Der Papstkäufer
mächtigen Menschen bestand, sollte er austauschen gegen ein ehrbares, braves Leben in Augsburg? Das wollte wohl bedacht sein.
Und als hätte sich ein wohlmeinendes Schicksal zu einer Intrige gegen Johannes Zink entschlossen, forderte Jakob Fugger per Depesche erneut einen Besuch seines römischen Faktors in Augsburg an. Schnell und diskret.
Gut zwölf Tage später saß Johannes Zink bereits mit Jakob Fugger zusammen und hörte sich an, was dieser zu sagen hatte.
»Hört, Zink, ich fürchte, mein Bruder Ulrich wird bald das Zeitliche segnen.«
Zink nickte dazu, jeder wusste um die achtzehn Jahre Altersunterschied zwischen dem jüngsten und dem ältesten der Fugger-Brüder. Und um dessen schlechten Gesundheitszustand.
»Und es ist offensichtlich, dass ich dann die Regierung der Firma übernehmen werde.«
»Offensichtlich.«
Zink musste gar kein Süßholz raspeln. Es gab nur einen, der das konnte.
»Sonst ist ja niemand da, der solche Fähigkeiten hat wie Ihr.«
»Und nach der Meckau-Geschichte, da möchte ich nicht, dass so etwas noch einmal geschieht.«
»Wie wollt Ihr das vermeiden, wenn wir doch fremdes Geld brauchen.«
»Darüber muss ich noch nachdenken. Was ich aber in jedem Falle machen möchte, ist, das Kontor neu zu gestalten. Im Ablauf unserer Geschäfte, in der Kontrolle dessen, was wir und unsere Mitarbeiter so machen. Und da benötige ich Hilfe.«
»Dachtet ihr dabei etwa an mich?«
Zink war erstaunt, wenngleich er sich auch ein wenig geehrt fühlte.
»Ihr seid mein dienstältester Mitarbeiter.«
»Aber die Firma benötigt mich in Rom.«
»Sicher, das auch, aber da ließe sich Ersatz finden.«
»Sagt mir bitte, wie Ihr Euch das Ganze vorstellt.«
»Ich würde Euch gerne hier in Augsburg haben, als Hauptbuchhalter, der das ganze Geschäft überblickt. Der ausreichend Autorität hat, wenn ich auf Reisen bin. Und der auch alleine wichtige Entscheidungen treffen kann. Entscheidungen, die der Firma gut tun.«
»Ihr wollt, dass ich Rom ganz aufgebe?«
»Zumindest für eine Weile. Papst Julius wird vielleicht sogar froh sein, Euch eine Zeit lang nicht sehen zu müssen. Lassen wir Gras über das Meckau-Testament wachsen.«
»Bis wann muss ich mich entscheiden?«
Jakob Fugger stand auf. Er kam auf Johannes Zink zu, so nahe, wie er es sich erlaubte, sich einem Menschen zu nähern. Mit der größten Jovialität, zu der er fähig war, sagte er:
»Zink, ich mache Euch dieses Angebot nur einmal. Kommt zurück nach Augsburg. Sucht Euch eine nette Frau, heiratet die Clara« – Johannes Zink zuckte kurz zusammen bei der Erkenntnis, das Jakob Fugger kein Geheimnis verborgen zu bleiben schien –, »und beschließt den Rest Eures Lebens, das hoffentlich noch lange währen möge, hier in Augsburg, in meiner Firma.«
»Ihr habt meine Frage nicht beantwortet.«
»Reist zurück nach Rom, dann gebt mir Bescheid.«
Über den Lohn wurde gar nicht gesprochen. Zink wusste jedoch, dass, erfolgreiche Arbeit voraus gesetzt, er niemals Geldsorgen haben würde, wenn er Jakob Fuggers Angebot annahm.
Eine Nacht blieb er noch in Augsburg, besprach das Angebot mit Clara, die sich hocherfreut zeigte. Er überschlug die Finanzen, addierte Claras Vermögen mit seinem eigenen. Und verbrachte die Nacht in Clara Laugingers Witwenbett.
Am nächsten Morgen brach er auf nach Rom.
Er musste nachdenken.
Zwölf Tage hatte er nun Zeit dazu.
Im Sattel ließ er die letzten Jahrzehnte, alle verbracht im Dienst der Fugger, in seinen Gedanken vorüber ziehen.
Die erste Reise mit Jakob Fugger nach Venedig und Rom.
Wie sie – ebenfalls gemeinsam, Siegmund von Tirol zu Fall gebracht hatten.
Der Beginn seiner Freundschaft mit Melchior von Meckau und die damit verbundenen ersten, geschäftlichen Erfolge.
Seine Anfänge in Rom, seine Treffen mit Papst Alexander und den anderen Borgias, der Kastanienball.
Wie er sich die De-Doffis-Villa ergaunert hatte, ein Husarenstück, auf das er bis heute stolz war.
Seine Ausflüge auf die dunkle Seite, in die menschlichen Abgründe, das Treiben in der Villa, das er für Girolamo di Selvio und die anderen Seelen, die ihre Triebe nicht unter Kontrolle halten konnten, veranstaltete. Und dabei prächtig verdiente.
Voller Freude dachte er an Vanozza, die bis dahin wichtigste Frau seines Lebens, auch wenn sie lange schon kein Liebespaar mehr waren. Ob Clara ihm wohl jemals derartige erotische Vergnügen bereiten könnte wie diese wunderbare Frau es getan hatte?
Er dachte an die
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