Der Papstkäufer
gottesfürchtig geworden war am Ende ihres Lebens, hatte sie doch noch Scherz treiben können mit dem Tod. Beinahe hätte sie den frivolen Gedanken ausgeführt, auf ihren Grabstein die Inschrift meißeln zu lassen: ›Ich bitte dich, Vorübergehender, der du mich so oft bestiegen hast, nun nicht mehr auf mich zu treten.‹
Aber auch wenn Zinks Verhalten beim Tode seiner Geliebten eine Wende zum Guten andeutete, dafür war es nun zu spät. Der Niedergang Zinks, nicht nur der körperliche, sondern auch berufliche, war bereits in vollem Gange und nicht mehr aufzuhalten.
Im Januar starb Kaiser Maximilian. Erst mit seinem Tod war das Mittelalter endgültig beendet. In der neuzeitlichen Nüchternheit war in Zukunft kein Platz mehr für die romantischen Herrschaftsträume dieses ›letzten Ritters‹.
In dem nun entstehenden Machtvakuum stieg die Bedeutung der Kurfürsten, der ›Kaisermacher‹, noch einmal an. Friedrich der Weise konnte noch besser seine schützende Hand über Luther halten. Der war so einstweilen in Sicherheit.
Im Sommer fand die öffentliche Disputation in Leipzig statt, die Luther und Eck in Augsburg vereinbart hatten. Nur stand, anstelle Luthers, dessen großer Anhänger Andreas Bodenstein von Karlstadt, Dekan der Wittenberger theologischen Fakultät, im Ring mit Johannes Eck. Das Thema des auf mehrere Wochen angelegten Gesprächs waren die Grundsätze von ›Gnade und freiem Willen‹. Eck bedauerte öffentlich Luthers Abwesenheit und hätte ihn gerne hineingezogen in die Debatte. Nach einer Woche zeigte sich bereits, dass Bodenstein Eck in keiner Weise gewachsen war, also musste Luther doch eingreifen. Nun offenbarte sich die ganze perfide Kunst Johannes Ecks. Geschickt provozierte er Luther zu positiven Aussagen über den als Ketzer verbrannten Johannes Hus, mit denen Luther sich selber in die Ketzerecke stellte. Luther erklärte, unter den vom Konzil in Konstanz verdammten hussitischen Sätzen seien ›manche gut christlich gewesen‹. Und Luthers Folgerung: ›Wenn Johannes Hus recht gehabt hatte, aber trotzdem vom Konzil verurteilt worden war, so konnten auch allgemein Konzilien irren.‹
Nach zwei Wochen wurde die Leipziger Disputation für beendet erklärt. Der Graben zwischen Luther und der katholischen Kirche war endgültig zu breit geworden, um ihn noch einmal zuzuschütten. Beide Parteien reisten aus Leipzig unversöhnlich ab. Luthers Unterstützung wuchs jedoch durch das zusätzliche neue Renommee für den Mut, den er bei der Leipziger Disputation bewiesen hatte. Alle Gegner Roms schlugen sich nun schlagartig auf seine Seite. Dazu gehörte die nationale Opposition in Deutschland mit ihrem Wortführer Ulrich von Hutten genauso wie die noch junge Bewegung des Humanismus. Besonders von Hutten klagte in immer schärferen Worten das päpstliche Finanzwesen, die Ausbeutung der Deutschen und das Treiben der kurialen Günstlinge und Prälaten an.
Es musste, bei allen religiösen Scharmützeln, alsbald ein Nachfolger für Maximilian gefunden werden. Bei der Kaiserwahl schlugen die Fugger sich traditionell auf die Seite Habsburgs. Allerdings sollte dies eine mehr als heikle Mission werden. Zum einen war der spanische Habsburgerspross Karl anfangs gar nicht an einer Unterstützung durch Jakob Fugger interessiert. Er dachte, er könne auch mit Hilfe der Welser und einiger italienischer Banken erlangen, was ihm der Fugger versprach. Zum anderen wurden die Wahlmänner, die Fugger benötigte, immer teurer. Besonders die Hohenzollern waren mittlerweile extrem gierig geworden. Zusätzliche Pensionswünsche und Pfründen für Söhne und Neffen trieben die Kosten in die Höhe. Nachdem die Gesamtforderungen aller Wahlmänner auf über siebenhunderttausend Gulden gestiegen waren, hatte Jakob Fugger aus Zorn über die zögerliche Haltung sogar Verhandlungen mit dem Haus Valois aufgenommen. Sollte halt der französische König nächster Kaiser werden, wenn der halsstarrige Habsburger zu dumm und zu ignorant war, um die ausgestreckte Hand Jakob Fuggers zu ergreifen. Franz I. von Frankreich hatte ihm in die Hand sofort zehn Prozent der gesamten Kosten, die dem Franzosen entstehen würden, als Lohn versprochen und als Entschädigung für das, was ihm eine Wahl des Habsburgers eingebracht hätte.
Aber schließlich siegte die alte Treue Jakobs zum Haus Habsburg, und auch Karl ließ sich überzeugen: Ende Juni 1519 wurde Karl V. mit Hilfe unermesslicher Schmiergelder aus dem Hause Fugger zum neuen
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