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Der Pakt des Seelensammlers (German Edition)

Der Pakt des Seelensammlers (German Edition)

Titel: Der Pakt des Seelensammlers (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Krüger
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die Tür. Jack sah noch, wie er die Taschenlampe auf das Schloss richtete, dann schloss er die Zwischentür.
    Miranda war noch immer im Bad. Jack versuchte sämtliche Gedanken, die Seelen und lange Klauen betrafen, aus seinem Bewusstsein zu verbannen. Es gelang nicht völlig. »Miranda?«
    Sie reagierte nicht sofort. »Was willst du?« Jack hörte, wie brüchig und angeschlagen ihre Stimme klang.
    »Lass mich rein. Oder komm raus. Bitte. Du musst dich aufwärmen.«
    Er konnte spüren, wie sie zögerte. Du kannst es ihr nicht verübeln. Die Realität, die sie alle umgab, bröckelte ab wie ein altes, rissiges Mauerwerk. Was sich darunter verborgen hatte und jetzt zum Vorschein kam, war roher Wahnsinn. Jack ahnte erst jetzt, was dies bedeutete: wenn der Schleier der Wirklichkeit, die ihnen bekannt war, zerriss, kamen darunter Dinge zum Vorschein, die jeden Verstand zu übersteigen drohten. Nicht umsonst glaubten sie alle, verrückt geworden zu sein.
    Aber sie waren nicht verrückt. Schlimmer, Reverend Hopper sprach die Wahrheit. Sie führten nicht nur einen Kampf um Leben und Tod, sie führten einen Kampf um ihre unsterblichen Seelen.
    Miranda öffnete die Tür. In den zerrissenen Schatten, die der Kerzenschein über ihr Gesicht warf, konnte Jack sehen, dass sie geweint hatte. Sie hatte beide Arme um die Brust geschlungen, ihre Schultern zitterten. »Ich will nach Hause«, sagte sie leise. »Bring mich nach Hause, Jack.«

59
    Am frühen Morgen, die Sonne war noch nicht aufgegangen, schlief Miranda schließlich ein. Jack streichelte ihren Kopf, ihren Rücken und hielt sie fest. Unter der Decke, die Jack über sie beide ausgebreitet hatte, war es angenehm warm, wohingegen die Temperatur im Zimmer stark herabgesunken war. Das Feuer war erloschen, die Kerzen herabgebrannt, der Sturm heulte noch immer, und Mirandas leiser Atem strich sanft an Jacks Wange vorbei. Für diesen Moment war die Welt friedlich, und Jack hätte es genossen, wenn nicht ständig die Worte des Reverends auf der gegenüberliegenden Wand aufblitzen würden - Worte, die ausschließlich mit verlorenen Seelen und totem Fleisch zusammen hingen, so deutlich, als wären sie mit einer riesigen Schreibmaschine mit feuriger Schrift direkt auf die Tapete geschrieben.
    Rette deine Seele, Jack, stand dort. Rette ihre Seele. Rette die Seele von allen, Jack. Du darfst nicht versagen.
    Ja, dachte Jack. Ich darf nicht versagen. Aber die Aufgabe ist schier unmöglich. Wir sind so wenige, wie um alles in der Welt sollen wir die Vielen dort draußen, jene Wesen mit gefrorenen Herzen, bekämpfen?
    Feuer und Licht. Aber sie hatten zu wenig Feuer und das Licht ihrer Taschenlampen wurde mit jedem Tag schwächer und das Licht des Tages war trüb und wankelmütig und würde bald wieder schwinden ...
    Die Kälte hatte den Rest seiner Beine ergriffen und nagte nun an seinem Unterleib. Jack wusste, dass ihm die Zeit davonlief. Er ahnte auch, dass die Amputation, die Miranda vorgeschlagen hatte, nichts mehr nützen würde. Diese Kälte ließ sich in ihrer Ausbreitung nicht aufhalten. Jack schluckte heftig, um das ausgetrocknete, pelzige Gefühl loszuwerden, das auf seiner Zunge lag. Er verspürte Durst, aber jede kleine Bewegung würde Miranda aufwecken. Ihr Schlaf war unruhig und Jack wusste, dass sie die wenigen Stunden Ruhe brauchen würde. Sein Blick flackerte zum Tisch hinüber, wo die rote Kontrollleuchte des Walkie-Talkies wie ein kleines Auge zu ihm herüberschaute. John hatte sich nicht gemeldet, alles schien ruhig. Vielleicht war es aber auch zu schnell gegangen, und die Weißen hatten John nicht einmal die Chance zu einer Warnung gegeben und jetzt waren alle dort unten tot. Jack erschauderte.
    Miranda bewegte sich im Schlaf und murmelte undeutlich ein Wort, das wie »kalt« klang.
    »Schlaf weiter«, sagte Jack leise. Er zog die Decke zurecht.
    Seine Gedanken schweiften weiter, stets hangelten sie sich daran entlang, was Reverend Hopper erzählt hatte. Die Weißen hatten noch nicht ihre volle Stärke erreicht, auch das waren seine Worte gewesen. Sie warten auf etwas. Ihren Anführer. Das war einer der Punkte, die Jack am meisten Sorgen bereiteten. Was konnte eine unwirkliche Lebensform wie jene Wesen als ihren Anführer betrachten? Wie waren sie organisiert? Konnte sie denken? Richter hatte sie einmal als Raubtiere bezeichnet, aber Raubtiere vertrauen hauptsächlich auf ihre Instinkte und nicht auf intelligentes Denken. Immer, wenn Jack an den eisblauen Blick jener Wesen

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