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Der Pakt

Der Pakt

Titel: Der Pakt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip Kerr
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es wurde vereinbart, dass die gesamten Sicherheitsmaßnahmen rings um die deutsche Delegation von NKWD und SS gemeinsam übernommen würden. Wie ich es sehe, fliegt Hitler in jedem Fall wegen eines Sicherheitsversagens nach Hause. Sei es, weil ein Amerikaner einen Anschlagsversuch auf ihn unternommen hat oder weil ein weiterer Amerikaner ihm vor unserer Nase eine Geheimakte gegeben hat.«
    Ausnahmsweise einmal musste Berija zugeben, dass Molotow Recht hatte. »Wissen Sie zufällig noch, welcher Amerikaner ihm die Akte gegeben hat?«, fragte er den Außenkommissar.
    »Das war der Mann, der Hitler das Leben gerettet hat. Der Dolmetscher.«
    »Warum sollte er Hitler das Leben retten und dann die Friedensverhandlungen torpedieren?«
    »Ich vermute, es war einfach ein Versehen. Der Bursche war verwirrt, nach dem, was gerade passiert war. Ich glaube, wenn ich gerade Hitler das Leben gerettet hätte, wäre ich auch ein bisschen durcheinander. Milde ausgedrückt. Jedenfalls hat Hopkins diesem Mayer Anweisung gegeben, die amerikanischen Positionspapiere zu übergeben, und da hat er Hitler irrtümlich etwas anderes gegeben. Schlicht und einfach. Es muss diese Akte gewesen sein, von der Sie sprechen, weil Hopkins, als er schon fast an der Tür war, plötzlich merkte, dass er das für Hitler bestimmte Positionspapier immer noch in der Hand hielt.
    Vielleicht war er selbst ja auch ein bisschen verdattert. So ist es 519

    gelaufen. Die Amerikaner haben sich vertan, das ist alles. Sie dachten wahrscheinlich, es sei nicht weiter schlimm, dass dieser Mann Hitler soeben die Beketowka-Akte gegeben hatte. Sie konnten ja schließlich nicht ahnen, dass Hitler eine wichtige Akte, die von seinem eigenen Sicherheitsdienst erstellt worden war, nie gesehen hatte.«
    »Himmelherrgott«, stöhnte Berija. »Der Chef dreht durch.«
    »Schieben Sie es alles auf den Ami«, riet ihm Molotow. »Das wäre mein Rat. Lassen Sie ihn die Sache ausbaden. Was nützt es, Hitler das Leben zu retten, wenn man es anschließend schafft, die Friedensgespräche zum Platzen zu bringen?«
    »Aber wie denn? Es war doch ein Versehen. Weiter nichts.
    Das haben Sie doch selbst gesagt, Molotow.«
    »Hören Sie, Berija, Sie wissen doch selbst, wie der Chef ist. Er hat es mit eigenen Augen gesehen, genau wie ich. Möglich, dass er befunden hat, es war ein Versehen. Aber vergessen Sie nicht, es ist unser Umgang mit deutschen Kriegsgefangenen, der Hitler verprellt hat. Mit anderen Worten, die Amerikaner werden dahinter kommen, dass das der Grund für Hitlers Abreise ist.
    Damit haben wir den schwarzen Peter, und das wird dem Chef gar nicht gefallen. Also geben Sie ihm etwas in die Hand, was er gegen die Amerikaner ins Feld führen kann, nur für den Fall, dass er Blut sehen will.«
    »Was denn?«
    »Na, gut. Aber es ist nur so ein Gedanke. Und Sie sind mir etwas schuldig, Lawrentij Pawlowitsch. Verstanden? Einen Gefallen.«
    »Sicher, was Sie wollen. Was ist es, was der Chef gegen die Amis einsetzen kann?«
    »Nur diese eine Kleinigkeit. Der Dolmetscher. Er ist Jude.«
    »Und?«
    520

    »Und er ist vielleicht ein Freund von Cordell Hull, der amerikanischen Geisel in Berlin. Er könnte doch gewollt haben, dass die Gespräche platzen, ohne dass Hitler ermordet wird und sein Freund Hull folglich ebenfalls dran glauben muss. So was in der Art.«
    »Aber Sie haben doch gehört, was Hitler gesagt hat. Er droht damit, die restlichen Juden in Europa zu vernichten. Warum sollte ein Jude diese Gespräche platzen lassen wollen?«
    »Vielleicht aus demselben Grund wie Churchill. Weil die völlige Zerschlagung Deutschlands die Anwesenheit amerikanischer Truppen in Europa bedeuten würde. Churchill will diese amerikanischen Streitkräfte in Europa als Bollwerk gegen uns, Berija. Churchill weiß, wenn Hitler an der Macht bleibt, wird es einen neuen Krieg in Europa geben, den Stalin gewinnen wird. Was heißt, dass ganz Europa, Großbritannien eingeschlossen, unter sowjetische Kontrolle geraten wird. Es könnte doch sein, dass dieser jüdische Dolmetscher den Kommunismus noch mehr hasst als die Nazis. Wie so viele Amerikaner.«
    »Nicht schlecht«, gab Molotow zu. »Das ist gar nicht schlecht.
    Sie sind ein verdammt listiger Fuchs, Molotow. Alle Achtung.«
    »Deshalb habe ich ja so lange überlebt. Noch etwas: Hopkins hat mir erzählt, dass dieser Jude ein ziemlich berühmter Philosoph ist. Hat seinen Doktor in Deutschland gemacht.
    Wahrscheinlich ist er ein großer Deutschenfreund.

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