Der Pakt der Wächter: Roman
Sira Magnus denken.
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Anderthalb Stunden später findet Stuart ein Dokument, das uns beiden den Atem raubt.
In diesem Schriftstück, es trägt das gebrochene Siegel und das zerschlissene Seidenband der Kardinalkommission, steht klipp und klar, dass der Vatikan darüber informiert war, dass Barbaren aus dem Schneeland in Ägypten eingedrungen sind und eine »heilige Mumie, Papyrusrollen von unschätzbarem Wert und kostbare Schätze« geraubt haben.
»Kann man es eigentlich noch deutlicher sagen?« Stuarts Augen glänzen. Ich glaube, in diesem Moment ist ihm die Wiederherstellung seiner Reputation als Wissenschaftler wichtiger als die Grabkammer und die Beute der Wikinger.
Laut Dokument haben zwei ägyptische Abgesandte – Kalif al-Mustarshid und ein nicht namentlich genannter Hohepriester – den Vatikan aufgesucht und ihr Anliegen vorgebracht. Der Besuch fiel mit der Übersetzung des inzwischen hundert Jahre alten koptischen Briefes des Ägypters Asim zusammen, der bis dato in den Archiven des Vatikans verstaubt war.
Die Botschaft der Ägypter und der koptische Brief müssen auf den Papst Eindruck gemacht haben, denn noch im gleichen Jahr wurde die erste Delegation – angeführt von Ritter Clemens de’Fieschi – von Papst Innocent II. nach Norwegen geschickt.
Dem Dokument der Kardinalkommission liegt ein von Kurieren überbrachter Brief von Clemens de’Fieschi an Generalmeister Scannabecchi im Vatikan bei. Es muss sich bei diesem Schriftstück, dass de’Fieschi ganz unbescheiden mit »Waffenträger des Herrn« unterzeichnet hat, um jenen Brief handeln, auf den bereits zuvor verwiesen wurde.
An seine Hochwohlgeborenheit
Generalmeister Stephanus Scannabecchi
Sancta Sedes & Curia Romana
Vatikan
Mein Herr,
mir wurde von Kardinalbischof Benedictus Secundus im Auftrag des Heiligen Vaters aufgetragen, mit einer Gruppe schriftgelehrter und bewaffneter Männer nach Noruega zu reisen, ein Land nördlich der Zivilisation, um, wenn irgend möglich, ein heiliges Papyrusdokument zurückzubringen. Unter meinen Männern befanden sich Repräsentanten des Vatikans, der Tempelritter, der Johanniter und Vertraute des Kalifen von Ägypten. Der Kalif hatte seinen Untergebenen aufgetragen, eine Mumie (balsamiert nach heidnischem ägyptischem Brauch) sowie den übrigen Inhalt der Grabkammer, angeblich Gold, Edelsteine und Kunst, sicherzustellen und wieder nach Ägypten zu bringen.
Leider deutet vieles darauf hin, dass die Norweger über unser Kommen unterrichtet waren. Zu meinem Bedauern ist es mir nicht gelungen herauszuf inden, wie diese Informationen durchgesickert sind. Möglicherweise waren sie durch die Abgesandten der Johanniter sowie der päpstlichen Spione gewarnt, die Kardinalbischof Secundus vorausgeschickt hatte, um uns bei der Spurensuche zu helfen, andererseits könnten aber auch geschwätzige Mönche in den Klöstern und Herbergen, in denen wir auf unserer Reise übernachtet haben, allzu bereitwillig über unsere Fragen und Gespräche Auskunft erteilt haben.
Basierend auf einem Ratschlag, den man uns in einem Dorf in Dänemark gegeben hat, das den Namen Domus Mercatorum oder Kaupmannahafn trägt – ein Ort, an dem wir zahlreiche Händler und Jäger trafen, die Noruega bereist haben -, segelten wir nach Ásló, der Siedlung unterhalb der Berge auf der Ebene der Götter, von wo aus wir zu Pferde weiter in nordwestliche Richtung ins Landesinnere vordrangen. Zuerst durch fruchtbare Täler und dann über mächtige Gebirgsketten. Dieser Weg sollte besser sein als die Meeresroute entlang der gefährlich zerklüfteten Felsenküste, an der sich die Wellen aus dem Nichts hoch wie Häuser erhoben und an der ein Seeungeheuer mit Namen Havgufa 7 sein Unwesen trieb und ganze Schiffe versenken konnte.
Bei unserer Ankunft in Noruega wurden wir allerdings von einem strengen Winter überrascht, der viel Schnee und eisige Kälte mit sich brachte, so dass wir gezwungen waren, dort sechs Monate in einem Kloster zu verbringen, während wir auf Tauwetter warteten. Zwei unserer Männer starben an Krankheiten, die sie sich durch die Kälte zugezogen hatten.
Den hundertjährigen Karten und der Beschreibung von Asim, dem Hohepriester des Amon-Ra-Kultes, folgend, hielten wir eine Grotte mit Namen Dollstein auf einer Insel im Nordwesten des Landes für unser Ziel. Dieser Ort stimmte gut mit Asims Beschreibungen überein.
Ich will aus Rücksicht auf die kostbare Zeit des Lesers nicht weiter darauf eingehen, was uns in
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