Der Paladin
ich kann dir nicht helfen...
Doch bis nach Lungan oder zum Regenten war es nicht mehr weit. Und im Moment war er tatsächlich wütend und empfand einen Zorn, den erst Taizu nach vielen Jahren wieder in ihm wachgerufen hatte.
Aus dem Schatten ins Licht, und vor ihnen lagen die Ausläufer der Stadt, Menschen gingen ihren Geschäften nach, wichen den Söldnern auf der Straße einfach aus, so lebten die Menschen – abgesehen von den wenigen jungen Männern auf den Straßen.
Unter den Bettlern waren junge Männer gewesen, und es gab ein paar in den gelben Roben der Mönche...
Das waren auch schon alle. Und die Frauen verhüllten sich mit Kopftüchern und formlosen Mänteln, sie sahen müde aus, abgehärmt und freudlos, sogar die jungen.
Die Gespenster lachender Mädchen huschten durch seine Erinnerung, helle Farben, lockende Augen, tanzende Schritte...
Die Frauen von Chiyaden, die jungen Frauen, die mit gebeugtem Rücken verängstigt am Flußufer entlanggingen...
Taizu am Fuße der Verandatreppe:
Unterrichtet mich, Meister Saukendar...
Taizu, im Regen auf den Baum einschlagend, Taizu im Dreck liegend, während Blitze zuckten...
Taizu mit dem dämonischen Gesichtsausdruck, bleich und naß und schrecklich...
Die neben ihm ritt, so unbeugsam, wie er es niemals gewesen war:
Gerechtigkeit, Meister Saukendar...
Er war sich nicht sicher, was für eine Art Gerechtigkeit am Hof von Cheng'di herrschte, doch er hatte eine Vorstellung davon, welche Art Gerechtigkeit er den Narren zuteil werden lassen würde, welche die Jugend Chiyadens in Grenzkriegen verschlissen, ihr eigenes Land ausplünderten und ihre Macht mit Söldnern aufrechterhielten...
Welche die jungen Männer aus den Provinzen als Münze benutzten, mit der sich Bündnisse kaufen ließen, indem sie den einen Barbarenkönig unterstützten, den anderen bekämpften – was sie dann Staatsgeschäfte nannten...
Wenn diesem Monster der Kopf abgeschlagen wurde, war die Schlacht erst zur Hälfte gewonnen: die restlichen Glieder reichten in jede einzelne Provinz Chiyadens; sie würden einen schweren Tod sterben und Tod und Vernichtung säen, so weit die Macht der Söldnerbanden reichte.
Doch das wäre auch nicht schlimmer als das, was er um sich herum sah.
Es war unmöglich, das Land von dieser Bestie zu befreien; und Gnade den Menschen, wenn sie ihr den entscheidenden Schlag versetzten.
Gnade den Menschen, wenn sie es nicht täten.
So dachte er mit jedem Schritt, den die Pferde vorwärts taten. In fünf Tagen würde Reidi sich aus der Deckung begeben und mit ihm alle Hoffnung auf einen Umsturz von Ghitas Regime.
In fünf Tagen sollte die Brücke von Lungan besser offen sein. Es war aussichtslos, von dieser Seite des Flusses aus einen der Männer rechtzeitig zu Reidi zurückzuschicken, um ihm mitzuteilen, daß er seine Pläne ändern mußte, und genau das hätte er liebend gern getan, denn nach allem, was er von dem Fittha gehört hatte, nahm er an, daß Ghita vorgewarnt und darauf vorbereitet war, an der Brücke von Lungan eine Front zu errichten.
Das verriet etwas über den Norden, nämlich daß Ghita die kaiserliche Provinz unter Kontrolle wähnte, so daß er Lungan tatsächlich halten zu können meinte, ohne sich Sorgen machen zu müssen, daß ihm jemand in den Rücken fiel. Soviel zur Hoffnung, die kaiserlichen Truppen in der Provinz könnten meutern oder die Rebellion könnte von der Grenze überschwappen oder wenigstens genügend Unruhe bewirken; in diesem Fall hätte Ghita sich bis hinter Cheng'di und über den Chaighin zurückgezogen, auf sein eigenes Land in Kenji und Angen, von wo aus er Ayenden, Shangei, P'eng und Yiyang, wo der Großteil seiner Söldnertruppen stand und wo seine Anhänger Fürstentümer innehatten, praktisch abschneiden könnte – ein langwieriger, häßlicher Krieg, aber immer noch besser, als ihn im Herzen von Chiyaden auszufechten.
Doch offenbar waren die kaiserlichen Truppen nicht abtrünnig geworden, und Ghita hatte den Hisei, nicht den Chaighin, zu seiner Abwehrlinie auserkoren, und der Kaiser und die Hauptstadt waren fest in Ghitas Hand.
Eindeutig nicht das, worauf er gehofft hatte.
Die wenigen Leute, die auf der Straße nach Lungan unterwegs waren, wirkten hoffnungslos; ein paar Händler, furchtsame Adlige in reichverzierten, mit Blumen bemalten Kutschen, Landvolk mit schlichten Bauernwagen oder einfach nur arme Städter, die mit Körben und Bündeln daherkamen. Wenn sie Soldaten sahen, fuhren sie an den Straßenrand
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