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Der Paladin

Der Paladin

Titel: Der Paladin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.J. Cherryh
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kletterte und aufs Dach und die undichten Stellen ausbesserte, während sie seine und ihre Arbeit verrichtete und sich um ihn kümmerte und nach wie vor ihre Schläge übte, Tag für Tag, wie eine verrückte, halsstarrige Närrin, und ihn täglich anklagte, ohne es zu wollen, und ihn daran erinnerte, daß ihn, allem Schmerz und aller Anstrengung zum Trotz, ein Bauernmädchen übertraf.
    Verdammt wollte er sein.
    Er fühlte sich ihr gegenüber zu einem gewissen Respekt genötigt, ohne den keine Verständigung mit ihr möglich gewesen wäre, ohne den es jedem Argu-

    ment, das er gegen ihre verrückten Ideen anführen mochte, an moralischer Überzeugungskraft gemangelt hätte.
    Verdammt wollte er sein, wenn er sie in dieser Zwangslage bitten würde, bei ihm zu bleiben.
    Verdammt wollte er sein, wenn er eine Frau bitten würde, zu seinen Bedingungen mit ihm zu leben, solange er sie nicht als Mann, dem es freistand zu wählen, bitten konnte.
    Und so sehr ihr Anblick seinen Geist auch verlockte, der Körper schmerzte zu sehr, als daß die Versuchung etwas anderes gewesen wäre als bloße Theorie.

6
    Shoka beugte sich tief hinab und richtete sich langsam wieder auf, diesmal nicht mit dem Stock, sondern mit dem Schwert in der Hand.
    Es tat höllisch weh. Er würde erst dann wissen, ob der Schmerz bestehen blieb, wenn er wieder aktiv würde und sich die Muskeln erwärmten.
    Ein Mann konnte damit leben, wenn er den Körper gerade hielt und ihm die Jugend zurückgab, die er endgültig verloren geglaubt hatte.
    Er bemerkte, daß Taizu der Bewegung mit den Augen folgte, sah mehr als nur Respekt darin, nämlich eine gewisse Besorgnis, während sie ihr eigenes schlichtes Schwert in Händen hielt und wartete.
    »Grundstellung«, sagte er.
    Sie hob das Schwert.
    Sie war jetzt kein Novize mehr. Die Grundlagen waren ihr vertraut. Er sah, daß sie die korrekte Haltung einnahm, und spürte, wie sich nun, da er einem Gegner gegenüberstand, der ihn forderte, seine Muskeln strafften.
    Auch wenn sie nur eine Frau war, sie strengte sich an, bei den Göttern, sie hatte durch dreimal erneuerte Strohmatten hindurch auf den Baum eingedroschen –
zack – zack – zack –,
bis ihn das Geräusch in den Schlaf hinein verfolgt hatte; und selbst in ausgestrecktem Zustand hatte er Kraft in ihrem Arm gespürt.
    »Laß es langsam angehen«, sagte er und begann die Übungen in gemächlichem Tempo, das ebenso den Gleichgewichtssinn wie die Ausdauer auf die Probe stellte. Es war zwecklos, sich zur Korrektur eines Fehlers auf seinen Schwung oder seine Kraft zu verlassen, wenn man die Bewegungen so leicht und schwebend vollzog, wie ein Blatt zu Boden fällt. Entweder man machte es richtig, oder man blamierte sich.
    Taizu blamierte sich nicht. Und er auch nicht. Er vergaß den Schmerz über der Freude an der freien Bewegung, über der Freude, seinen Gegner in Bewegung zu sehen und zu spüren, wie sich seine Muskeln nach so vielen Jahren in der alten Weise streckten. Ihr Atem dampfte und gefror im Wind, Stahl passierte lautlos Stahl.
    Mit der gleichen Langsamkeit ging er von der Finte zur Abwehr und zum Angriff über und sah, in vollkommener Balance, ihre Reaktion, keine Panik, gerade die angemessene Reaktion, eine Bewegung, mit der sie sich ihm knapp entzog.
    »Knapp«, tadelte er sie, als seine Klinge dicht an ihrem Arm vorbeiglitt (»Hast du den kommen sehen?«), ohne die Bewegung zu unterbrechen.
    »Ja«, keuchte sie, und mit dem nächsten Schritt schwang sie ihre Klinge wieder herum, ein Schlag, der leicht zu parieren war.
    »Ich zeige dir einen andren«, sagte er, während er sich langsam unter ihrer Angriffslinie hindurchbog.
    Sie verteidigte sich nicht; er verharrte, kurz bevor die Schneide seiner Klinge ihre Seite berührte.
    »Siehst du?«
    »Ja«, sagte sie, ihre Haltung beibehaltend. Er brach ab und ging um sie herum, packte sie bei den Schultern und überprüfte ihr Gleichgewicht, malte mit dem Fuß eine Markierung in den Staub: »Hier«, sagte er, trat er wieder vor sie hin und nahm ihre Schwertspitze zwischen die Finger, zog sie zum Wendepunkt. Er brachte eine weitere Markierung für den zweiten Schritt an und führte ihre Bewegung weiter, ganz herum, während sich die Klinge hob. Es war die schwierigste Konterparade, die er ihr je gezeigt hatte.
    Und noch zweimal, wobei er die Klinge führte. Die Füße landeten einwandfrei auf der Markierung.
    Verdammt, dachte er, als er sich an seine Mitschüler erinnerte, die sein Vater unterrichtet

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