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Der Paladin

Der Paladin

Titel: Der Paladin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.J. Cherryh
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und bewegten sich nur noch im Schrittempo vorwärts oder blieben gleich ganz stehen und verneigten sich respektvoll, ohne überhaupt aufzusehen. Taizu ritt kaltblütig an ihnen vorbei, wachsam, ständig auf der Hut, wie er es sie gelehrt hatte, und beobachtete mit scharfem Blick über die Maske ihres schmutzigen Verbands hinweg, während die Männer, jedenfalls einige von ihnen, schweigend daherritten und es vermieden, die Leute anzusehen; aus Scham, dachte Shoka; oder weil ihnen der Anblick zu sehr zu Herzen ging.
    Er selbst – er versuchte, sich über seine Empfindungen klarzuwerden, und wurde das Gefühl nicht los, er hätte früher herkommen und alles besser planen sollen, dann hätte er von diesen Leuten auch mehr Unterstützung bekommen – wenn sie überhaupt willens waren, ihr Schicksal selbst in die Hand zu nehmen. Er war sich nicht sicher, ob er sie in ihrer Gesamtheit liebte oder ob er ihnen Gewalt antun wollte; oder ob er einfach nur wegreiten und zusehen wollte, wie sie sich aus der Katastrophe herausredeten, so wie sie den Kaiser auf den Thron und Ghita an die Macht und ihn in Ungnade geredet hatten, um dann eine Kehrtwendung zu vollziehen und ihn zu vergöttern, wodurch sie ihm diesen Schlamassel eingebrockt und sein Leben zum Spielball des Volkes gemacht hatten. Er mußte sich beherrschen, um ihnen nicht das zukommen zu lassen, was sie verdienten...
    ...von Taizu, die eine der ihren war, einmal abgesehen. Das konnte er nicht vergessen, wann immer er irgendeinen armen Kerl mit einem Korb oder einem Bündel sich vorwärtsschleppen sah, mit allem beladen, was ihm wertvoll war, was er von dem ein Leben lang Erarbeiteten hatte retten können. Die Fürsten kämpften, die Fahnen wehten, und die grauen Kolonnen verzweifelter Menschen wanderten durchs Land, mit ihren armseligen Habseligkeiten auf dem Rücken.
    Seit sie ihn kannte, war Taizus Glauben an die Götter erschüttert. Sie verstand allmählich, woraus die Helden des Volkes gemacht waren – aus Übertreibung, verzweifelten Wünschen und Aberglauben –, und dennoch blieb sie bei ihm, gefangen im selben Netz, während er im Grunde seines Herzens fürchtete, sie könnte eines Morgens zur Vernunft kommen und einen gewöhnlichen, lahmen, vierzigjährigen Mann mit einer häßlichen Veranlagung und zuwenig Geduld mit anderen Menschen vor sich sehen.
    Macht über andere Menschen zu haben war ihm zuwider. Zutiefst verhaßt. Und manchmal haßte er sie, weswegen er sich aufrichtig schämte, er haßte sie, weil sie all die Tugenden, die sie bei irgendeinem armen Idol bewunderten, abwarfen und aufhörten, um sie sich selbst abzuverlangen.
    Er wünschte, er hätte tatsächlich ein oder zwei sichtbare Götter gehabt, auf die er alles hätte abwälzen können – aber wenn die Götter für menschliche Nöte empfänglich waren, dann war es nur recht und billig, ihnen nicht dasselbe anzutun, was er bei anderen beklagte: besser war es, er hielt den Mund und tat, was in seiner Macht stand. Dann waren die Götter vielleicht eher zufrieden mit ihm und sprangen ihm notfalls bei. Das war die Quintessenz seiner religiösen Überzeugungen, und an diesem Nachmittag, unterwegs, sie alle zu töten, machte er sich ernsthaft Gedanken darüber.
    Also, großer Himmelsfürst, ich bin mir nicht sicher, ob es einen Ausweg aus diesem Schlamassel gibt. Ghita hat die Fremden ins Herz seines Reiches eingelassen. Er ist ein Narr. Natürlich helfen ihm die fremden Könige, während die Armee von Chiyaden in ihren Kriegen kämpft. Aber es sind viel zu viele, nicht wahr, Ghita hat sich in eine Sackgasse manövriert, worüber er sich inzwischen im klaren sein muß – zuviel Unruhe, um der Armee die Heimat anzuvertrauen, darum braucht er die Fremden, um die Ordnung aufrechtzuerhalten, und bestimmt weiß er auch, daß es kein Grenzkrieg bleiben wird, wenn sie einen eigenen Führer finden. Darum muß er den Grenzkrieg weiterführen, nicht nur um die Armeeoffiziere beschäftigt zu halten, sondern auch damit die Unruhe bestehenbleibt, so daß seine ausländischen Verbündeten die Armee von Chiyaden brauchen. Das hält er nur solange durch, bis das ganze Kartenhaus zusammenfällt. Chiyaden wird bezahlen für das, was er im Lauf der Jahre getan hat. Wir haben den Barbaren zuviel über uns verraten. Sie kennen unsere Narrheiten. Bring
das
in Ordnung, Fürst des Himmels, und rette uns vor unserer eigenen Kurzsichtigkeit: alleine schaffen wir das nicht.
    Dies war die erste Unterhaltung, die er seit

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