Der Pakt - Rügen Thriller
glänzend-schwarzen Haaren, die ihr glatt über die Schultern und die Oberarme fielen. Sonnengebräunte Haut, wunderbar geformte Beine, sinnliche Lippen und natürlich eine riesige Oberweite. Juli verstand, was die drei Spanner so faszinierte. Die Frau verströmte eine fast schon provozierende Sinnlichkeit. Juli hatte das Gefühl, sie zu kennen, aber sie konnte nicht sagen, woher. Wahrscheinlich war es mehr der Typ Frau, der ihr bekannt vorkam.
Und den sie nicht sonderlich mochte.
Ihr ganzes Leben war Juli derartigen Frauen über den Weg gelau fen, hatte sie um ihr Aussehen und vor allem um ihre prächtigen Haare beneidet und ihre mitleidigen Blicke ertragen. Was wusste Miss Supermodel da drüben schon vom Seelenleben eines kahlköpfigen Mädchens, das nie begehrlich angesehen wurde? Was wusste sie von dem Spott, der die Hässlichen und Missgestalteten verfolgte? Von dem bohrenden Gefühl, reizlos, ja entstellt zu sein? Wie oft hatte Juli das verstohlene Tuscheln überhört, das einsetzte, sobald sie sich ohne Verkleidung unter Menschen begab.
Gewiss, wenn sie eine Perücke trug, wurden auch ihr bewundernde Blicke zugeworfen, weil sie einen schlanken, trainierten Körper hatte und ein fein geschnittenes, ovales Gesicht mit auffallenden braunen Augen, die helle Sprenkel hatten wie Bernsteine. Aber die Bewunderung der Männer galt einer Illusion. Irgendwann kam unweigerlich der Moment der Wahrheit, gewollt oder – wenn die Perücke wieder einmal über Nacht verrutscht war – ungewollt. Danach hatten es die meisten ihrer Verehrer ziemlich eilig. Natürlich gab es auch solche, denen ein kahler Kopf gefiel, aber das waren meistens Freaks, von denen sie sich lieber fernhielt. Oder Außenseiter wie Simon, die in ihr eine Leidensgenossin sahen. Mittlerweile beschränkte sich das Thema Männer für Juli auf gelegentliche One-Night-Stands. Ihr Beruf war ohnehin nicht gerade prädestiniert für eine Beziehung.
Als die Schwarzhaarige aufstand und nach ihrem Handtuch griff, waren plötzlich auch die drei Spanner der Meinung, dass sie genug geschwitzt hatten. Hastig folgten sie dem Objekt ihrer Begierde, um beim Duschen genüsslich ein paar weitere Blicke aus nächster Nähe zu riskieren.
Juli wandte sich ab, als die Frau an ihr vorbeiging, weil sie nicht ausschließen konnte, dass ihr ihre Abneigung anzusehen war. Aufmerksamkeit zu erregen, war das Letzte, was sie brauchen konnte.
Ein paar Minuten später ging sie ebenfalls hinaus. Sie duschte allein und warf sich ihren Bademantel über. Langsam wanderte sie im Spa-Bereich herum, sah sich die Lage der einzelnen Kabinen und Nischen an, das Grottenbad, den Ruheraum.
Nachdem sie eine Weile auf einem der Wasserbetten gelegen hatte, stattete sie dem Kräuterdampfbad einen Besuch ab. Es lag in einem durch eine Milchglastür abgetrennten Seitenbereich des Spa. Hier befanden sich auch weitere Duschen und Toiletten und vor allem mehrere separate Räume, in denen Massagen, Seifenschaumbäder und andere Behandlungen angeboten wurden.
Juli streifte ihren Bademantel ab und hängte ihn zusammen mit dem Handtuch an einen Haken. Von einem flachen Holztisch nahm sie eines der rotweißen Baumwolltücher, die das Windwood zum Unterlegen anbot. Als sie die Tür öffnete, um in die feuchte Wärme des runden Schwitzraumes einzutauchen, stand plötzlich Miss Supermodel vor ihr. Barfuß und schwer atmend, die gerötete Haut mit unzähligen kleinen Wasserperlen übersät. Einen Moment verharrten sie regungslos, ihre Gesichter nur wenige Zentimeter voneinander entfernt. Ihre Augen trafen sich.
Juli erstarrte.
Mit einem Mal wusste sie, wieso ihr die Frau bekannt vorkam. Zum Teufel, warum war sie nicht bereits vorhin in der Sauna darauf gekommen? Gewiss, die Sache war lange her und die Schwarzhaarige trug damals ein bisschen mehr an ihrem Traumkörper als ein paar Wassertropfen. Außerdem hatte Juli ihr Gesicht kaum zwei Sekunden gesehen. Trotzdem war sie wütend auf sich.
Genau diese Art von Nachlässigkeit bringt dich in Gefahr!
Es hatte mit dem Auftrag vor vier Jahren zu tun, als auch die Geschichte mit den Fingerabdrücken passiert war. Miss Supermodel war an jenem Tag in Begleitung von zwei uniformierten Polizisten im Saxonia Resort in Dresden aufgetaucht, gerade, als Juli verschwinden wollte. Sie hatte damals vermutet, dass es sich um die Staatsanwältin handelte, die ihre damalige Zielperson vernehmen sollte. Dass sie ihr jetzt hier in Binz wieder begegnete, wenige Tage nach
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