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Der Pakt der Wächter: Roman

Der Pakt der Wächter: Roman

Titel: Der Pakt der Wächter: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Egeland
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wurde. Die rechte Spalte erinnert an Hebräisch.
    Thrainn befühlt eins der Pergamente mit den Fingerspitzen, riecht daran und studiert die Schriftzeichen. »Ich schätze, die Haut ist tausend Jahre alt, plus minus hundert Jahre.«
    Er rollt das Dokument zusammen und legt es zurück in die Schachtel. Wir tragen die Truhe über die Wendeltreppe in den Keller, wo Islands älteste und wertvollste Handschriften in einem soliden Gewölbe bei gleichbleibender Temperatur und Luftfeuchtigkeit gelagert werden. Hinter einer schweren Stahltür steht die versammelte niedergeschriebene Geschichte des Nordens in meterhohen Regalen, ordentlich in Papier verpackt und in flachen Pappkartons abgelegt.
    In dem soliden Kellergewölbe des Árni-Magnússon-Instituts verstecken wir die Truhe mit den Pergamenten aus Thingvellir.

7
     
    Es wird ein langer Tag. Polizei. Journalisten. Wissenschaftler. Alle wollen sie die Geschichte wieder und wieder hören.
    Als ich im Taxi sitze, das mich zurück ins Hotel Leifur Eiríksson fährt, ruft der Polizeichef von Borgarnes an.
    Soeben ist eine Meldung eingegangen, dass in der Snorrastofa eingebrochen wurde. Der Einbruch scheint bereits am Vortag stattgefunden zu haben, kurz nachdem ich in das Hotel in der Stadt umgezogen bin. »Ich habe mit der Polizei in Reykjavik gesprochen. Die aktuellen Umstände haben sie bewogen, im Laufe des Abends einen Streifenwagen zum Hotel zu schicken. Sicherheitshalber.«
    Das Taxi hält vor dem Hotel. Ich bezahle. Und denke, dass »sicherheitshalber« irgendwie unheilschwanger klingt.

Der Code der Runen
     

1
     
    Ich übernachte gerne in Hotels. Man fühlt sich immer willkommen. Ist Teil einer Gemeinschaft, die einen nie mit unerwünschter Nähe belästigt. Verlässt man das Zimmer, kommt jemand, macht dein Bett und räumt auf, ohne zu nörgeln. Kommt man müde und kaputt zurück, ist alles sauber, ordentlich und schön.
    Mit einem Lächeln auf den Lippen öffne ich die Tür und betrete den Raum 206.
     
    Sie sind zu zweit.
    Araber.
    Der eine ist groß und muskulös. Er wiegt sicher mehr als hundert Kilo. Seine Augen sind schwarze Löcher. Ich erkenne ihn wieder. Er ist der Riese auf dem MMS-Bild von Sira Magnus. Er hat sich den Schädel kahl geschoren, trägt aber einen Schnurrbart. Wangen und Kinn sind seit Tagen unrasiert.
    Der andere ist klein, von kräftiger, gedrungener Statur. Er sieht aus wie eine gespannte Feder. Sein Gesicht ist verbissen, als hätte er seit seiner Kindheit einen spitzen Stein im Schuh.
    Beide tragen frisch gebügelte, dunkelgraue Anzüge.
    Und beide befinden sich in meinem Hotelzimmer.
    Der Kleine wartet direkt hinter der geöffneten Tür, kaum einen Meter von mir entfernt. Der Große sitzt auf einem Stuhl am Fenster.
    Ich bleibe wie angewurzelt stehen. Die Angst bohrt sich wie ein Pfeil durch mich hindurch und nagelt mich an die Wand. Gleich mehrere Dinge hindern mich daran, auf dem Absatz kehrtzumachen und über die Treppe wieder nach unten zu stürzen. Zum einen meine Knie, die so stark zittern, dass mein ganzer Körper schwankt. Zum anderen die Pistole, die der kleinere der beiden Araber auf mich richtet.
    Dank meiner Brille und der Begeisterung für Waffen, die ich in Kindertagen gehegt habe, erkenne ich, dass es sich um eine Glock handelt.
    » Please «, jammere ich.
    Der Kleinere drückt die Tür zu.
    Ich rieche einen Hauch von Rasierwasser und Zigarren.
    »Guten Abend, Herr Beltø«, sagt der Kleinere der beiden auf Englisch. Seine Stimme ist trocken wie ein Wüstenwind.
    Mein Herz hämmert so hart und schnell, dass es in meinen Ohren pfeift. Ich ringe nach Atem.
    Er winkt mich weiter in den Raum hinein. Gehorsam taumele ich ein paar Schritte weiter.
    »Was wollen Sie?« Ein jämmerlicher, missglückter Versuch, die Kontrolle über die Situation zurückzuerlangen. Meine Stimme ist brüchig, und ich klinge fast so, als würde ich weinen.
    Der Große fährt sich mit der Hand über das Gesicht. Seine Haut ist rau; er muss zu viele Sandstürme aus nächster Nähe mitbekommen haben. Seine Nase wirft Schatten.
    »Wo sind sie?«
    » What ?«, frage ich. Mein Mund ist so trocken, dass sich meine Zunge an den Gaumen heftet.
    Der Kleinere wedelt mit der Pistole herum und ergreift das Wort: » Where are the scrolls ?«
    Scrolls . Schriftrollen.
    Einen Moment lang erwäge ich, den Ahnungslosen zu spielen. Aber nur kurz. Die Vorstellung, was sie mir alles antun könnten, hat mich in zitterndes Espenlaub verwandelt, eine vor Angst winselnde

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