Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Pakt der Wächter: Roman

Der Pakt der Wächter: Roman

Titel: Der Pakt der Wächter: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Egeland
Vom Netzwerk:
beeindrucken ließ, gaffte das Bauwerk staunend an. Das nenne ich ein Seezeichen, murmelte er leise vor sich hin.

     
    Als wir ein kleines Stück östlich des Leuchtturms die westliche Mündung des Nils erreichten, frischte der Wind auf. Die Wellen bekamen Schaumkronen. Die kleineren Vögel suchten an Land Schutz, aber die Möwen und Pelikane breiteten die Flügel aus und ließen sich vom Wind tragen. Mit der Havørnen an der Spitze segelten wir in das Flussdelta. Das Schilf am Ufer bog sich unter den Windböen. Vereinzelte Boote kamen angesegelt oder wurden herübergerudert, um uns in Augenschein zu nehmen, aber alle drehten eilig wieder bei.
    Die Gegenströmung war stark. Ich sah riesige Echsen im Schilf, sicher acht oder neun Ellen lang, die fast wie Drachen aussahen. Eine unheilschwangere Stille – zerrissen von Vogelgeschrei, Froschquaken und Grillengezirpe – lag über dem Fluss und den menschenleeren Uferstreifen. Wir wurden beobachtet, sahen selbst aber keine Menschenseele. Als unsere Flotte um die nächste Flussbiegung bog, wurden wir von einer nicht weiter beachtenswerten Gruppe angegriffen, die mit schlaffen Bogen und weichen Pfeilen auf uns schoss. Ein Ruderer namens Arne war so erzürnt über diesen zaghaften Angriff, dass er aufsprang, dem Feind Schimpfwörter entgegenbrüllte und drohend mit der Faust in der Luft herumfuchtelte. Gleich darauf steckte ihm ein Pfeil in der Faust und einer in der Kehle, so dass er tot auf den Planken zusammenbrach. Endlich lernst du, das Maul zu halten, nuschelte der Ruderer vor ihm. Die Ägypter fuhren mit ihren kraftlosen Angriffen fort und schickten Boote los, die sich uns zögernd näherten. Ihre kantigen Gefährte waren aber so konstruiert, dass sie nicht ordentlich an unserer Bordwand anlegen konnten. Wir hatten uns mit Schwertern, Speeren und Äxten bewaffnet an der Reling aufgestellt, und die Speerträger schlugen die Schäfte rhythmisch auf die Planken, so dass es keiner wagte, unsere Langschiffe zu entern. Olav lachte spöttisch. Aber der Blåmann warnte uns. Diese Nadelstichangriffe waren schlecht organisiert und gingen von übermütigen Befehlshabern unbedeutender Wachposten und Zollstellen aus, sagte er. Die richtigen Krieger würden wir schon noch kennenlernen.
    Die Soldaten des Fatimidenkalifats erwarteten uns in einer Bucht nördlich der Garnisonen bei den Zwillingsstädten Fustat und al-Qahira 6 , die die befestigte Ibn-Tulun-Moschee flankierten. Mit einem Mal waren überall Krieger und Schiffe. Hunderte von Booten schossen auf uns zu. Die Männer sahen ganz unterschiedlich aus. Einige hatten eine Haut wie Pech, andere wie Bronze, manche waren kalkweiß. Der Blåmann hatte erzählt, dass die Flotte des Herrschers aus Schiffen bestand, die vor zwanzig Sommern für den Krieg gegen Byzanz gebaut worden waren. In Höhe von drei berghohen Pyramiden und einer gigantischen Statue, die halb Mensch, halb Tier war, wurde der Widerstand massiv. Der Himmel verdunkelte sich vor Pfeilen. Wir nahmen das größte Boot der Ägypter mit unseren Langschiffen Havørnen und Odins Rabe in die Zange. Brüllend enterten wir das Boot von beiden Seiten.
    Die ägyptischen Krieger waren kleiner als wir. Obgleich zu Kämpfern ausgebildet, fehlten den meisten der rechte Kampfgeist und die Glut. Nachdem wir uns mit unseren Schwertern einen Platz an Deck des Kriegsschiffes erkämpft hatten, flohen viele vor uns und sprangen ins Wasser, was ebenso feige wie unvernünftig war, denn jetzt kamen die Riesenechsen wie Baumstämme durchs Wasser geschossen und bedienten sich gierig. Wir lenkten unsere Schiffe ans Ufer und stürmten an Land. Mit festem Boden unter den Füßen wirkten unsere Gegner sehr viel organisierter und disziplinierter, aber wir schienen uns nicht so zu verhalten, wie sie es von einem feindlichen Heer erwarteten. Sie waren in verschiedene Einheiten aufgeteilt – ein Teil trug leichte, der andere schwere Waffen. Einige waren zu Pferd, anderen saßen auf pferdeähnlichen Tieren mit langen Hälsen und Buckeln. Blåmänner und kleinwüchsige, breitnasige Kerle mit pechschwarzem Kraushaar kämpften Schulter an Schulter mit Männern, die so bleich waren wie wir. Die Ägypter formierten sich in langen Reihen, eine hinter der anderen. Wenn sich die erste Reihe hinkniete, schickten die Männer der zweiten Reihe einen Pfeilregen los. Dann erhob sich wieder die erste Reihe und schoss. Jeder Mann, der in der ersten Reihe fiel, wurde durch einen neuen aus der zweiten Reihe ersetzt.

Weitere Kostenlose Bücher