Der Pakt - Rügen Thriller
etwas wie Anteilnahme auszudrücken. Am Ende hatte er beiläufig eine SD-Speicherkarte auf den Tisch gelegt. »Hier, darum hatten Sie mich gebeten«, hatte er gemurmelt. »Die Aufnahme von Rottmann. Auch wenn das jetzt natürlich völlig unwichtig ist.«
»Danke«, hatte Gruber knapp erwidert. Und bei der Verabschiedung an der Haustür dann doch noch die erlösenden Worte gesagt. »Wissen Sie, Toni, das, was Kerstin heute passiert ist, bestärkt mich nur in meinem Entschluss. Keiner von uns weiß, wie viel Zeit ihm noch bleibt. Ich bin froh, dass ich in Ihnen einen würdigen Nachfolger habe.«
Ja, das war er in der Tat. Ein würdiger Nachfolger. Die Nominierung durch die Partei sollte im Februar stattfinden, die Bundestagswahl im September. Im Grunde spielte ihm Kerstins Tod sogar in die Hände. Die Erinnerung an den tragischen Verlust, den Axel Gruber erlitten hatte, würde noch frisch sein. Alle würden es verstehen, wenn der altgediente Abgeordnete sich dazu entschloss, den Stab an einen Jüngeren zu übergeben. Das Mandat war Hillig so gut wie sicher.
Mitglied des Deutschen Bundestages mit achtundzwanzig.
Wie lukrativ doch so ein kleiner Verrat sein konnte. Hillig wusste nicht, wofür Gruber die Aufzeichnung des Gesprächs verwenden wollte. Aber ihm war natürlich klar, dass Peter Rottmann Schaden nehmen würde. In gewisser Weise bedauerte er das. Er hatte dem Oberbürgermeister viel zu verdanken. Aber Grubers Angebot war zu verlockend gewesen. Hillig wusste, dass Rottmann ihm nichts Vergleichbares bieten konnte.
Träge betrachtete er das beschlagene Fenster seines Bades. Am Freitag hatte er sich mit dem Makler die Wohnungen angeschaut und eine entdeckt, die seinen Vorstellungen haargenau entsprach. Nun standen noch ein paar Telefonate mit dem Chef des Maklers aus, um ein Preis-Arrangement zu treffen. Da er ab Herbst auch wesentlich mehr verdienen würde, war der Kauf kein Problem. Ein neuer Job. Mit höherem Gehalt. Und eine neue Wohnung.
Das waren Weihnachtsgeschenke ganz nach Toni Hilligs Geschmack.
43
Andreas Stein, dem jungen Kripobeamten, war es gelungen, als Manjas Begleiter abgestellt zu werden. Bei der gestrigen Lagebesprechung hatte er unvermittelt angeboten, sie mit seinem Dienstwagen nach Stralsund zu chauffieren und bei den Vernehmungen das Protokoll zu führen. Manja war das gar nicht recht, aber Mast hatte die Idee gefallen.
Kurz vor neun holte Stein Manja im Hotel ab. Während der ganzen Fahrt versuchte er, sie mit weitschweifigen Erzählungen über seine sportlichen Glanztaten zu beeindrucken. Er war begeisterter Triathlet und nahm regelmäßig an irgendwelchen Amateurwettbewerben im ganzen Land teil. Als sie Grubers Villa auf der Lindenstraße erreichten, schwirrte Manja der Kopf.
Froh, Steins Tiraden zu entkommen, stieg sie aus dem Auto und sah sich um. Grubers Anwesen war mit einem hohen Metallzaun und einer blickdichten Hecke umgeben. Der Volksvertreter legte offenbar Wert auf Privatsphäre.
Manja klingelte am Tor.
»Ja, bitte?«, ertönte es nach einer Weile durch die Sprechanlage.
»Manja Koeberlin. Guten Morgen, Herr Gruber. Würden Sie …«
»Ich gebe keine Interviews. Das werden Sie ja wohl verstehen.«
»Ich bin von der Staatsanwaltschaft. Wir benötigen dringend einige Informationen, die wir nur von Ihnen bekommen können.«
Eine Weile war es still. Manja glaubte schon, dass der Abgeordnete ihre letzten Worte gar nicht mehr gehört hätte. Doch dann, nach einer kleinen Weile, kam ein übergewichtiger Mittfünfziger mit schütterem rötlichem Haar und Doppelkinn ans Tor. Er trug Cordhosen und einen grauen Cardigan. Seine Augen waren rot, und als er Manja begrüßte, glaubte sie, Alkohol in seinem Atem zu riechen.
»Bitte entschuldigen Sie die frühe Störung, Herr Abgeordneter«, sagte sie förmlich und hielt ihren Ausweis hoch. »Staatsanwältin Manja Koeberlin. Gestatten Sie, dass ich Ihnen mein aufrichtiges Beileid ausspreche. Das hier ist übrigens Kriminalkommissar Stein.«
Gruber nickte nur, machte aber keine Anstalten, sie hereinzubitten. Apathisch stand er vor ihnen.
»Wir möchten Ihnen gern in aller Kürze ein paar Fragen stellen«, fuhr Manja hastig fort. »Je schneller wir mit unseren Ermitt lungen vorankommen, umso größere Chancen haben wir, den Täter zu überführen. Dürften wir hereinkommen?«
»Natürlich, entschuldigen Sie.« Jetzt erst öffnete Gruber das Tor. Er führte Manja und ihren Begleiter ins Haus, wo sie ihm in das mit Ahornparkett
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