Der Pakt - Rügen Thriller
sagte Nora. »Der Masseur ist bestimmt schon da.«
»Mach das. Ich setze mich noch ein paar Minuten ins Dampfbad«, entgegnete Kerstin. »Treffen wir uns später im Ruheraum?«
»Einverstanden.« Nora zog ihren Bademantel an.
Kerstin öffnete die Glastür des Dampfbades. Nachdem sie herein gekommen war, dauerte es einen Moment, ehe sie inmitten des Nebels die Gestalt hinter dem Kräuterbrunnen sitzen sah.
»Guten Tag«, sagte sie und hustete, weil der Wasserdampf in ihre Atemwege gedrungen war.
Juli war sich nicht sicher, ob Kerstin bereits erkannt hatte, dass sie es mit der gestrigen Besucherin aus der Neptun-Bar zu tun hatte. »Guten Tag«, erwiderte sie freundlich.
Jetzt schien sich Kerstin Gruber an die Stimme zu erinnern. Ihre inzwischen an das spärliche Licht gewöhnten Augen fixierten Juli. »Wir haben uns doch gestern Abend gesehen, nicht wahr?«
»In der Bar«, bestätigte Juli. »Als Sie gegangen sind, habe ich mich übrigens gleich an Ihren Tisch gesetzt. Die Atmosphäre ist wirklich einzigartig.«
»Das finde ich auch. Sind Sie zum ersten Mal im Windwood?«
Als Frau eines Politikers hatte Kerstin genügend Empfänge besucht, um eine Meisterin des Small Talks zu sein. Lockerleicht ging ihr die belanglose Plauderei von der Zunge. Aber Juli war nicht an Plauderei interessiert. Verborgen von dem Brunnen nahm sie das USB-Kabel und wickelte es um beide Handballen. Alles, was sie noch brauchte, war eine Gelegenheit, das Kabel um Kerstin Grubers Hals zu legen.
Und zwar schnell und überraschend.
Ihr Opfer wog schätzungsweise um die siebzig Kilo, deutlich mehr als sie selbst. Juli hatte nicht die Absicht, sich auf ein Handgemenge einzulassen.
»Mein Gott, ist das heute wieder heiß hier«, stöhnte Kerstin. Sie richtete sich auf und beugte sich nach vorn, um einen der goldenen Hähne aufzudrehen. Sie hielt ihre Hände unter das heraussprudelnde Wasser, um sich das Gesicht zu benetzen.
Jetzt, dachte Juli und erhob sich.
In diesem Moment ging die Tür auf.
34
»Wir haben vielleicht eine Spur!« Die triumphierende Stimme von Günter Mast dröhnte durch den Hörer. »Frank Schilling ist gerade bei mir. Er …«
»Hat es was mit Stralsund zu tun?«, unterbrach ihn Manja aufgeregt. »Mit Devin?«
Der Oberstaatsanwalt stutzte. »Nein. Wie kommen Sie darauf? Haben Sie aus dieser Sunny noch was rausgeholt?«
»Sie meint, am Montagabend habe Kirijenko eine Verabredung in Stralsund gehabt. Vielleicht irgendwo auf der Halbinsel Devin.«
»Mit wem?«
»Keine Ahnung. Aber das muss in seinem Taschenkalender stehen . Wurde der in der Suite gefunden?«
»Ein Kalender? Nein«, erwiderte Mast ungeduldig. »Dafür haben wir aber etwas ganz anderes. Ich stelle auf Lautsprecher um, dann kann Herr Schilling es gleich selbst erzählen.«
»Die russische Miliz hat uns vorhin einen Bericht geschickt«, er klang die Stimme des BKA-Ermittlers. »Vor fünf Jahren ist ein Vizegouverneur der Provinz Primorje ermordet worden.«
»Primorje?«
»Im Fernen Osten Russlands, am Japanischen Meer. Die Ge bietshauptstadt ist Wladiwostok. Nun raten Sie mal, wie der gute Mann ums Leben kam!«
»Wenn Sie so fragen, würde ich sagen, durch drei Messerstiche in die Brust.«
»Volltreffer. Aber das ist noch nicht alles. Als man ihn fand, trug er eine schwarze Augenbinde.«
»Das passt ja fast schon zu gut«, sagte Manja. »Wieso bekommen wir diese Information erst jetzt?«
»Wir reden hier über Russland, Frau Koeberlin«, erwiderte Schilling im gereizten Ton eines Pragmatikers, der mit einem welt fremden Wissenschaftler spricht. »Es ist ein ziemliches raues Land. Hunderte Auftragsmorde pro Jahr bleiben unaufgeklärt. Par lamentsabgeordnete, Vizegouverneure, Bürgermeister, Bankiers, Journalisten, Finanzbeamte. Es gibt dort kein Register, in das Sie die Begriffe Messer und Augenbinde und Hotel eingeben und dann wird Ihnen ein Name ausgespuckt.«
»Mit anderen Worten, auch in diesem Fall wurde der Täter nie gefasst?«
»Richtig. Aber die Behörden waren damals überzeugt, dass Boris Bykow hinter dem Attentat steckte, ein Unternehmer aus Nishni Nowgorod. Ihm werden Verbindungen zur russischen Mafia nachgesagt. Zwischen Bykow und dem Vizegouverneur hatte es Streit wegen des Verkaufs einer Werft an die Koreaner gegeben.«
»Und jetzt kommt das Allerbeste«, ließ sich Mast vernehmen. »Der Aufsichtsratsvorsitzende der Soran-Werft in Warnemünde heißt …«
»Boris Bykow?«, fragte Manja.
»Exakt«, bestätigte
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