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Der Paladin

Der Paladin

Titel: Der Paladin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.J. Cherryh
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Gedanke ließ ihn kalt.
    Doch die Wunde, die sie entstellte, war wirklich. Ihre Wut war wirklich. Alles, was sie wußte, und alles, was sie tat, war wirklich. Er schwankte am Rande eines unermeßlichen Dunkels, und Taizu mit ihrem verwirrten, verletzten Blick – war der Faden, an dem sein Leben hing.
    In diesem Augenblick meinte sie, er habe den Verstand verloren, und war ziemlich wütend auf ihn. Gut, dachte er.
Gut für dich, Mädchen.
     
    Als es vollständig hell geworden war, erreichten sie die ersten Flüchtlinge aus Ygotai, und diesmal, als die Leute die Fahne ihres Fürsten sahen, als sie begriffen, daß die müden, von der Reise erschöpften Reiter in seiner Begleitung Saukendar und seine Frau waren, war es anders.
    Shoka vernahm ihr Gemurmel, sah die Veränderung in den Augen der Leute, bemerkte den Respekt, den sie ihm entgegenbrachten.
Arme Narren,
dachte er.
    Eure Häuser sind verbrannt; eure Nachbarn meinetwegen ermordet. Seht mich verdammt noch mal nicht so an...
    Mit einiger Anstrengung ließen sich die Blicke jedoch ignorieren, man konnte sie an den Rand des Gesichtskreises drängen, man vermochte die alte Frau zu ertragen, die Jiro zu Tode erschreckte, als sie ihn anzufassen versuchte, und die irgendwelches Zeug über den alten Kaiser brabbelte und wie es früher einmal gewesen war und daß sie wüßte, daß Saukendar alles wieder in Ordnung bringen würde.
    Man konnte seine Sicht verschwimmen lassen und sein Herz verschließen und es ertragen, wenn es einem auch in der Seele weh tat.
    In Ygotai wurden sie dafür entschädigt, inmitten von verbrannten Balken und Schutt, der einmal eine blühende Stadt gewesen war. Sie entdeckten eine kleine Gruppe von Söldnern, womit Shoka gerechnet hatte: er hatte bereits dreißig von Reidis Männern in weitem Bogen um die Stadt herumgeschickt, um einen Hinterhalt zu legen, während er und Taizu mit Reidi und seinen restlichen hundert Soldaten durch die Stadt zu der Deichstraße ritten, welche die Garnison an der Brücke verbarrikadiert hatte.
    Es war erstaunlich einfach. Sie ließen die Söldner über die Hauptstraße aus der Stadt entweichen und jagten sie bis zum Hinterhalt an der Straße, wo sie einen Leichtverletzten hatten; und der eine Söldner, der im Begriff war zu entkommen, stürzte von einem Pfeil getroffen vom Deich.
    »Gut«, sagte Shoka kalt und gelassen. »Das verschafft uns etwas Luft, bevor sich die Neuigkeiten herumsprechen. Fürst, Ihr sagtet, Ihr wolltet nach Norden; seid Ihr bereit, jetzt, in dieser Stunde, aufzubrechen?«
    Reidi wirkte grau. Sein weißes Haar wehte ihm in Strähnen um den Kopf. Das alles schien mehr, als er erwartet hatte. Doch er schöpfte wieder Atem und nickte. »Ja. Meine Frau... mit unserem Beförderungssystem... Wir können die anderen benachrichtigen. Die Vögel... wir züchten sie, wißt Ihr. Tauschen sie untereinander aus. So war es geplant. Wenn der Tag gekommen ist... wollten wir die Vögel freilassen... damit sie zu jedem hinfliegen.«
    Sie nahmen die wenigen Pferde der Söldner zum Wechseln – einen guten walnußbraunen Wallach, um Jiro zu entlasten, und einen anderen Braunen als Ersatz für Taizus weißbeinige Stute.
    An der Fähre über den Chisei erwartete Shoka Ärger. Darum nahmen sie nicht nur die Pferde mit, sondern auch die Rüstungen und Habseligkeiten der getöteten Söldner, und als sie über die Straße zum Chisei gelangten, erblickten sie nicht Fürst Reidis Soldaten, sondern ihn persönlich in Begleitung seiner fünf besten Männer auf den Rücken von Söldnerpferden und in voller Ausrüstung sowie weitere fünfzehn Unberittene. »Du gehst nicht«, sagte er kategorisch zu Taizu, als diese die Lippen spitzte und ihn anfunkelte. »Du bist nun mal zu
klein
, Mädchen, du bist zu auffällig, also halt den Mund und nimm Befehle an wie jeder andere in dieser Truppe.«
    Daraufhin besserte sich ihr Verhalten. Und er führte den walnußbraunen Wallach zum Fluß hinunter, wo Fürst Reidis Männer die seilbetriebene Fähre über den Fluß zurückzogen.
    Man brauchte nicht lange zu überlegen, warum keine Fährleute anwesend waren. Wenn sie vernünftig gewesen waren, hatten sie das Weite gesucht; wenn sie Pech gehabt hatten, waren sie tot; und wenn am anderen Ufer keine Söldner waren, dann besaß der Feind keinen Verstand.
     
    Es ging langsam voran: die Männer, die Infanterie spielten, zogen am Seil, Shoka und die beiden anderen berittenen Hauptmänner beruhigten die Pferde.
    Sie konnten sich denken,

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