Der Papstkäufer
gewesen, die empfindliche Balance zwischen seinen beiden wichtigsten Kunden, dem Kaiser und dem Papst, aufrechtzuhalten. Wenn er auch Kaiser Maximilian näherstand, musste Zink dies durch Nähe zum Papst kompensieren. Nachdem sich beide Potentaten selten grün waren, war Fingerspitzengefühl eine wichtige, wenn nicht sogar oberste Tugend. Im folgenden Frühjahr beschloss Julius, verärgert durch einen Streit zwischen dem Kaiser und Venedig, politisch eigene Wege zu gehen. Das konnte gefährlich werden für die Fuggergeschäfte in Rom.
Ein erstes Signal, dass die schützende Hand des Papstes auf einmal weggezogen wurde, kam wieder einmal bei Erbstreitigkeiten zwischen Kurie und der Fuggerfirma. Erneut war ein hochrangiger Kleriker der Anlass. Der päpstliche Datar Fazio Santori, ein wichtiger Fürsprecher der Fugger bei der Kurie über viele Jahre, war im März mit dreiundsechzig Jahren verstorben. Er hatte als langjähriger Zink-Kunde viel Geld angelegt, wenn auch nicht so viel wie der Brixener Bischof. Aber genug, um drüber zu streiten. Diesmal jedoch hatte Julius seine Lektion aus dem Meckau-Debakel gelernt und ließ sich auf keinerlei Diskussionen ein. Der Nachlass Santoris wurde knallhart eingefordert und eingezogen. Und zwar in Form von Verrechnungen mit Kupfer- und Zinnlieferungen der Fugger an die Kurie. Auch wenn Julius II. hier fraglos einen Sieg über Zink errungen hatte, war dies ein Sieg, der die Fuggerfirma nicht belastete. Im Gegenteil, der Umfang der Lieferungen stieg an und die Fuggerbank verdiente mehr denn je. Zink grämte sich nur über die taktische Niederlage. Das Geld hatte er für sich behalten wollen.
Im extrem heißen Hochsommer des darauffolgenden Jahres hieß es in Augsburg plötzlich, Papst Julius sei schwer erkrankt und läge im Sterben. Die Gerüchte erreichten auch Kaiser Maximilian. Und der fasste einen tollkühnen Plan: Warum nicht Reich und Kirche unter einem Regenten vereinigen? Also schickte er Matthäus Lang nach Rom mit der Mission, für den Fall des Todes des Rovere-Papstes dafür zu sorgen, dass die Tiara Kaiser Maximilian aufgesetzt werden sollte. Kaiser und Papst in einem! Eine groteske Idee, die, falls ihr Erfolg beschieden sein sollte, alle Machtstrukturen Europas auf den Kopf stellen würde.
Matthäus Lang war Fürstbischof von Gurk, somit Nachfolger Kardinal Peraudis, und Bischof von Cartagena, jedoch, dem Brauch der Zeit entsprechend, nicht einmal geweihter Priester. Zudem Koadjutor des Salzburg wie ein feudaler Fürst regierenden Bischofs Leonhard von Keutschach. Und langjähriger Ratgeber und Vertrauter von Kaiser Maximilian. Ein harter, siegesgewohnter Mann Mitte vierzig, von großer, kräftiger Statur, mit Adleraugen und einem schmalen, verkniffenen Mund. Dessen Elternhaus zufällig auch in Augsburg stand. Sogar gleich schräg gegenüber vom ›Haus am Rohr‹, in dem Jakob Fugger geboren worden war.
»Ich denke, Ihr werdet zur Überzeugung der Kardinäle etwa dreihunderttausend Dukaten brauchen«, legte Kaiser Maximilian seinem Berater die Größenordnung dar, um die es sich hierbei handelte.
»Die Spanier haben wir schon im Sack, König Ferdinand von Aragon ist einverstanden, wenn ich gleich unseren Enkel Karl als meinen Nachfolger bestimme.«
»Woher wollt Ihr so viel Geld nehmen, Majestät?«, fragte Lang.
»Woher? Wie immer, vom Fugger natürlich«, kam die Antwort mit einer Selbstverständlichkeit, die Lang überraschte. Diese Summe war selbst für die Fugger schwer zu stemmen, das wusste Lang wohl besser als Maximilian, der keine Ahnung hatte, dass die Augsburger auch durch seine Unzuverlässigkeit bei der Rückzahlung der Schulden schon mehrmals am Rand der Pleite gestanden waren. Zudem war die Meckau-Krise noch nicht lange vorüber und die Fuggerfinanzen für ein derartiges Risiko noch nicht gefestigt genug.
Maximilian spann seine Idee weiter.
»Zur Belohnung sollen die Fugger direkt bei mir sitzen. Der Johannes Zink soll Vorstand der Camera Apostolica werden, oder wer immer dann Leiter der römischen Fuggerbank ist.«
Als Jakob Fugger von den Plänen erfuhr, war er alles andere als begeistert.
»Zu viel Geld, zu viel Risiko«, war sein erster Gedanke.
»Hinhalten, taktieren, verzögern«, sein zweiter.
Er wusste genau, dass selbst im Erfolgsfall ein großer Teil dieser gigantischen Summe verloren wäre. Außerdem fürchtete er den Größenwahn Maximilians, sollte dieser Kaiser UND Papst in Personalunion werden. Ganz der erfahrene,
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