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Der Paladin

Der Paladin

Titel: Der Paladin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.J. Cherryh
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setzen, ohne die Novizin in gefährliche Situationen zu bringen, ohne sich über sie lustig zu machen, um ihres Stolzes willen. Er erwies ihr Respekt.
    Sie jedoch forcierte es. Als sie ihn dazu brachte, daß er zurückwich, wollte sie ihm nachsetzen, und es war die Entscheidung eines Augenblicks, daß er Taizu zu ihrem eigenen Wohl ihren Willen ließ, ihr den Raum gab, den sie wollte, und zurückwich.
    Bei seinem zweiten Schritt wandelte sie das Schema ab.
    Er reagierte instinktiv und schlug zu, während sein Herz einen Satz tat, sah sie herumfahren und sich drehen.
    »Bleib stehen!« rief er.
    Sie hielt inne. Er sah das Blut auf ihrem Ärmel. Das Herz pochte ihm in der Brust. Sie schien nur ein wenig verwirrt.
    »Du bist getroffen, Mädchen.«
    Sie blickte an sich hinunter, während das Blut über die Hand rann, welche das Schwert hielt, und konnte die Wunde immer noch nicht finden, obwohl das Blut in den Staub tropfte. Er nahm ihren Arm und fand den Schnitt, während sie sich den Kopf verrenkte, um einen Blick darauf zu werfen. Das Hemd war naß von Blut. Er packte es in Höhe der Taille und zog es ihr über den Kopf, während sie protestierte und es aus Schamgefühl an die Brust drückte.
    Die Wunde befand sich auf der Unterseite ihres Arms, einen Finger lang, gottlob nicht tief.
    »Ich habe gar nichts gespürt.«
    »Närrin.« Er schüttelte ihren Arm. »Versuch das nicht noch einmal bei mir.«
    »Es tut mir leid, Meister Saukendar.«
    »Ist nur ein flacher Schnitt. Ich hätte dich ernstlich verletzen können.«
    »Ja, Meister Saukendar.«
    Er ließ sie los und holte seine Scheide, während sie das Hemd wieder überstreifte und es ihm nachtat.
    »Komm hinein«, sagte er. »Verdammt, das ist ein gutes Hemd.«
    »Es tut mir leid.«
    Er geleitete sie hinein, zog das Hemd aus, salbte ihren Arm ein und verband ihn. Inzwischen, das wußte er aus eigener Erfahrung, würde sie den vollen Schmerz spüren.
    »Tut es weh?«
    »Ja«, sagte sie.
    Sein Puls hatte sich wieder beruhigt, und er war ganz ruhig. Er zog sie am Hemd, mit dem sie ihre Blöße bedeckte, dicht an sich heran.
    »Es hätte der ganze Arm sein können, du Närrin. Du darfst mich
niemals
drängen.«
    »Ja, Meister Saukendar.«
    »Geh und wasch dich. Und wasch das Hemd. Du bist völlig verdreckt.«
    Sie ging. Er sah ihr stirnrunzelnd nach und sagte sich, daß kein Schaden entstanden war. Doch als er sich hinter der Hütte am Regenfaß wusch, wurde ihm der Moment wieder bewußt, dieser kurze Augenblick, da er hatte reagieren müssen und da er erkannt hatte, daß er mit einer Attacke reagiert hatte, gegen die sie sich nicht verteidigen konnte und die ihr, mit voller Kraft ausgeführt, den Arm gekostet hätte. Bei dem Gedanken wurde ihm übel.
     
    Er mußte immer wieder daran denken: Als sie drinnen – bei diesem kalten Abendwind nicht auf der Veranda – zusammen aßen, sah er sie von Zeit zu Zeit an, weil der Anblick ihres gesunden Körpers Balsam war für die Bilder, die an seinem geistigen Auge vorüberzogen: Taizu in ihrem Blut auf dem Boden liegend, für immer ein Krüppel, obwohl er nur mit zurückgenommener Kraft zugeschlagen hatte...
    Und wenn er es nicht getan hätte...
    Zwischendurch sah sie ihn an, besorgt, wohl wissend, dessen war er sicher, daß er über sie nachdachte, daß er vielleicht etwas zu der Situation zu sagen hatte; vielleicht glaubte sie, sie habe sich einen unverzeihlichen Fehler zuschulden kommen lassen, was nicht der Fall war. Es war ein typischer Schülerfehler. Es war sein Fehler gewesen – er hatte nicht mehr damit gerechnet, daß sie solche Dummheiten machen könnte.
    Es machte ihm
Spaß
, sie zu unterrichten, er freute sich auf die Übungen, er erfreute sich an Dingen, die er seit Jahren nicht hatte tun können, und das alles rief Erinnerungen an seine Jugend wach – nicht an die schrecklichen Jahre, die Duelle, das Blut und den Schmerz, sondern an die ungetrübte Freude des Lernens und Übens. Die Stimme' seines Vaters. Die Stimme seines Meisters Yenan. Den staubigen grauen Hof von Cheng'di mit den roten Drachen am Tor. Gesichter von Freunden, von denen die meisten inzwischen tot waren.
    Taizu, die sich im Sonnenschein bewegte, Taizu mit erhobener Deckung, jede Linie an ihr wunderschön, angefangen von der Drehung der schlanken Knöchel, über die Haltung der Hüften bis zum leuchtenden Haar...
    Diese Anmut verdankte sie ihm. Er konnte sich kaum noch an die Schweinehirtin erinnern. Und die Narbe war ein Teil von Taizu. Sie

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