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Der Pakt

Der Pakt

Titel: Der Pakt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip Kerr
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betroffen zu sein. Aber unsere familiären Bande sind eng. Und ich erinnere mich sehr gut an Helmut von Dorff. Er war noch ein Junge, als ich ihn kannte.
    Erst elf oder zwölf, würde ich sagen. Ein prima Bursche. Nett, belesen, nachdenklich, an Philosophie interessiert.« Ich zuckte die Achseln.
    »Wie gesagt, ich dachte, er wäre längst tot. Deshalb ist es seltsam, jetzt plötzlich so etwas über ihn zu lesen. Und 384

    schrecklich, natürlich, die brutalen und erniedrigenden Umstände seines Todes zu erfahren.«
    »Dann sind wir keine Feinde mehr«, sagte Reichleitner.
    Er fasste die Flasche am Hals und schenkte uns beiden nach.
    Wir prosteten uns wieder zu.
    »Ich wollte nur, dass Sie das wissen. Damit Sie sicher sein können, dass ich tun werde, was ich kann, damit der Präsident das hier liest.«
    »Danke«, sagte Reichleitner. Er lächelte traurig. »Das Zeug ist gut. Wo haben Sie es her?«
    »Hotel Shepheard.«
    »Ah, das Shepheard. Ich wollte, ich wäre jetzt dort.«
    »Nach dem Krieg werden Sie vielleicht wieder hinkommen.«
    »Wissen Sie, worüber ich nachgedacht habe? Ich habe Hitler nie gesehen. Nicht aus der Nähe jedenfalls. Aber Sie werden in Teheran wahrscheinlich Stalin zu Gesicht kriegen. Aus der Nähe. So nah vielleicht wie jetzt mich.«
    »Vielleicht.«
    »Ich beneide Sie darum. Um die Möglichkeit, ihm in die Augen zu blicken und zu sehen, was für eine Sorte Mensch er ist. Ob er wirklich das Ungeheuer ist, als das ich ihn mir immer vorstelle.«
    »Glauben Sie, er ist ein Ungeheuer?«
    »Ich sag’s Ihnen ehrlich«, sagte Major Reichleitner. »Ich glaube, ich habe mehr Angst, er könnte einfach so wirken wie Sie und ich. Wie ein ganz normaler Mensch.«
    Ich ließ Major Reichleitner mit der Flasche, den Zigaretten und den zu entschlüsselnden Funksprüchen zurück.
    Draußen vor Grey Pillars fühlte ich mich ein bisschen beschwipst. Beschwipst und gleichzeitig schwermütig. Diana Vandervelden schien fast ebenso weit weg wie Beketowka. Was 385

    ein Jammer war, denn die Batterie in meiner Brust musste dringend wieder aufgeladen werden, und zwar von einem guten Freund oder einer guten Freundin. Am besten vielleicht von einer guten Freundin, die ein bisschen mehr für mich empfand.
    Also erstand ich ein paar Blumen und ging zu Fuß zu Elenas Haus. Wir waren ja für den Abend verabredet.
    Elenas Butler Hossein bat mich, im Salon zu warten, bis seine Herrin wach sei. Nachmittags, so erklärte er, schlafe sie immer ein, zwei Stunden. Aber ich hatte das deutliche Gefühl, dass sie nicht allein war. Da hing so ein gewisser maskuliner Duft in der Luft.
    Wie von amerikanischen Zigaretten, Old Spice und Brillantine. Auf dem Sofa lag das Oktoberheft von Jumbo Comics, mit Sheena, der Dschungelkönigin, vorne drauf. Es hatte am Vorabend nicht dort gelegen. Während ich wartete, blätterte ich darin herum. Sheena hatte große Brüste und trug ein reizendes lendenschurzartiges Gebilde aus Leopardenfell. Um Panther zu töten und Elefanten zu reiten, war Sheenas Aufmachung perfekt geeignet. Doch wenn es um eine zweibeinige Beute ging, musste man schon anderes tragen.
    Elena wusste das. Als sie schließlich in den Salon kam, war ihr nackter Körper mit einem weißen Seidenmorgenrock verhüllt.
    Das war verständlich, wenn sie wirklich geschlafen hatte. Viele Leute schlafen nackt. Manche sogar, wenn sie allein schlafen.
    Wobei Elena sich natürlich nicht im Geringsten bemüßigt fühlte, irgendwelche Erklärungen abzugeben.
    »Was für eine nette Überraschung«, sagte sie.
    »Ich bin ein bisschen zu früh dran«, sagte ich. »Aber ich war gerade in der Gegend. Also dachte ich, ich komme einfach schon mal vorbei.« Ich schwenkte das Heft. »Ich hoffe, ich störe nicht.«
    386

    Sie nahm mir das Comic-Heft aus der Hand, guckte kurz darauf und warf es beiseite. »Das muss einer von den Jungs gestern Abend vergessen haben.«
    »Dachte ich mir auch schon.«
    Wir setzten uns aufs Sofa. Elena legte ein Bein übers andere und gab einen exzellenten Blick auf ihren Oberschenkel frei.
    »Zünde mir eine Zigarette an, ja, Darling?«
    Ich zündete uns je eine an und konzentrierte mich auf das kleine Seidenpantöffelchen, das an ihren perfekten Zehen hing.
    »Ich habe heute Morgen in deinem Hotel angerufen, aber man sagte mir, du seist schon weg.«
    »Ach?«
    »Ja. Ich wollte mich vergewissern, dass du heil nach Hause gekommen bist. Letzte Nacht, gleich nachdem du gegangen warst, bin ich nach oben ins Schlafzimmer gegangen. Als

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