Der Pakt der Wächter: Roman
dem Grabmal. Die Bestattung liegt eintausendfünfhundert Jahre zurück. Das ist eine lange Zeit, räumte ich ein.
Wir legten am Ufer an und gingen zu Fuß zum Tempel. Unser Gefolge war rasch in eine Wolke aus Staub und Sand gehüllt. Ich ging neben Olav den gepflasterten Weg zum Tempelpalast hinauf, als sich uns ein dürrer Ägypter in den Weg stellte. Furchtlos erwiderte er den Blick des Königs. Olav grinste selbstbewusst. Beiseite, Blåmann!, befahl der König. Aber der Ägypter wich nicht zur Seite. Sein Gesichtsausdruck und seine Kleidung sagten mir, dass wir es mit einem Priester oder heiligen Mann zu tun hatten. Beiseite!, wiederholte Olav. Ich gab dem König zu bedenken, dass der fremde Mann ziemlich sicher unserer Sprache nicht mächtig war. Dann versteht er das vielleicht besser, sagte Olav und zog sein Schwert. Der kleine Blåmann rührte sich nicht vom Fleck. Olav stieß ihn mit dem Schwert an. Ein dünnes Rinnsal Blut lief aus der Wunde und tropfte in den Sand. Er rührte sich nicht, aber seine Augen blitzten. Dann sagte der Ägypter etwas, das wir nicht verstanden, und fiel auf die Knie. In meinen Ohren klangen seine Worte wie eine Beschwörungsformel. Unerwartet zog Olav das Schwert zurück und steckte es in die Scheide. Wir nehmen ihn mit!, sagte er und blickte auf den knienden Ägypter herab. Er könnte uns von Nutzen sein, sagte er mehr zu sich selbst.
Etwas entfernt auf einem Hügel hatten sich ein paar bewaffnete Krieger versammelt. Olav winkte die Männer hinter uns heran und schickte sie dem Verteidigungsheer entgegen.
Zusammen mit Olav und wenigen handverlesenen Männern begab ich mich in den leeren Tempel, in dem es nach Weihrauch roch. Der Boden war mir einem Mosaik ausgelegt, und alle Wände waren mit Götterbildern dekoriert. Der Eingang zur Grabkammer lag versteckt hinter einem Teppich, der die Wand hinter einem Altar schmückte. Wir rissen den Wandteppich herunter und schoben den Altar beiseite. Die eigentliche Grabkammer war zugemauert und mit geheimnisvollen Tierfiguren und Symbolen versiegelt, die weder Ähnlichkeiten mit Runen noch mit Buchstaben hatten. Olav hatte sechs der kräftigsten Männer der ganzen Flotte ausgesucht, um Löcher in die Wand zu schlagen. Es brauchte seine Zeit. Als das Loch groß genug war, um hindurchzuklettern, fanden wir uns auf einer langen Treppe wieder, die nach unten führte. Die Luft war feucht und warm, und es roch nach Schimmel und Moder. Wir entzündeten die Fackeln, die wir aus dem Tempel mitgenommen hatten. Vom Fuß der Treppe führte ein Tunnel in die erste Grabkammer. Olav ging als Erster hinein. Ich folgte ihm.
Wir leuchteten den nicht allzu großen Raum mit unseren Fackeln aus. In der Mitte, umgeben von Holzfiguren und vier mit Schmuck und Edelsteinen gefüllten Tonkrügen, stand ein Sarg. Das ist doch schon mal was, sagte ich zum König. Die Wände waren mit Götterfiguren und Symbolen verziert. Die Vorstellung, dass es diese Grabkammer schon seit über tausend Jahren gab, berauschte mich. Aber vielleicht lag das auch an der Hitze und der stickigen Luft. Wir riefen ein paar Träger herbei, die die Krüge zu den Schiffen brachten. Olav war ungeduldig. Mit einem spitzen Stein markierte er die Stelle in der Mauer, wo die kräftigen Männer Steine heraushacken sollten. Erneut brachten sie ihre Hacken zum Einsatz. Der Lärm bohrte sich wie Speerstiche in die Ohren. Das eingesperrte Echo hallte wie Donnergrollen von den Wänden wider. Und dann hatten wir den Durchbruch geschafft und stiegen eine weitere Treppe in die nächste Grabkammer hinunter. Sie war ein Ebenbild der ersten. Genauso groß und genauso warm. Auch hier stand ein Sarg in der Mitte. Diese Kammer enthielt vier rote Tonkrüge voller kleiner Kostbarkeiten. Der König sah sich die Kopie der altägyptischen Handschrift an und markierte die Stelle, an der sich seiner Meinung nach der Eingang zur dritten und letzten Grabkammer befinden musste.
Die dritte Wand war noch solider als die zwei davor und von dem Rest der Kammer nicht zu unterscheiden. Dennoch ahnte Olav, was sich hinter den Steinen verbarg. Die Männer hoben die Hacken. Schlagt zu, sagte der König. Die Männer schlugen auf die Mauer ein. Das Eisen fraß sich mit hohlem Widerhall in den Stein hinein. Kiesel spritzen durch die Luft, bis die Mauer endlich nachgab und in sich zusammenfiel. Gute Arbeit, sagte der König.
Hinter dem Loch erwartete uns eine noch schmalere, längere, steilere Treppe. Wenn es so weitergeht,
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