Der Pakt des Seelensammlers (German Edition)
Streifen Schutz gegen den Schnee. Henry lehnte sich gegen die Tür, dann blickte er hinaus in den Schneesturm. Viel war da nicht zu sehen. Die Sichtweite betrug unter vier Metern, soweit Henry dies abschätzen konnte, die Schneedecke an die vierzig Zentimeter. Auf der anderen Seite war kaum mehr eine der Steineichen zu erkennen, die den Platz säumten.
Wenn das so weiter geht, sind wir morgen früh völlig abgeschnitten. Zahllose Kilometer Wald in die eine Seite, auf der anderen Seite noch mehr Wald. Ah, ist das kein Abenteuer?
Er schnippte die Zigarette in den Schnee. Die geschlossene weiße Schneedecke glühte dort, wo der Strahl der Außenlampe hinfiel, golden, dort, weiter draußen, wo kein Licht mehr war, erhaben silbrig. Die Zigarette war ein winziges orangenfarbenes Auge in der Mitte.
Dann ging sie aus, fast im selben Augenblick, als Henry die Spuren entdeckte.
Er stieß sich von der Tür ab und trat einen Schritt in den Schnee hinein. Vielleicht war das nur eine Täuschung, die das Zwielicht ihm vorgaukelte, vielleicht war da gar keine Spur. Aber er war zu oft mit seinem Vater auf die Jagd gegangen, um das hier nicht zu beachten.
Henry dachte an das Gewehr, das er in seinem kleinen Zimmer im Erdgeschoss aufbewahrte. Vielleicht gab es morgen Wild.
Er betrachtete die Spur. Eindeutig Pfoten, keine Hufe. Kleine, rundliche Abdrücke. Wenn er sich nicht irrte, waren das Abdrücke von Krallen. Ein Fuchs.
Henry schritt einige Meter zwischen die Bäume hinein. Zuerst sanken seine Schuhe nicht ab, dann immer tiefer. Idiotisch, in dieser Dunkelheit und bei diesem Wetter nach einem Fuchs suchen zu wollen. Irgendwo zwischen dem blattlosen Totholz verlor sich die Spur. Ein starker Wind erfasste Henrys Schultern, fast wie eine Hand, die sich auf seine Jacke legte, eine tote Hand, die ihn umdrehen wollte. Er fröstelte, aber dieses Mal nicht von der Kälte.
Das macht keinen Sinn. Nee, Leute, bei dieser Jagd mach' ich nicht mit. Henry tritt jetzt den Rücktritt an.
Er drehte sich um und starrte direkt in ein Paar Augen, die vom Boden zu ihm heraufblickten. Rot glühende Augen, wohlgemerkt.
Hier soll gesagt sein, lieber Leser, dass Henry Clash keineswegs ein furchtsamer Mann war. Als er mit seinem Vater zahllose Male in der Nacht auf der Jagd gewesen war, hatte er gelernt, die Dunkelheit nicht zu fürchten. Er kannte das Bild, das die Augen einer Katze boten, wenn sie in völliger Dunkelheit angestrahlt werden. Der Unterschied bestand dieses Mal darin, dass hinter Henry keine Lichtquelle war, die in die Augen dieser besonderen
Katze
hätten leuchten können.
»Schsch!« machte er und scheuchte mit dem Arm. Die Augen blinzelten einmal. Dann kamen sie näher. Henry machte einen Schritt zurück. »Verschwinde!« Er bückte sich, formte einen Schneeball und warf ihn. Die roten Augen verschwanden. Dann entdeckte Henry beim Zurückgehen den tiefen Abdruck einer anderen Spur. Aber es war kein Tier. Es waren tiefere Abdrücke.
Ein Mensch? Keiner der Gäste würde bei diesem Wetter nach draußen gehen, schon gar nicht zu dieser Uhrzeit. Bei genauerem Hinsehen erkannte Henry, dass der tiefe Abdruck auch nicht von einem Menschen stammen konnte, die Form war völlig widernatürlich ...
Sein Blick suchte den Waldrand, als könnte er dort eine Antwort finden. »Was zum Teufel ...?«
Hinter ihm schlug die Tür zu.
14
Jim schlief unruhig. Seine Träume waren bis an den Rand gefüllt mit Notstromgeneratoren, zerstörten Stromleitungen und Dieselkanistern und Gästen, die sich über eine unzureichende Hotelführung beschwerten. Er träumte von einem Hotel, das dem Larches gar nicht unähnlich war, ein Hotel, das kein Dach mehr hatte. Der Schnee fiel und fiel und fiel und die Zimmer füllten sich und die Gäste schliefen und bemerkten nicht, wie der Schnee ihre Münder und Nasen verstopfte ...
Und er wusste, dies alles war seine Schuld.
In seinen Träumen war das Licht schon längst ausgefallen.
Als es an der Tür klopfte, schreckte Jim augenblicklich hoch. Es war eisig in seinem Zimmer und doch stand Schweiß auf seiner Stirn. War die Heizung ausgefallen?
Bitte nicht. Das habe ich nicht verdient.
Sie war nicht ausgefallen, aber runtergedreht. Jim atmete erleichtert durch. Er konnte sich jedoch nicht erinnern, den Regler gedreht zu haben.
Als es wieder klopfte, ging Jim zur Tür. Dort stand Kim, eine der Hilfsköchinnen. Was zum Teufel wollte die Kleine hier? Um ... in der Frühe?
»Was gibt's denn? Wie viel Uhr haben
Weitere Kostenlose Bücher