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Der Pakt der Wächter: Roman

Der Pakt der Wächter: Roman

Titel: Der Pakt der Wächter: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Egeland
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haben ein weißes Handtuch um den Bruch gewickelt.
    Und ihn mit einem Kleiderbügel geschient.
    In meinem Kopf dreht sich alles. Aus dem Augenwinkel erkenne ich, dass das Handtuch voller Blut ist. Ein offener Bruch, denke ich. Gleich darauf wage ich wieder einen beunruhigten Blick auf das Handtuch. Jetzt ist es weiß. Kein einziger Blutfleck.
    Einbildung, denke ich erleichtert und melde mich wieder in die Bewusstlosigkeit ab.

11
     
    Er stirbt, schreit der Araber.
    Ich schlage die Augen auf.
    Er telefoniert und sieht mich an, während er redet.
    Er stirbt?
    Seine Worte – auf Arabisch – mahlen in meinem Kopf.
    Ich verstehe nicht, was er sagt. Ich kann kein Arabisch. Er stirbt ? Das muss ich geträumt haben.
    Man kann doch an einem Beinbruch nicht sterben? Oder?
    Wasser.
Water. Please.
Bitte.
Wasser.
    Aber sie geben mir nichts.

12
     
    Von draußen sickern die Laute einer anderen Wirklichkeit herein.
    Stiefelgetrappel auf Pflastersteinen.
    Elektronisch verstärkte Rufe.
    Kläffende Polizeihunde.
    Abgehackte Befehle.
    Water. Please.
Shut up! You just shut up!

Zwischenspiel
     

     
    Bårds Geschichte (II)
     
    Ich sage euch:
So wird auch Freude im Himmel sein über
einen Sünder, der Buße tut, mehr als über
neunundneunzig Gerechte, die der Buße nicht
bedürfen.
    LUKASEVANGELIUM
     
     
     
Du aber mit deinem verstockten und unbußfertigen Herzen häufst dir selbst Zorn an auf den Tag des Zorns und der Offenbarung des gerechten Gerichtes Gottes.
    PAULUS’ BRIEF AN DIE RÖMER
     
    Wenn der Westwind am ärgsten wütete, ging sogar das Talglicht auf dem wackligen Schreibtisch aus, den die Mönche ihm gegeben hatten. Eines der Tischbeine war etwas kürzer als die anderen. Wenn nicht die drei anderen zu lang waren. Er hatte schon vor ein paar Wochen ein Holzstück unter das kürzere Bein geschoben, aber einer der Mönche musste es beim Fegen beseitigt haben. Der Alte hatte einen Ellenbogen auf die Tischplatte gestützt. Sein Kinn ruhte auf der Handfläche. Die Augen waren halb geschlossen. Glockenklar drangen die Choräle aus der Domkirche in Rouen an sein Ohr. Langsam aufund abschwellend wie das Meer ...

AUSZUG AUS BÅRDS GESCHICHTE
     
    …oder wie ein norwegisches Getreidefeld in einem milden Spätsommerwind stieg und sank die mahnende Stimme des Priesters. Das Echo hallte durch die Deckenwölbung der Domkirche. Die Sonne schien schräg durch ein Fenster und warf Säulen aus Licht in das Kirchenschiff. Der Priester verstummte. Jemand hustete. Dann übernahm der Chor, der weiter hinten in der Kirche stand. Die weichen Choräle waren sinnlich in ihrer Schönheit. Keiner von uns wusste mit den Worten etwas anzufangen, aber dennoch verstanden wir alles. Ich kann das nicht erklären. Ich sog den fremden Duft des Weihrauchs ein; süßlich und streng gleichermaßen. Eine helle Jungenstimme erfüllte das Innere der Kirche. Die Töne drangen in mich ein, und ich sah plötzlich einen Jungen vor mir, dem ich mit einem einzigen kräftigen Schwerthieb den Kopf abgeschlagen hatte. Das Blut war in den Himmel gespritzt, während die Männer um mich herum jubelten und lachten. Doch jetzt, in der Kirche von Rouen, war ich darauf nicht mehr stolz.
    König Olav saß still auf der harten Holzbank. Er hielt seinen Kopf gesenkt und stützte ihn auf seine Hände. Am Abend zuvor hatte er mir anvertraut, dass er seine Mutter, Åsta, vermisste. Viele Jahre waren vergangen, seit er sie das letzte Mal gesehen hatte. Ob sie noch lebte? Ob sie weitere Kinder bekommen hatte? Olav war noch ein halbes Kind gewesen, als er sich von ihr verabschiedet hatte und auf große Wikingerfahrt gegangen war. Jetzt war er ein erwachsener Mann. Ein König. Auf dem Rückweg von der Kirche war Olav nachdenklich und abwesend. Ich versuchte, ein Gespräch mit ihm zu beginnen, aber der König war wortkarg und desinteressiert. Ohne ein Wort ging er direkt auf sein Zimmer. Um nachzudenken, wie er sagte. Ich blieb in der Halle stehen und sah ihm nach, bevor ich mich in die Bibliothek des Herzogs begab. Mein Vater hatte mich gelehrt, Runen zu lesen und zu schreiben, und viele der Dokumente in Herzog Richards Sammlung waren nordischen Ursprungs. Ich hatte schon immer Freude an Liedern, Gedichten und geschriebenen Texten gehabt.
    Wie gewöhnlich saß der Ägypter Asim in der Bibliothek. Wir nannten ihn »den Weisen«. Asim erfüllte mich mit Unruhe. Ich hatte mit Männern auf Leben und Tod gekämpft, die größer und stärker als er gewesen waren. Dennoch

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