Der Papstkäufer
Chorknaben gehabt, aber hier, im Dunkeln, war es ihm gleich. Die Hände fuhren an seinen Armen entlang, den Beinen, den Innenseiten seiner Schenkel, schließlich griffen sie sein stark erigiertes Glied und begannen zu reiben. Eine Hand knetete sein Skrotum. Eine Hand strich über sein Gesicht, zwängte sich in seinen Mund. Er begann, an den kindlichen Fingern zu saugen, während in anderen Teilen seines Körpers die Lust pochend emporstieg und sich auf ihre Entladung vorbereitete. Sich völlig hilflos und ausgeliefert fühlend, hatte er noch nie solch ein Vergnügen empfunden. Er ließ sich treiben und kam nach kurzer Zeit bereits zum Höhepunkt. Aber weiter und weiter ging die Zeremonie.
Stunden später, Zink war schon verwundert, wie lange di Selvio durchhalten würde, kam der völlig erschöpfte und nass geschwitzte Kardinal durch die Türe gewankt. Die Kutte halb offen, schien es ihm völlig gleich zu sein, ob Zink sein immer noch halb erigiertes Glied sehen konnte. Ohne ein Wort zu sagen, wankte Girolamo di Selvio zum Büffetschrank an der Wand, nahm einen großen Krug Wein und stürzte diesen hinunter. Dann grinste er Zink schelmisch an.
»Mein lieber Zink, was Ihr mir da präsentiert habt, rechtfertigt beinahe jeden Unterschied im Zinssatz. Wenn mein Geld bei Euch so gut aufgehoben ist wie meine geheimen Begierden, dann werden wir sicher gute Freunde werden.«
Johannes Zink lächelte, ging zum Kardinal hin, richtete dessen Kutte etwas her, zog sie vorne zu und legte diesem die Hand auf die Schulter.
»Mein lieber Girolamo – wenn Euer Exzellenz diese vertrauliche Anrede gestatten –, natürlich sind alle Eure Geheimnisse, pekuniäre wie seelische, bei mir in besten Händen.«
Er schenkte di Selvio einen dieser tiefblauen Blicke, für die ihn Jakob Fugger so bewunderte und führte ihn zu einer Bank, die neben einem mit Obst und Süßigkeiten prall gefüllten Tisch stand. Mit der rechten Hand wies er auf die Köstlichkeiten auf dem Tisch.
»Lasst Euch nieder, stärkt Euch noch ein wenig, bevor Ihr nach Hause geht. Und denkt daran: Ihr seid mir immer willkommen!«
Kardinal di Selvio dankte, griff kräftig zu und verließ die Villa mit einem seligen Lächeln auf dem durchtriebenen Gesicht – und der festen Absicht, Zink regelmäßig zu besuchen.
Im Laufe der Monate hatte Zink sich einen üppigen Fundus an zwielichtigen Gestalten zugelegt, die für bare Münze seine Unternehmungen unterstützten und seinen Kunden Vergnügen bereiteten. Gleich, welcher Art diese Vergnügungen waren. Prostituierte aus dem Hafenviertel, mager oder fett. Weiße oder Nubierinnen, auch junge Männer oder unschuldig aussehende Mädchen, sie alle fanden über Vermittler den heimlichen Weg in Zinks Haus der Lüste. Bei ausgefalleneren Wünschen wie Chorknaben oder jungen Nonnen mussten Zinks Kunden bisweilen selbst bei der Beschaffung behilflich sein. Auf eines achtete Johannes Zink aber peinlich genau: Sich selbst nicht kompromittieren zu lassen. Mehr als einmal war er von Kunden aufgefordert worden, doch mitzutun im lustvollen Miteinander. Er lehnte grundsätzlich ab. Wenn er seinen Trieben nachgab, dann still und heimlich, unter vier Augen. Ohne dass Kundschaft im Haus war …
11
Das Abreagieren seiner Triebe hatte für Johannes Zink nichts mit Liebe zu tun. Das war für ihn ein Fremdwort, etwas für Schwächlinge, die sich solcher Gefühle nicht erwehren konnten. Gefühle beeinträchtigten das Urteilsvermögen und die Menschenkenntnis, des waren sich Zink und sein Herr Jakob Fugger seit jeher einig gewesen. Und dieses Einverständnis war von Anbeginn an eine gewichtige Grundlage ihrer gemeinsamen Arbeit gewesen. Die ersten Liebeserfahrungen bei Meuting hatten ihm gereicht. Er hatte sofort gemerkt: Sobald Gefühle mitspielen, wird es früher oder später Ärger geben. In der Regel kostspieligen Ärger. Seit Johannes ins rechte Alter dafür gekommen war, hatte er daher auch sein Liebesleben auf eine kaufmännische Basis gestellt.
Für die Lust gab es die ›puttana‹, die gewöhnlichen käuflichen Huren, die besser gestellten Herren leisteten sich bisweilen eine ›cortigiana‹, in der höchsten Stufe die ›cortigiana onesta‹, die auch als offizielle Gespielin und Gesellschaftsdame dienen konnte.
Im öffentlichen Leben Roms spielten beide Frauengruppen eine gewichtige Rolle. Sowohl zur Befriedigung der ewig lüsternen (Kirchen-)Männer wie auch zur Unterhaltung auf der Straße. Immer wieder versuchten
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