Der Pakt - Rügen Thriller
Valkunas kannten sich. So wie ich Kirijenko verstanden habe, befand sich die Waffe erst bei Valkunas. Nach dessen Verhaftung hat Reznik sie an sich genommen.«
Juli nickte. Das ergab einen Sinn.
»Außerdem war es aus Kirijenkos Sicht eine todsichere Sache«, fügte Gruber hinzu. »Besser als ein Bankschließfach. Von seiner Verbindung zu Reznik wusste niemand.«
Wieder nickte Juli. Obwohl sie diskret Nachforschungen über Kirijenko angestellt hatte, war ihr der Name Reznik noch nie begegnet.
»Ich habe noch einen kleinen Bonus für Sie«, sagte Gruber.
Juli sah ihn stumm an.
»Die Safe-Kombination. Hier!« Er gab ihr einen Zettel, auf dem sechs Zahlen standen.
Juli starrte darauf. »Woher kennen Sie die?«, fragte sie überrascht.
Gruber lachte. »Reznik war wie gesagt an dem Abend schon ziem lich voll. Er hat die Zahlen aufgesagt, während er sie am Safe mühsam eingegeben hat. Dabei erläuterte er mir wichtigtuerisch, dass dies sein Geburtsdatum in umgekehrter Reihenfolge sei.« Er zuckte die Schultern. »Ich habe mir die Zahlen damals natürlich nicht gemerkt. Aber da der liebe Viktor auf meiner Glückwunschliste steht, brauchte ich nur im Computer nachzusehen.«
»Danke«, sagte Juli. Sie sah Gruber von der Seite an. »Eins noch. Weshalb haben Sie darauf bestanden, dass wir uns vor diesem Job treffen?«
»Ich wollte Ihnen den Auftrag persönlich erteilen.« Gruber wandte ihr den Kopf zu. »Ihnen dabei in die Augen sehen. Um sicher zu sein, dass ich, wenn ich meinen Teil des Handels erfüllt habe, nicht das gleiche Schicksal erleide wie Ihr Klient Wladimir Kirijenko.«
Juli erwiderte seinen Blick. »Ich pflege Absprachen einzuhalten. Wenn er das auch getan hätte, wäre er jetzt noch am Leben.« Sie ließ dem Nachruf auf den ehrenwerten Wladimir Alexandrowitsch Kirijenko eine pietätvolle Pause folgen, ehe sie fortfuhr. »Ich habe übrigens auch einen kleinen Bonus für Sie. Allerdings weiß ich nicht, ob er Ihnen gefällt.«
Gruber runzelte die Stirn. »Nämlich?«
»Nora ist über einen gewissen Rechtsanwalt Görtes und Singapur im Bilde.« Juli informierte ihn mit leiser Stimme über die Unterhaltung, die Kerstin mit ihrer Schwester am Sonnabend in der Bar geführt hatte.
»Dieses Miststück!«, murmelte Gruber, als sie fertig war.
Juli fragte sich, ob er Nora oder Kerstin meinte.
»Ich nehme an, Sie werden sich um die Pistole kümmern wollen«, sagte Gruber nach einer Weile.
Juli murmelte etwas, was nach Zustimmung klang, nicht sonderlich erpicht darauf, ihre Pläne zu diskutieren. Andererseits – es war mehr eine Feststellung Grubers als eine Frage. Warum sollte sie mit drei Menschenleben für eine Information bezahlen, wenn sie sie anschließend nicht nutzte?
»Eventuell«, Gruber zögerte, »hätte ich noch einen Job für Sie. Eine Art Anschlussauftrag. Diesmal natürlich gegen Bezahlung. Wären Sie interessiert?«
»Nora?«, fragte Juli.
Eine Wolke drang aus der Kapuze, als Gruber die Luft ausstieß. »Ich … ich muss erst noch darüber nachdenken.«
»Sie wissen, wie Sie mich erreichen.« Juli drehte sich um und verschwand.
42
Für Toni Hillig begann die neue Arbeitswoche in der Wanne. Im ganzen Raum roch es nach Honig und Vanille, seiner bevorzugten Badeölmischung. Wohlig seufzend räkelte er sich im heißen Wasser. Aus einem unsichtbaren Lautsprecher ertönte La Bohème . Die Ostsee-Zeitung in seinen Händen war mittlerweile ganz klamm. Hillig legte sie weg. Den Artikel über die Ereignisse im Windwood hatte er zweimal gelesen.
Gestern war er am späten Abend noch bei Gruber gewesen. Um Trost zu spenden natürlich und um sein Beileid auszusprechen, aber auch, weil er sich fragte, ob diese fürchterliche Sache in Binz ihre delikate Absprache berühren könnte. Trauernde Menschen neigten zu ungewöhnlichen Reaktionen. Vielleicht wollte Gruber nun plötzlich doch in Berlin weitermachen, weil ihm daheim die Decke auf den Kopf fiel. Oder weil er glaubte, es seiner verflossenen Kerstin zu schulden. Oder aus einem anderen albernen Grund.
Hillig hatte das Thema natürlich nicht direkt zur Sprache gebracht. Himmel, schließlich hatte der Mann gerade seine Frau verloren! Nein, er hatte stumm Grubers Hand gedrückt und dann, weil sein Gegenüber offenbar reden wollte, eine Stunde mit ihm im Wohnzimmer gesessen, Rotwein getrunken und sich angehört, was für ein wundervoller Mensch Kerstin gewesen sei. Hillig hatte sie nicht sonderlich gut gekannt, es aber dennoch geschafft, so
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