Der Paradies-Trick (Kindle Single) (German Edition)
die Höhe und verzerrte das Gesicht in überspitzter Wut. »Ich schlitz dich auf«, sagte sie mit gespielter Gefährlichkeit, und dann bekam sie einen Lachanfall. »Mein Gott, hast du das Gesicht von dem Arschloch gesehen?«
Da musste auch Delilah lachen – und das Gelächter war echt, nicht Teil des Rollenspiels. Es hielt eine ganze Weile lang an. Sie krümmten sich, fielen gegeneinander und wischten sich schließlich die Lachtränen aus dem Gesicht.
»Im Ernst, Mädchen«, sagte Fatima und trocknete sich die Augen, »ich fasse es einfach nicht. Du hast wirklich Mumm. Du bist meine neue Heldin.«
Delilah war sich der neuen Dynamik in ihrer Beziehung bewusst. Es war nur logisch. Sie hatten gemeinsam eine Gefahr überstanden und die Katharsis des Gelächters geteilt, als sie vorüber war. Sie war fasziniert und erfreut von den Veränderungen, die sie in Fatimas Sprachmustern entdeckte. Es war das erste Mal, dass sie sich erlaubt hatte, Schimpfworte zu benutzen. Und Delilah »Mädchen« zu nennen war auch neu. Die zwei Arschlöcher vom Momtaz konnten sich im Nachhinein als Geschenk des Himmels erweisen.
»Ich?«, meinte sie. »Was ist mit dir? ›Huren sind nicht scharf auf Schwänze, sie sind scharf auf Geld. Obwohl ich nicht glaube, dass ihr mit einem von beidem dienen könnt‹! Das war brillant!«
Dann ging es wieder los. Als der zweite Lachanfall verebbte, keuchte Fatima: »Oh, Mann, ich bin völlig überdreht. Ich kann heute Nacht bestimmt kein Auge zumachen.«
»Ich weiß. Geht mir genauso.«
»Willst du noch einen Drink?«
»Wollen? Verdammt, ich brauche einen.«
Sie mussten wieder lachen. Fatima führte sie zu einer nahe gelegenen Kneipe namens The Union Bar & Grill. Sie war ganz nett – viel Holz, Ledersofas, Fenster, die auf den Grand Union Canal hinausgingen, und es duftete nach Kaffee und Pubessen –, aber das Wichtigste für Delilah war der Alkohol. Sie wollte sehen, wie weit Fatima ihre Vorsicht noch vergessen würde, wie weit sich das Vertrauensverhältnis noch vertiefen ließ, das der Vorfall vor dem Momtaz gerade begründet hatte.
Es war ziemlich überfüllt, aber ein paar Frauen rückten auf einer Couch näher zusammen, sodass sie sich noch nebeneinander dazuquetschen konnten. Delilah war froh, dass sie die Couch nur mit Frauen teilten. Männer hätten ihnen keine Ruhe gelassen.
»Magst du Wein?«, fragte Delilah. Sie hatte nichts gegen Cocktails, aber bei einem Cocktail ist es zu leicht, nach einem Glas aufzuhören. Mit einer Flasche Wein ist es anders – sie steht auf dem Tisch, sie ist bezahlt, und es wäre eine Schande, sie nicht auszutrinken. Angesichts von Fatimas gegenwärtiger Überdrehtheit war Delilah neugierig, welche Facetten ihrer Persönlichkeit sie nach ein paar Gläsern enthüllen würde.
»Gern. Was würdest du empfehlen?«
»Ach, du willst mich wohl in Verlegenheit bringen, weil ich Französin bin?«
Fatima lachte. »Erlebst du das öfter?«
»Manchmal. Aber es macht mir nichts aus. Ich liebe Wein.«
Sie dachte an einen Beaujolais Cru, entdeckte aber überrascht einen 2007er Emilio’s Terrace von Schlein aus dem kalifornischen Napa Valley auf der Karte. Den fand man selten. Sie bestellte eine Flasche.
»Warum trägst du ein Messer?«, fragte Fatima, als die Kellnerin wieder weg war.
»Ich wurde in Paris einmal überfallen.«
»Das tut mir leid. Wurdest du … verletzt?«
Eine höfliche, indirekte Art der Frage, die Delilah zu schätzen wusste. Wie üblich in solchen Angelegenheiten log sie nicht. Sie arrangierte nur die Wahrheit neu.
»Nein. Ich hatte Glück. Aber danach wollte ich mich nicht mehr auf mein Glück verlassen. Wenn ich heute ausgehe, vor allem bei Nacht, habe ich immer meinen kleinen Freund dabei.«
»Kann ich es sehen?«
Delilah sah sich um. Ein paar Männer beobachteten sie, und Delilah vermied sorgfältig jeden Blickkontakt, damit er nicht als Einladung missverstanden wurde.
Sie zog das Hideaway vorsichtig heraus und verbarg es in der Handfläche. Sie war unbesorgt, dass Fatima das ungewöhnliche Material auffallen würde. Kompositmesser waren durchaus im Handel erhältlich, wenn auch nicht in dieser Qualität.
»Hinter der Speisekarte«, sagte sie. »Es sehen dich zu viele von diesen Männern an, und ich glaube nicht, dass man in London ein Messer tragen darf.«
»Nur mich? Ich denke, die sehen uns beide an.«
»Tja, wahrscheinlich hast du recht.«
Sie nahm das Messer an der Klinge und reichte es Fatima mit dem Griff voraus. »Hier,
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