Der Papstkäufer
Pius III. zum Papst gekrönt wurde, hatte Johannes Zink bereits de Doffis feudale Villa bezogen. Den neuen Papst, der ein weitgehend rechtschaffener, deutschfreundlicher und als nicht korrupt bekannter Humanist war, lernte er erst gar nicht näher kennen, denn nach nur gut drei Wochen im Amt war auch Pius III. wieder tot. Alle hochrangigen Gauner Roms atmeten auf, als dieser offensichtliche Fehler des Konklaves von der Natur so schnell korrigiert worden war.
Aber so recht wollten die Kardinäle nicht schon wieder ins Konklave einziehen. Zu sehr hielt sie die mühsame Papstwahl von ihren alltäglichen Tätigkeiten ab. Die Tüchtigen von der Arbeit für Gott, die anderen vom Prassen, Saufen und Herumhuren. Und ein jeder wollte schnell wieder zu seiner Tagesordnung übergehen. So ging denn auch das nächste Konklave in die Geschichtsbücher ein: Als das kürzeste aller Zeiten. Am letzten Oktobertag versammelten sich die Kardinäle, und als der Morgen des ersten November graute, nach weniger als vierundzwanzig Stunden, war der aus ärmlichen Verhältnissen stammende, bereits sechzigjährige Giuliano della Rovere zum Papst gewählt. Er nannte sich Papst Julius II.
Wenngleich die Wahl schnell und eindeutig gefallen war, nur die wenigsten der Kardinäle wussten genau, wen sie sich da ins Nest gesetzt hatten. Einige sollten sich noch sehr wundern. Zink hatte bereits während des Konklaves zur Wahl Pius’ III. reichlich Fuggergelder fließen lassen. Der Vatikan hatte nicht einmal ausreichend Geld zur Verköstigung der Kardinäle, so gründlich hatten die Borgias die Finanzen der Kurie ruiniert. Auch wenn das Konklave Ende Oktober sehr kurz war, nicht nur der neue Papst wusste, wer ihn unterstützt hatte. Der päpstliche Kämmerer hatte seine diskrete diplomatische Beziehung zur Fuggerbank genutzt, um dem Faktor die finanziellen Notwendigkeiten und Wünsche der Eminenzen, die den Papst wählten, beizeiten zukommen zu lassen. Alles in allem hatte Johannes Zink sich die Wahl Guilano della Roveres satte viereinhalbtausend Gulden kosten lassen. Eine Investition, die sich hoffentlich auszahlen sollte …
10
Zur Gewinnung neuer Kunden ließ sich Johannes Zink immer wieder etwas Neues einfallen. Kardinäle und Bischöfe schätzten die Verschwiegenheit seiner ergaunerten De-Doffis-Villa in der Nähe des Tibers. Die geschlossenen Hofmauern und der weiträumige, dicht bepflanzte Garten ließen den Straßenlärm der Stadt nicht durchdringen. Auch der Gestank der Kloaken blieb hier außen vor, anders als in den großen Mietshäusern, den Insulae, die bereits in der Nachbarstraße die Straßen in grottenartige, düstere Gassen verwandelten.
Dort wollte er in Zukunft seine Geschäfte abwickeln, für die die Faktorei am Rione di Ponte zu lärmig und indiskret war. Damit seine Kunden nicht gezwungen waren, auf dem Weg zu seiner Villa den Weg zu gehen, der sich bei Schlechtwetter in einen sumpfigen Morast verwandelte, ließ er zuerst alle Zugänge und Zufahrten zur De-Doffis-Villa trockenlegen und pflastern. Erst dann konnten die Geschäfte in seiner repräsentativen Wohnstätte wirklich beginnen.
Zu seinen geheimen Einlegern gehörten mittlerweile neben Kardinal Peraudi unter anderem der einflussreiche Kardinal Alessandrino sowie der päpstliche Datar Fazio Santori.
Bald hatte unter den potenziellen Geldanlegern die Kunde die Runde gemacht, dass man dort auch, quasi als direkte Verzinsung für seine Einlagen, geheimen Lüsten frönen konnte. Und je geheimer, desto besser, weil man ja noch nicht wusste, was der neue Papst davon halten würde. Zink hatte schnell gelernt, welche monströsen Laster manche Menschen besaßen. Laster, die sich gut in klingende Münze umsetzen ließen.
Zudem Cesare Borgia im Vatikan nun nicht mehr gut gelitten war und dort nach Papst Alexanders Tod – nur zeitweilig, wie viele hofften – keine derartigen Feste mehr stattfanden.
Es gab Kunden, die ließen es mit Völlerei bewenden, fraßen sich dabei so voll wie einst bei römischen Orgien, ließen sich, genau wie damals, mit einer Feder am Gaumen kitzeln, erbrachen das eben Gefressene und fraßen gleich wieder weiter. Zink ließ Tänzerinnen und Tänzer auffahren, Sänger, Gaukler und Narren; immer das, was das hochwohlgeborene Publikum wünschte. Für diese Darbietungen fanden sich nach einer Weile regelmäßige Gruppen zusammen, die es sich gemeinsam in Zinks Tempel des Wohllebens gutgehen ließen. Das Versprechen, das Zink jedem seiner Kunden
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