Grundsteinlegung steht fest, dass Kirijenko und Reznik sich kannten.«
Die Richterin wedelte mit der Hand. »Dieses Foto besagt gar nichts. Vielleicht wollte Reznik einfach einen Landsmann mitbringen. Das reicht nicht für eine Durchsuchung bei einer Firma, die hier mehr als siebzig Millionen Euro investiert. Oder ist einer der Geschäftsführer ein Tatverdächtiger?«
»Bisher nicht«, räumte Manja ein.
»Haben Sie diesen Reznik schon vernommen?«
»Das geht leider nicht. Er liegt nach einem Schlaganfall im Krankenhaus und ist nach wie vor nicht ansprechbar. Ich habe vorhin mit dem Arzt telefoniert.«
»Was ist mit den Kontoauszügen von DRM? Irgendwelche verdächtigen Überweisungen?«
Manja schüttelte den Kopf. »Auf den ersten Blick nichts, was uns weiterhilft. Allerdings bin ich auf etwas anderes gestoßen. In dem Ermittlungsverfahren, das ich vor vier Jahren in Dresden gegen Kirijenko geführt habe, es ging um Korruptionsvorwürfe, hatten wir einen einzigen Zeugen, einen Mann namens Burow. Er wurde erschossen, ehe er eine Aussage machen konnte. Als wir uns später seinen Computer ansahen, stellten wir fest, dass er in dem Moment, als er getötet wurde, im Begriff war, eine E-Mail zu schreiben.«
»Was stand drin?«
»Überhaupt noch nichts. Burow hatte offenbar gerade mit dem Schreiben beginnen wollen. Interessant ist aber die Empfängeradresse. Sie lautete:
[email protected]. Wir haben nie herausgefunden, wer sich dahinter versteckte. Aber jetzt weiß ich es.«
55
Juli lag auf dem Kingsize-Bett des Bungalows und durchwühlte ein zweites Mal die Umhängetasche der Staatsanwältin. Sie hat te sich alles schon einmal angesehen, während sie im Café auf Simon gewartet hatte. Dem grauen Dienstausweis zufolge hieß die Schnüfflerin Manja Koeberlin. Juli erinnerte sich, den Namen in der Besucherliste des Windwood Spa gelesen zu haben. Und bei der Begegnung im DRM-Gebäude hatte sich die Schwarzhaarige auch so vorgestellt. In ihrer roten Geldbörse aus Krokoleder hatte sie Dollarnoten und amerikanische Münzen, als wäre sie gerade erst von einem USA-Urlaub zurückgekommen. Es gab Unterlagen, die bewiesen, dass sie tatsächlich mit den Mordermittlungen in Binz betraut war. Zum Beispiel war da eine Kopie von Nora Rottmanns Vernehmung. Außerdem diverse Notizen über DRM, die Juli mit großem Interesse studierte. Dabei fiel ihr ein gelber Klebezettel ins Auge, der Namen, Daten und Pfeile enthielt.
Wladimir Kirijenko.
Petras Valkunas.
Ein dritter Name war dick eingekreist. Jörg Wendt.
Juli spürte, wie sich ihr Herzschlag beschleunigte. Die tief in ihrem Unterbewusstsein gärenden Erinnerungen begannen zu brodeln, stiegen auf und verursachten faulige Blasen.
Dresden vor vier Jahren.
Von Beginn an hatte sie nichts an diesem Einsatz gemocht. Nicht ihren Auftraggeber Wladimir Kirijenko, gegen den sie am Telefon schon nach wenigen Minuten eine beträchtliche Antipathie entwickelt hatte. Nicht den Ort, denn im noblen Saxonia Resort, in dem die sächsische Staatskanzlei häufig ausländische Gäste einquartierte, wurde Sicherheit großgeschrieben. Und die Bedingungen, unter denen sie den Job erledigen sollte, erst recht nicht. Dazu gehörte zum Beispiel, dass ihr der Name der Zielperson erst in letzter Sekunde mitgeteilt werden würde.
Ihr Auftrag lautete, einen Mann aus der Führungsspitze des Saxonia Resort zu eliminieren. Sein Vergehen, soviel hatte Juli von Kirijenko erfahren, bestand darin, allzu offen mit den Ermittlungsbehörden zu sprechen. Bislang streng anonym und ausschließlich am Telefon. Aber nun hatte er angekündigt, ins Licht zu treten und gegenüber einer Staatsanwältin umfassend auszusagen. Das wiederum, so hatte Julis Klient unnötig melodramatisch betont, müsse verhindert werden. Glücklicherweise habe sein Geschäftspartner einen Informanten bei der Dresdner Staatsanwaltschaft. Sobald die Ermittler den Namen des Zeugen erfuhren, werde auch der Informant Kenntnis erlangen. Juli möge sich im Saxonia Resort bereithalten und auf einen Anruf warten. Dann müsse alles sehr schnell gehen, denn die Staatsanwältin werde sich garantiert sofort auf den Weg machen.
Juli war alles andere als begeistert von diesem Plan. Außerdem vermutete sie, dass es sich bei dem Geschäftspartner Kirijenkos um Petras Valkunas handelte, den berüchtigten Litauer, der die Dresdner Unterwelt kontrollierte. Nach allem, was sie über ihn wusste, fragte sie sich, warum dessen Leute den Job nicht selbst