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Der Paladin

Der Paladin

Titel: Der Paladin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.J. Cherryh
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zehn Jahren mit den Göttern geführt hatte; doch an diesem Nachmittag war ihm danach zumute. Er hatte noch immer keine Ahnung, wie es weitergehen sollte, was auf sie zukam, welche Vorbereitungen ihr Gegner getroffen hatte...
    Und ständig begegneten sie Leuten, die über diese Informationen verfügen mochten, die aus Lungan oder dessen Umgebung kamen. Die Flüchtlinge, dachte er, die Leute, die ihnen auf der Straße auswichen – sie wußten etwas, das für sie von lebenswichtiger Bedeutung war; und könnten, wenn er ihnen einfach die Wahrheit sagte, das Gerücht zu den Söldnertrupps in ihrem Rücken weitertragen.
    Er beobachtete einen Wagen auf dem Weg in die Katastrophe, ein Mädchen mit einem Säugling, ein Junge, ein alter Mann – die Wagenräder quietschten unter dem schlecht verteilten Gewicht des Hausrats, und das alte Pferd stapfte schwerfällig voran.
    Aus einer plötzliche Regung heraus versperrte er dem Zugpferd den Weg, und als er die Panik der Flüchtlinge bemerkte, verneigte er sich im Sattel, höflich und ohne sie zu bedrängen, dennoch schlossen seine wachsamen Begleiter dicht zu ihm auf.
    »Keine Angst«, sagte er im Söldnerdialekt und zeigte seine leeren Hände. »Wir möchten euch nur ein, zwei Fragen über die Wegstrecke stellen. Kommt ihr aus Lungan?«
    Allgemeines Kopfnicken.
    »Hält sich der Regent in Lungan auf?«
    Entsetzte Blicke.
    »Wo ist Fürst Ghita?«
    Die Augen blinzelten kaum. Nur das Pferd bewegte sich unruhig unter der überlasteten Deichsel.
    »Antwortet, verdammt noch mal!«
    »In Lungan, Herr. In Lungan.« Der Großvater, der jeden Moment zusammenzubrechen drohte. »Die Soldaten sind alle dort.«
    »Befestigt?«
    »Ja, Herr, befestigt.«
    »Wo?«
    »Im Lager, Herr. Rund ums Lager.«
    Zu verängstigt. Zu unwissend. Alles, was sie sagten, konnte gelogen sein, sie würden alles bestätigen, was er ihnen in den Mund legte, nur um ihm zu Gefallen zu sein. »Fahrt weiter«, sagte er und machte ihnen den Weg frei. Aus Mitleid fügte er hinzu: »An eurer Stelle würde ich Anogi weitläufig umfahren und das weitersagen. Dort gibt es eine Garnison. Ich würde einfach nicht in der Stadt sein wollen, wenn sich die Lage zuspitzt. Die Söldner werden wahrscheinlich plündern und geradewegs nach Mandi weiterziehen. Sagt das weiter. Umfahrt Anogi im Norden, haltet euch an die Landstraßen. Dort ist es viel sicherer für euch.«
    Noch immer starrten sie ihn mit geweiteten Augen an. Der Säugling weinte, und das Mädchen legte ihm eine Hand auf den Mund, drückte ihn an sich.
    »Fahrt weiter«, sagte er.
    Sie trieben das Pferd an. Der Wagen rollte vorbei.
    »Und werft ein Drittel von dem ganze Mist weg!«
    schrie er ihnen durch das Quietschen der Räder hindurch nach. »Ihr werdet das Pferd vielleicht noch brauchen.«
    Es bestand kaum Aussicht, daß sie seinen Rat beherzigen würden. Er starrte der unaufhaltsamen Katastrophe hinterher.
    »Man kann ihnen nicht trauen«, sagte Taizu, zu ihm aufschließend. »Sie haben zuviel Angst. Sie würden niemals mit einem Soldaten reden.«
    »Verdammte Narren.«
    Eigentlich wußte er es besser. Er war wütend auf sich selbst, wütend auf sie, aus zu unterschiedlichen und verworrenen Gründen, als daß sie einen Sinn ergeben hätten.
    Wenn Ihr dort wärt
, hatte Taizu vor langer Zeit einmal zu ihm gesagt,
dann würdet Ihr schon für Ordnung sorgen.
    Bestimmt würde ich das.
    Als kletterte man einen Steilhang hoch. Die Blicke nach unten waren es, die einem auf den Magen schlugen, die plötzliche Erkenntnis, wo man war und was man tat und was einem noch bevorstand.
    Ein Stück weiter die Straße entlang, in Gedanken versunken, während er die Menschen, denen sie begegneten, mit den Augen nach Waffen absuchte. Aber von den Wagen und Kutschen, von den Menschen, die dem drohenden Unheil zu entkommen suchten, die in Panik einer Gruppe Berittener auswichen, die sie für Söldner aus Oghin hielten, ging keine Bedrohung aus. Sehr wenige junge Männer, sehr wenige; abgesehen von einem gelegentlichen Bediensteten eines Fürsten oder einem Leibeigenen, dem Sohn einer Witwe – alles Grunde, von der Einberufung befreit zu werden. Und seitens dieser wenigen nichts als gesenkte Köpfe und ausweichende Blicke, als hätten sie Angst, jeden Moment könnte das Auge eines Soldaten auf sie fallen und die Befreiung widerrufen.
    Natürlich wurden junge Männer zwangsweise aus den zentralen Provinzen rekrutiert, vor allem aus der Umgebung der Hauptstadt, aus den Landflecken und

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