Der Palast
Ende bereiten.
Die Straße und die Wiesen vor dem Waldrand waren mit Leichen übersät und rot von Blut. Die Angreifer hatten die Diener, Sänften- und Lastenträger und den größten Teil der Soldaten niedergemetzelt. Der Pfeilhagel hatte aufgehört. Nur noch wenige Bewaffnete, darunter die beiden Ermittler Sanos, kämpften gegen die Übermacht der Maskierten; es war ein Kampf geübter Krieger, die einen wirbelnden, wilden Tanz des Todes aufführten, wobei sie Reiko immer näher kamen, bis ihre Körper gegen die Sänfte prallten und sie durchschüttelten. Jammernd vor Angst, klammerte Keisho-in sich an Reiko fest. Reiko zog den Dolch, den sie unter dem Ärmel ihres Kimono trug, und machte sich bereit, ihrer beider Leben zu verteidigen.
Rasch schmolz die Zahl der Kämpfer. Unter den Gefallenen waren auch die beiden Ermittler Sanos. Dann, fast von einem Moment zum anderen, endete die Schlacht. In der gespenstischen Stille, die sich herabsenkte, versammelten sich mehr als fünfzig Maskierte auf der Straße. Einige humpelten und hatten blutende Wunden davongetragen. Durch die Sehschlitze der Kapuzen sah Reiko die Augen der Männer funkeln und hörte das schwere Atmen hinter dem schwarzen Tuch.
Die Maskierten hatten die Begleittruppe bis auf den letzten Mann getötet.
»Was werden sie jetzt tun?«, fragte Keisho-in mit bebender Stimme, den Kopf an Reikos Schulter gedrückt.
»Sie werden alles rauben, was von Wert ist, und dann verschwinden«, flüsterte Reiko beruhigend, wenngleich eine Stimme in ihrem Innern etwas ganz anderes sagte.
Plötzlich läutete in der Ferne eine Tempelglocke. Ohne das Gepäck zu beachten, das überall verstreut lag, eilte die eine Hälfte der Maskierten von der Straße in den Wald, während die andere Hälfte zu den Sänften herüberkam, die ungefähr zehn Schritt von einer Felswand entfernt in einer Reihe standen. Reikos Magen verkrampfte sich, als sie ihre Befürchtungen bestätigt sah.
»Sie werden uns alle töten!«, sagte sie voller Entsetzen.
Sie hörte, wie die Türen der Sänften geöffnet wurden und vernahm die schrillen Schreie der Frauen. Als mehrere Kapuzenmänner sich auch auf ihre Sänfte zu bewegten, wurde Reikos Furcht von heißem Zorn verdrängt. Fest umschlossen ihre Finger den Griff des langen, dünnen Dolches. Als einer der Männer die Tür aufriss, sprang Reiko vor und stieß dem Angreifer die Klinge unter dem Waffenrock zwischen die Beine.
Der Stahl durchdrang das weiche Fleisch. Der Mann brüllte auf und kippte nach vorn. Keisho-in kreischte. Reiko zog die blutige Klinge aus dem Körper des Maskierten und stieß ihn nach hinten aus der Tür. Der Mann taumelte mehrere Schritte zurück, fiel vor der Felswand zu Boden und krümmte sich schreiend am Boden. Den Dolch in der Faust, sprang Reiko aus der Sänfte, packte Keisho-in und zerrte sie mit sich. Beide stürzten auf die Straße. Reikos Herz raste vor Wut und wilder Rachsucht. Entschlossen, ihre Freundinnen zu retten, blickte sie die Reihe der Sänften entlang.
Die Angreifer zerrten kreischende Hofdamen und Dienerinnen ins Freie und trieben sie über die Straße. Neben der zweiten Sänfte stand Fürstin Yanagisawa. Das Gesicht vor Furcht verzerrt, wehrte sie sich vergeblich gegen einen Mann, der ihr die Arme auf den Rücken gedreht hatte und sie fortzuziehen versuchte.
Reiko eilte zu ihr. Keisho-in folgte ihr mit schwankenden Schritten, die Hände auf die Brust gepresst. Reiko schlitzte dem Maskierten, der Fürstin Yanagisawa gepackt hielt, mit dem Dolch die Beine auf, dort, wo sie zwischen Waffenrock und Beinschienen eine Handbreit ungeschützt waren. Der Mann stieß einen gellenden Schrei aus, ließ die Fürstin los und stürzte zu Boden. Das Blut spritzte aus den durchtrennten Adern seiner Beine. Fürstin Yanagisawa taumelte zur Seite.
Ein Stück entfernt beugten sich zwei Maskierte ins Innere der vierten Sänfte und zerrten die kreischende Midori ins Freie. Währenddessen trieben andere Maskierte die gefangenen Dienstmädchen und Hofdamen zusammen und ließen sie am Straßenrand Aufstellung nehmen. Dann zog einer der Männer einen Dolch und ging die Reihe der Frauen entlang, wobei er einer nach der anderen die Kehle aufschlitzte. Blut spritzte. Die erstickten, gurgelnden Laute der Sterbenden vermischten sich mit dem Jammern und Schreien der anderen Frauen, die schluchzend um Gnade flehten.
In Reiko stieg Übelkeit auf. Von Grauen gepackt, wandte sie sich von dem entsetzlichen Anblick ab. Es war sinnlos,
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