Der Papstkäufer
seinen älteren Begleiter. »Ich bin Socius Itinerarius unseres ehrwürdigen Priors Johann von Mechelen vom Erfurter Convent.«
Schauer rief ihm zu, bevor Zink ihm den Mund verbieten konnte:
»Und wir sind die Herren der römischen Fugger-Faktorei.«
Das hätte er besser bleiben lassen sollen. Der Mönch kam näher und begann erneut zu schimpfen:
»So, für den Fugger arbeitet Ihr. Den schlimmsten Ausbeuter und Menschenschinder, der aus Geld ohne eigene Arbeit mehr Geld macht. Schämt Euch.«
Resigniert drehte er sich um und rief laut:
»Dann seid Ihr richtig hier in Rom, der Hauptstadt des Unernsts und des Sittenverfalls. Und kann ich zu Recht davon ausgehen, dass ich Euch morgen bei der Generalbeichte nicht sehen werde?«
Zink lachte hämisch und schob seinen Bauch nach vorne. Luther hatte ihn provoziert. Jetzt wollte er ihm zeigen, wer hier das Sagen hatte. »Mein liebes Mönchlein«, wurde er unverhohlen überheblich. »Beichtet Ihr mal fleißig für mich mit. Ich habe Besseres zu tun, als auf dem Bauch die Heilige Treppe am Lateran hinauf zu rutschen, um ein wenig billige Sündenvergebung zu erlangen.«
Die umstehenden Passanten, einige davon neu hinzugekommen, lachten.
Zink setzte noch eins drauf.
»Kauft unbedingt morgen nur fleißig Ablassbriefe und Reliquien«, sagte er mit spotttriefender Stimme. Luther wurde rot vor Zorn. Seine Augen blitzten. Er trat in eine Pfütze, so dass Wasser nach allen Seiten spritzte, sein Habit noch nasser wurde als ohnehin schon, und wandte sich an seinen Begleiter. »Und ich Esel habe beim Anblick Roms auf der Via Cassia noch ausgerufen: ›Sei gegrüßt, oh heiliges Rom! Land der Märtyrer, geheiligt durch das Blut, das sie hier vergossen haben!‹ Da reisen wir wochenlang durch Kälte und Regen, um uns dann hier von Augsburger Kaufleuten blasphemisch beschimpfen zu lassen. Rom ist mehr eine babylonische Hure als eine Heilige Stadt.« Der Prior schüttelte den Kopf angesichts von Martin Luthers jugendlichem Überschwang. Luther hatte sich in Rage geredet. Hände fuchtelnd stand er auf der Straße, während der Himmel über ihm seine Schleusen öffnete. Umgeben von Pater Johann, Zink, Schauer und einigen neugierigen Passanten.
»Seht sie Euch doch an, die Italiener. Lesen die Messe, als gelte es, einen Wettlauf zu gewinnen. Ständig nur ›Passa, passa‹ – ›Mach schnell, mach schnell‹. Den Priestern in Rom sehe ich ihre Ungläubigkeit an der Nasenspitze an. Gottesdienst ist für sie Gaukelspiel. Schämen sollten sie sich.« Dann erinnerte er sich an den Grund seiner Rede. Zu Zink gewandt, fuhr Luther fort:
»Wir sprechen uns noch, Fuggersklave. Eines fernen Tages wird Euch das Lachen vergehen.«
Zink ließ ihn stehen und ging mit Schauer seines Weges.
Ohne auch nur zu ahnen, dass ihm dieses zufällige Treffen das Leben gerettet hatte. Oder ihn zumindest vor einem unangenehmen Raubüberfall bewahrt hatte. Die beiden Mönche diskutierten noch eine Weile weiter, dann gingen auch sie in ihr Nachtquartier, ein hinter dem Stadttor gelegenes Kloster ihres Ordens.
Am nächsten Morgen hatte Zink den Mönch aus Thüringen bereits wieder vergessen. Es sollten noch ein paar Jahre ins Land gehen, bis sich beide erneut begegneten. Der kurze Romaufenthalt hatte die Gemütsverfassung des frommen jungen Mönchs völlig durcheinandergebracht, ihn geradezu verstört. Das sollte weitreichende Folgen haben.
Für Fugger und Zink, für die Kirche, für die ganze Welt …
20
Johannes Zink hasste Kinder. Diese stinkenden, schreienden Lumpenbündel, die von ihren nicht minder leisen Müttern durch Roms Gassen getragen wurden. Die einfach überall waren. Nirgendwo konnte man vor ihnen sicher sein. Dabei hatte er nichts gegen den Lärm der Stadt einzuwenden. Den genoss er, der war Teil des Lebens in Rom. Bis auf die Kinder.
So hatte er auch nicht schlecht gestaunt, als vor einigen Jahren eine Puttana, gerade die, mit der er am Öftesten verkehrte, ihm so ein schreiendes Geschöpf unter die Nase gehalten hatte mit den Worten: »So, der gehört zum gleichen Teil Euch wie mir.« Das kam natürlich überhaupt nicht in Frage. »Ich zahle dich auch dafür, dass du für die Verhütung ein solchen Unglücks Sorge trägst«, war Zinks erste Erwiderung. Auch die unverhüllte Drohung, seine Vaterschaft öffentlich zu machen, brachte ihn nicht aus der Fassung. »Hier hat fast jeder Mann Bastardkinder herumlaufen. Sogar der Papst und beinahe alle Kardinäle. Wieso glaubst du, mich
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