vergebung und Toleranz nehmen mehr Raum ein.«
    »Zugleich veränderten sich die Vorstellungen des Menschen von Satan«, fährt Marcello Castiglione fort. »Er wurde zum Antigott, dem genauen Gegenteil des Herrn.«
    »Aber selbst jetzt herrschte Satan noch nicht über ein eigenes Reich«, fügt Luigi hinzu. »Die Hölle ist nicht Satan unterstellt. In der Bibel steht, dass Satan und seine Engel in dieses Flammenmeer verbannt wurden, nachdem sie aus dem Himmel geworfen worden waren. Die Hölle gab es also schon vor Satan. Dass Satan der Herrscher der Hölle ist, ist erst eine spätere Vorstellung der Menschen.«
    »Unser Bild von Satan – vom Teufel als einem halb tierischen Wesen mit Hörnern und Klauen – stammt nicht aus der Bibel«, sagt Marcello Castiglione. »Es ist im Mittelalter entstanden.«
    »Wieso?«
    »Niemand fürchtete sich vor ihm!« Marcello Castiglione beginnt zu lachen. »Satan hat niemandem Angst gemacht. Und die Kirche brauchte einen grausamen Teufel, um die Massen zu bändigen. Sie brauchte einen furchtbaren Troll.«
    »Einer, der dieses Bild entscheidend mitgeprägt hat, war ein Mönch aus dem Saint-Germain-Kloster bei Auxerre in Frankreich«, sagt Luigi. »Im 11. Jahrhundert beschrieb Rodulfus Glaber Satan als einen kleinen Mann mit ausgemergeltem Gesicht und einem verwachsenen Mund, einem

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