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Der Papstkäufer

Der Papstkäufer

Titel: Der Papstkäufer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Günther Thömmes
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Stadtbewohner waren sie einige Male dem fliegenden Inhalt der Nachttöpfe ausgewichen, die immer wieder aus den Fenstern der mehrgeschossigen Mietshäuser in die stinkenden Gassen entleert wurden.
    Sie hatten noch einen Abstecher zur Herberge Albergo del Sole gemacht, einem der vornehmsten Gasthäuser Roms, direkt am Campo de’ Fiori gelegen, der nicht nur Markt war, sondern häufig auch als Richtstätte diente. Dort hatten sie ein Geschäft besprochen und gleichzeitig interessiert bei der Hinrichtung eines Diebes zugesehen. Zuerst wurde er ein wenig mit glühenden Zangen gezwickt, dann wurden ihm die Hände abgeschlagen, dann wurde er aufgehängt. Der Galgen war direkt vor den Fenstern der Herberge aufgebaut, ein Grund mehr, weswegen die Albergo del Sole bei auswärtigen Besuchern so beliebt war. [6] Das anschließende Vierteilen des Verurteilten interessierte sie weiter nicht. Die beiden Kaufleute hatten nach Verlassen der Herberge mit Erfolg versucht, das große Gedränge am Campo de’ Fiori zu umgehen, das war doch etwas zu viel des Guten; da war keine Börse, kein Almosenbeutel sicher vor den flinken Taschendieben.
    »Du glaubst zu schieben und wirst doch geschoben«, hatte Zink seinem Adlatus die dortigen Zustände beschrieben. »Und das Geschrei der Marktfrauen dort ist unglaublich. Also mir ist es lieber, meine Diener dort hinzuschicken als selbst dort einzukaufen.«
    Sie passierten gerade auf ihrer Umgehung des Marktes in flottem Schritt einige eher einfache Pinten. Wobei die beiden sich trotz strömenden Regens, der mittlerweile eingesetzt hatte, der aggressiven Werbung mehrerer älterer Prostituierter erwehren mussten. Kaum waren sie der Frauen ledig, saßen dort drei nicht minder lautstark rufende Bettler. Zink zückte seinen Almosenbeutel. Die beiden Gauner, die in einem dunklen Türeingang, nur ein paar Meter weiter, mit gezückten Messern auf sie warteten, sahen sie nicht. Ohne Ahnung ob der drohenden Gefahr, hielt Zink immer noch seinen Almosenbeutel in der Hand, währenddessen er einen milden Tadel an Schauer aussprach:
    »Wenn Ihr von den Pfründen, die der Papst zu vergeben hat, etwas abhaben wollt, dann müsst Ihr Euch aber geschickter anstellen. Wieso tut Ihr so, als sei dies etwas Ehrenrühriges? Gute Pfründen sorgen für ein gutes Auskommen ohne Arbeit, merkt Euch das.«
    Schauer nickte, obwohl er nicht einverstanden war und noch an die kirchliche Moral glaubte. Er zog seine Kapuze tiefer über seinen Kopf, um den prasselnden Regentropfen zu entgehen.
    Im gleichen Moment, als die beiden Gauner aus ihrem Versteck springen wollten, um die beiden wohlhabenden Kaufleute auszurauben, öffnete sich die Tür des Gasthofs und zwei Mönche traten heraus. Ein älterer, würdig aussehender, gefolgt von einem schlanken, drahtigen, der einige Jahre jünger war. Beide trugen eine Tonsur, der man ansehen konnte, dass sie frisch hier in Rom geschoren worden war. Die beiden waren wohl gerade erst angekommen. Der junge Mönch hatte die letzten Worte Zinks wohl gehört und begann gleich, ebenfalls den Regen ignorierend, in deutscher Sprache loszuschimpfen.
    Die beiden Gauner zogen sich sofort zurück. Vier Männer, das war zu viel für sie, auch wenn sie bewaffnet waren. Da gab es jederzeit leichtere Opfer, die für weniger Aufsehen sorgten.
    »Seht her, Pater Johann!«, rief der Mönch seinem Begleiter zu. »Das sind sie«, und zeigte vor den Passanten auf Zink und Schauer, »die unsere Mutter Kirche in den Abgrund stürzen. Die Pfründenjäger und Ämterschacherer.«
    Fast sah es so aus, als wollte er auf Zink losgehen. Die Situation war grotesk. Es regnete in Strömen, Bettler und Prostituierte bildeten den Rahmen, als ein einfacher Mönch mit einem gesetzten Kaufmann Streit anfangen wollte. Der als Pater Johann titulierte hielt seinen Mitbruder zurück. Zink erkannte in den beiden Augustinermönche. Er wusste, es weilten derzeit einige von ihnen in Rom, um beim Papst gegen die Vereinigung der Augustiner mit den Orden der strengen Observanten zu protestieren.
    Zink war nicht in Streitlaune und wollte alles, nur nicht in der Öffentlichkeit erkannt und diskreditiert werden. Also sagte er versöhnlich, ebenfalls auf Deutsch, während er seine Kapuze im Regen fester zuzog:
    »Ihr müsst uns missverstanden haben. Wir sind gewöhnliche Kaufleute. Und mit wem haben wir die Ehre?«
    Der Mönch riss sich von dem Älteren los, stellte sich gerade und erwiderte:
    »Mein Name ist Martinus Luther.« Er zeigte auf

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