Der Papstkäufer
warfen noch genug zum Leben ab. Umso entsetzter war er, als er wenige Tage nach seiner Auferstehung den Pfändungsbeschluss Fuggers über eben diese Augsburger Pfründen erhielt.
»Der Sauhund, jetzt will er mich völlig zerstören«, war sein erster Gedanke. Egal, was er nun tat, wie heftig er sich auch beschwerte: Die Pfändung war rechtskräftig und Fugger konnte so viele Gulden daraus abziehen, wie die Pfründen hergaben.
So verfiel Zink auf einen Trick, der an seine besten, längst vergangenen Zeiten erinnerte. Er ersuchte Fugger, ihn, den wieder bettlägerig gewordenen Alten, noch einmal zu besuchen. Prompt erschien Jakob Fugger, erneut ohne eine Spur von Nachsicht im Gesicht. Zink versprach sogleich, die leidige Schuldenfrage zu Fuggers Zufriedenheit zu klären. Der blieb skeptisch.
»Erklärt Euch, wie wollt Ihr Euer Konto ausgleichen, bevor Ihr sterbt?«
Zink erhob sich von seinem Lager und stolperte mehr, als er ging, zu einem Schreibpult in der Ecke seines Krankenzimmers. Mit zitternden Fingern öffnete er die Lade und holte einen großen, massiven Schlüssel hervor. Den hielt er Fugger vor die Nase.
»Wenn ich Euch diesen Schlüssel übergebe, als Zeichen, dass Ihr der Besitzer meines Leibes und Gutes seid, wäre dann mein Konto ausgeglichen? Das ist alles, was ich Euch anbieten kann.«
Ein letztes Mal schimmerten Iris und Pupillen Zinks blau und sandten den berühmten Blick zu Jakob Fugger. Der überlegte kurz, natürlich misstraute er Zink immer noch. Zu oft hatte er dessen unglaubliche Durchtriebenheit bewundert, zuletzt hatte er sich davor bisweilen aber sogar gefürchtet. Wo war der Haken? Hof und Gebäude waren gut genug, um einen großen Teil der 800 Gulden wieder hereinzubekommen. Das war sicher das meiste, was von Zink noch zu holen war. Der befand sich inzwischen wieder auf seinem Krankenlager und schaute Fugger müde, aber gespannt an.
»Und, nehmt Ihr mein Angebot an?«
In diesem Moment durchzuckte Fugger der Blitz der Erkenntnis und zugleich die Genugtuung, dass sein Geschäftssinn noch scharf war.
»Ich gehe davon aus, dass Ihr woanders auch noch eine Menge Schulden habt.«
Zink erblasste.
»Und Euer Ansinnen, sollte ich es annehmen, würde dazu führen, dass ich, Jakob Fugger, nicht nur der Besitzer Eures Leibs und Eurer Güter werde, sondern auch Eurer Schulden, nicht wahr?«
Zink nickte ergeben. Er wusste, wann er verloren hatte. Doch dann überraschte Fugger ihn. »Ich werde es mir dennoch durch den Kopf gehen lassen. Um unserer langen, nun ja«, er scheute sich regelrecht, das Wort in den Mund zu nehmen, »Freundschaft willen.«
Tatsächlich ließ der reiche Kaufmann seinen ehemaligen Faktor in der Annahme, er werde dessen Angebot annehmen.
So starb Johannes Zink irgendwann gegen Ende des Jahres, zwar einsam und ungeliebt, aber immerhin in dem Glauben, ohne irdische Schulden in den Himmel zu kommen.
Indes, er hatte sich in Jakob Fugger getäuscht, wieder einmal hatte er ihn unterschätzt. Nur wenige Tage nach Zinks Tod, Anfang Januar, verlangte Fuggers Rechtsanwalt Oswald Werz bei Johann Kohler, Vizedekan von St. Moritz in Augsburg, von Zinks Haupterbin, seiner Schwester Ursula Pflantzenmann, unerbittlich die Bezahlung der offenen Schulden. Zinks Schwester rief in ihrer Verzweiflung das Bischofsgericht an, musste aber schließlich klein beigeben. Zinks Letzter Wille aus dem Jahr vor seinem Tod hatte die Schuld von achthundert Gulden anerkannt. Da seine Schwester das Erbe angenommen hatte, gingen Zinks Pfründen, die eigentlich seinen Neffen zugedacht gewesen waren, also in Fuggers Besitz über.
Damit war für Zink posthum das eingetroffen, was Fugger seinem Faktor stets gepredigt hatte:
›Wenn Ihr mit gleichberechtigten Partnern Geschäfte macht, dürft Ihr keine Nachsicht zeigen, sonst verliert Ihr. Und verlieren ist für uns verboten!«
Auch Zinks Nachfolger traten ähnlich unrühmlich ab. Im Mai 1527 wurde die Ewige Stadt Schauplatz eines grauenvollen Massakers. Führungslose kaiserliche Landsknechte erstürmten die Stadt, die sich seit ewigen Zeiten nicht mehr direkt eines Angriffs erwehren musste und dementsprechend schutzlos war. Wie eine Naturkatastrophe kamen die verwahrlosten, hungrigen und lüsternen Soldaten über die reiche Stadt und gaben einen Vorgeschmack auf die Gewalttaten, die sich erst einhundert Jahre später, im Dreißigjährigen Krieg, in dieser Art wieder entfesseln sollten.
Tausende römische Bürger wurden getötet, unzählige Frauen
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