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Der Pakt des Seelensammlers (German Edition)

Der Pakt des Seelensammlers (German Edition)

Titel: Der Pakt des Seelensammlers (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Krüger
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noch nicht gesehen, wer zum Teufel hatte ihr gesagt, sie sollte so nah ans Fenster herangehen? John war trotz seines Alters schnell, übersprang behände einen auf die Seite gekippten Tisch und packte Mara Larssen an den Schultern. Ihr Schrei brach ab, doch ihre Hand war noch in der Luft und deutete nach draußen. Jack schaute hinüber, wurde sich bewusst dass er auf der anderen Seite der Barriere nur einen Meter von der Glasfront entfernt stand und sprang einen Schritt zurück. Das Blut wollte in seinen Adern gefrieren, als er sah, was Maras Schrei ausgelöst hatte.
    Etwas stand auf der anderen Seite der Glasscheibe.
    Etwas, das beide Hände an die Scheibe gelegt hatte und zu ihnen hereinspähte. Jack schätzte das Ding auf seine Größe und kam zum Schluss, dass es ihn um einen Kopf überragte. Die Augen waren glutrot, genau wie Steffen sie beschrieben hatte. Das Gesicht des Wesens war nicht mit weißem Stoff bedeckt, wie ihn die Weißen trugen, es war schwarz, die Wangen aufgerissen, von großen Klauen verletzt, das Fleisch in Streifen herabhängend. Der Mund klaffte weit auf und Jack konnte sehen, wie eine pechschwarze Zunge sich darin schlängelte. Der Körper war nackt und teerschwarz, die Haut vertrocknet und rissig und an vielen Stellen aufgeplatzt. Dort, wo die Bauchhöhle war, klaffte nun ein großes Loch und an der Stelle des Brustkorbs, wo das Herz verborgen war, sprang eine ausgebrochene Rippe hervor, dahinter glaubte Jack, ein rotes Glühen anstelle des Herzens zu sehen. Aber es waren die Hände, die Jack fast um den Verstand brachten, die Hände, die auch jetzt noch menschlich waren. Er sah den Ring am Ringfinger der rechten Hand, und er wusste, dass es nur einen Menschen gab, der diesen Ring getragen hatte, und seine Scherze darüber, wie er sich den Finger einmal beim Hantieren mit einem scharfen Messer fast abgetrennt hätte, hallten in Jacks Bewusstsein wieder ...
    Es gab keinen Zweifel, vor ihm stand Henry Clash. Der vor Tagen verschwundene Koch des Three Larches.
    Clash - das Ding - starrte ihn an.
    »Eine Ausgeburt der Hölle.« Reverend Hopper war neben ihn herabgetreten, seine Hände umspannten noch immer die Bibel, in der er gelesen hatte. »Wir sollten es töten.«
    »Gehen Sie zurück, Reverend.« Jack zog Hopper an der Schulter nach hinten, gemeinsam traten sie hinter die Barriere.
    »Das ist Henry Clash«, sagte Jack, als John zurückkehrte, »das ist Henry Clash, ich fasse es nicht.«
    John war dermaßen grün im Gesicht, dass Jack es nicht wundern würde, wenn sich der Veteran bald übergeben musste. »Das ist krank. Haben die Weißen das aus ihm gemacht?«
    »Ja. Wir haben keine Spur von ihm gefunden. Jim hat vermutet, dass er irgendwo dort draußen gestorben ist. Aber das war nicht der Fall. Die Weißen haben ihn schon vor Tagen geschnappt.«
    »Aber wieso ist er dann ... so?«
    Jack verstand, was er meinte. Wieso hatten sie Clash am Leben gelassen? »Haben Sie das vorausgesehen, Reverend?«
    »Ich habe es gespürt ... aber erst kurz bevor Mara schrie. Er ist nicht so deutlich zu sehen wie die anderen. Noch ist er nicht so weit.«
    »Soll das heißen, er würde sich zu einem von ihnen entwickeln? Zu einem Weißen?«
    »Wir müssen ihn töten«, sagte John. »Da gibt es nichts zu bereden. Jetzt sofort.« Er griff nach dem Jagdgewehr.
    »Moment. Noch nicht. Noch hat er uns nicht angegriffen. Er steht einfach nur da und beobachtet uns.«
    »Na und?« John blickte hinüber und wandte den Blick gleich nach wenigen Sekunden wieder ab. Das rot glühende Funkeln, dort an der Stelle, wo Clashs Augen hätten sein müssen, ertrug niemand allzu lange. »Wir tun ihm nur einen Gefallen.«
    »Wie, John? Wie willst du ihn töten? Willst du nach draußen gehen und dich ihm gegenüber stellen? Schau ihn dir an. Ich glaube nicht, dass ihm eine Kugel etwas ausmachen wird.«
    John verstummte.
    »Was haben Sie vor, Mr. Carver?« Der Reverend klang ehrlich interessiert.
    »Wir lassen ihn nicht aus den Augen. Wir beobachten ganz genau, was er macht. Es kann doch sein, dass er uns gar nicht angreifen will.«
    »Was soll das bringen?« John fluchte. »Was ist denn jetzt schon wieder los?«
    Jack sah sich um. Das hatte nicht ihm oder dem Reverend gegolten. Es war Bradley, der zu ihnen rannte, sich die Hände in die Seiten stemmte, schnaufte und sagte: »Da hinten ... im ... im ... Kühlraum. Da klopft etwas gegen die Tür.«
    Etwas. Jack vergrub seinen Kopf in den Händen. Scheiße, Scheiße, Scheiße, dachte

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