Der Pakt
Die Qualität war unverkennbar. Schellenberg kaufte seine Uniformen ebenfalls bei Holters, genau wie der Führer.
»Sturmbannführer von Holten-Pflug und ich haben eine Materialinventur vorgenommen«, fuhr Sandberger fort, »im Hinblick auf unsere derzeitige Bereitschaft für das Unternehmen Großer Sprung. Wir haben festgestellt, dass einiges an Waffen und Munition an Hauptsturmführer Skorzeny für die Mussolini-Befreiung herausgegeben wurde. Ansonsten ist aber so ziemlich alles da. SS-Winteruniformen, SS-Herbst- und Frühjahrstarnuniformen, die ganze übliche Ausrüstung. Aber das Wichtigste ist, dass die Sonderbestände, die wir als Geschenke für die iranischen Kashgai angelegt hatten, ebenfalls noch vorhanden sind. Silber eingelegte K98-Karabiner und vergoldete Walther-Pistolen.«
»Was uns fehlt, ist nicht das Material«, sagte von Holten-Pflug. »Es sind die Männer. Seit Skorzenys Unternehmen sind wir personell knapp. Zum Glück können die verbliebenen Männer des Sonderverbands allesamt Farsi. Ich selbst spreche außerdem noch etwas Gilaki, die Sprache der nordpersischen Nomaden. Wobei deren Führer natürlich zumeist ein bisschen Deutsch können. Aber angesichts der Tatsache, dass wir es wahrscheinlich mit den Russen zu tun kriegen, würde ich vorschlagen, dass wir ein Kommando von Ukrainern nehmen und das Unternehmen von Winniza aus einleiten.«
»Was glauben Sie, wie viele Männer Sie brauchen?«, fragte Schellenberg.
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»Etwa achtzig bis hundert Ukrainer und dazu zehn bis fünfzehn deutsche Offiziere und Unteroffiziere unter meinem Kommando.«
»Und dann?«
Von Holten-Pflug breitete eine Irankarte auf dem Tisch aus.
»Ich würde empfehlen, beim Plan für Unternehmen Franz zu bleiben und von Winniza aus zu starten, um dann sechs Gruppen à zehn Mann in russischer Uniform mit dem Fallschirm in der Gegend der heiligen Stadt Qom und vier weitere Gruppen bei Qazvin abzusetzen. Sobald wir dort gelandet sind, treffen wir unsere Agenten im Iran und lassen uns in konspirative Unterkünfte in Teheran bringen. Von da aus können wir dann das Botschaftsgelände ausspähen und exakte Koordinaten für den Bombenangriff nach Berlin funken. Nach dem Bombardement dringt das Bodenkommando in die Botschaft ein und verfährt mit eventuellen Überlebenden.«
Schellenberg lächelte. Aus von Holten-Pflugs Mund klang das ganze Unternehmen so simpel wie ein Spaziergang durch den Tiergarten. »Erzählen Sie mir mehr über diese Ukrainer«, sagte er.
»Es sind Zeppelin-Agenten. Natürlich muss ich nach Winniza und alles vor Ort klären. Es gibt dort einen Nachrichtendienstoffizier, von dem ich gern Gebrauch machen würde. Ein gewisser Oster.«
»Hoffentlich kein Verwandter«, sagte Schellenberg.
Von Holten-Pflug justierte sein Monokel und sah Schellenberg fragend an.
»Es gab da einen Oster bei der Abwehr«, erklärte Sandberger.
»Einen Generalmajor. Er wurde entlassen und zur Wehrmacht an der Ostfront geschickt.«
»Der Oster, den ich meine, ist Hauptsturmführer der WaffenSS.«
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»Da bin ich aber froh.«
Von Holten-Pflug lächelte unsicher. Schellenberg erkannte, dass der Sturmbannführer keine Ahnung von der heftigen Rivalität zwischen Amt VI des RSHA und der Abwehr hatte.
Eigentlich schien das Wort »Rivalität« Schellenberg gar nicht stark genug, um sein Verhältnis zum militärischen Nachrichtendienst der Wehrmacht und dessen Chef, Admiral Wilhelm Canaris, zu beschreiben. Denn Schellenbergs größter Ehrgeiz war es, dass Amt VI die weitgehend ineffektive Abwehr schlucken sollte. Doch aus irgendeinem unerfindlichen Grund zögerte Himmler – und vielleicht auch Hitler –, ihm diesen Wunsch zu erfüllen. In Schellenbergs Augen waren die ökonomischen Vorteile einer Zusammenlegung der beiden Dienste offenkundig. Der Status quo bedeutete doppelte Ausgaben und oft auch doppelte Aktivitäten. Schellenberg verstand ja, dass Canaris an seiner Macht hing. Das wäre ihm selbst genauso gegangen. Aber es war nun mal vergeblich, sich gegen eine Veränderung zu sträuben, die jeder – selbst Himmler – für unvermeidlich hielt. Das Ganze war nur eine Frage der Zeit.
»Hauptsturmführer Oster spricht Ukrainisch und etwas Russisch«, sagte von Holten-Pflug. »Er hat früher für das Wannsee-Institut gearbeitet. Und er weiß offenbar, wie man mit dem Iwan umgehen muss.«
»Ich glaube, wir sollten da vorsichtig sein«, sagte Schellenberg.
»Seit der Wlassow-Sache ist der Führer auf den militärischen
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