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Der Pakt des Seelensammlers (German Edition)

Der Pakt des Seelensammlers (German Edition)

Titel: Der Pakt des Seelensammlers (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Krüger
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knapp unter die Knie reichte, beschattete die Augen mit der flachen Hand und spähte in den Wald hinein.
    Wie sollte jemand in diesem Sturm etwas erkennen? Unmöglich. Ein richtiges Scheißwetter. Nicht, dass Jim den Schnee nicht liebte; er liebte ihn nur nicht in dieser Menge.
    Nach einigen Atemzügen brannte die Kälte in seiner trockenen Kehle und seine Zunge schien am Gaumensegel festzukleben. Er spuckte aus - ein kleiner gelber Fleck im Schnee - machte kehrt und ging zur Tür zurück, hinein und schloss hinter sich ab. Eine seltsame Erleichterung überkam ihn, jetzt, wo er den Schnee nicht mehr sehen musste.
    Jim konnte sich nicht erklären, weshalb.
     

15
    Jack wusste, dass er auch heute nicht fahren würde. Er wusste es schon, noch bevor er aus dem Fenster blickte und den Schneesturm sah, der sich in seinem Wüten noch einmal verstärkt hatte, er wusste es, noch bevor Jim an der Tür der alten Hausmeisterwohnung klopfte, die Jack mit einigen Holzscheiten in dem kleinen Ofen an der Wand beheizte. Er wusste es, sobald er die Eisblumen am Fenster entdeckte.
    Ein Scheiß-Sturm war das doch. Jack fluchte halblaut, während er sich anzog. Im Ofen war nur noch wenig Glut, aber sie genügte, um wieder ein kleines Feuer zu entfachen. Jack rieb sich die Hände. Die Hausmeisterwohnung in diesem Stock besaß keine Verbindung zur Zentralheizung. Er gähnte und schüttelte den Kopf, als könnte er so die Träume vertreiben, die ihn regelmäßig heimsuchten. Lisey, wie sie nach dem Unfall aussah. Lisey, tot und der Sanitäter, der eine Decke über ihren Körper ausbreitete ...
    Dann klopfte es und Jack wusste, dass das nur Jim sein konnte; er erkannte es an dem Rhythmus. Was wollte er hier? Sicher war er nur gekommen, um ihn aus der Wohnung zu werfen, in aller Frühe, unbemerkt von den Gästen.
    Das würde Jack sich nicht bieten lassen.
    »Ja?«
    »Mr. Carver.« Jim lächelte, aber Jack sah, dass es ihm Mühe bereitete, große Mühe offenbar, den winzigen Falten nach zu schließen, die sich auf seinen Wangen aufwarfen. Es war ein freudloses Lächeln, kalt wie der Wind dort draußen. Jim war kein Mann, der in seiner Gegenwart frei lächelte. Sie beide verband eine zu lange Vergangenheit, zu viel Verbitterung. »Mr. Caver«, sagte er noch einmal. Die Finger seiner linken Hand kneteten den Handballen seiner rechten Hand. »Ich möchte Ihnen ... einen Job anbieten.«
    War das ein Witz? Jack war sich nicht sicher. Wenn, dann sicherlich kein besonders guter.
    »Mein Koch ist verschwunden und wir brauchen nun dringend jemand, der sich um die Mahlzeiten kümmert. Sie, Mr. Carver, kennen sich hier aus. Ich biete Ihnen daher -«
    »Vergessen Sie es. Ich werde nicht mehr hier arbeiten. Nie mehr. Was soll das überhaupt bedeuten, der Koch ist verschwunden?« Jack deutete zum Fenster. »Da draußen ist nichts als Schnee. Wohin soll er denn gegangen sein?«
    »Das weiß ich nicht. Aber er ist nicht auffindbar. Bitte, Mr. Carver. Hier ... sagen wir, für das, was Sie bisher immer bekommen haben ... mal drei.«
    »Wollen Sie mich verarschen? Nach allem, was Sie sich erlaubt haben?« Nachdem er ihn gefeuert hatte, nur weil er aus Trauer um seine Frau nicht zur Arbeit gekommen war?
    »Und wenn ich mich entschuldige?« Jim streckte die Hand aus, auf einmal nicht mehr wie ein Hoteldirektor, sondern eher wie ein Mann, dessen Laden kurz davor stand, den Bach runterzugehen. »Nur solange, bis Henry wieder auftaucht. Für das fünffache ihrer früheren Bezahlung?«
    Das wurde ja immer besser. Allmählich erlaubte sich Jack den Gedanken daran, wie es wäre, wenn er nun zustimmte. Jim kroch geradezu vor ihm. Er brauchte den Koch, er brauchte ihn tatsächlich dringend. Jack schlug ein - eine kurze Berührung der Hände, dann ließen sie beide sofort los. »Abgemacht, Mr. Jones. Bis das Wetter wieder besser wird und Sie sich einen Koch aus der Stadt besorgen können.«
    Vermutlich tauchte Henry in einigen Stunden wieder auf, betrunken oder so irgendetwas. Das dachte Jack, denn er wusste nicht, dass es auch Männer gab, denen das Trinken nicht mehr reichte, um die Schatten zu vertreiben.
    Aber Henry tauchte - vorübergehend jedenfalls - nicht mehr auf.
    »Ich danke Ihnen«, sagte Jim. »Äh - an die Arbeit.« Da war er wieder, der Alte.
    »Sie müssen mich nicht nach unten begleiten. Ich kenne den Weg.« Jack sah zu, wie Jim einen Schritt zurücktrat, um den Weg aus der Tür freizugeben. In diesem Augenblick fiel das Licht aus - in der alten

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