Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der parfümierte Todeshauch

Der parfümierte Todeshauch

Titel: Der parfümierte Todeshauch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Léo Malet
Vom Netzwerk:
sieht ganz nett aus. Glaub nicht, daß er dich reinreißen
will. So was spür ich. Weibliche Intuition.»
    Ich bedankte mich bei ihr mit einem Lächeln. Als
Gegenleistung dafür kratzte sie sich an der anderen Brust. Robert saß mit
aufgerissenen Augen da und ließ sich nichts entgehen.
    «Also gut», sagte er. «Ich war blau. Das mit
Brillenschlange hatte mich fertig gemacht. Wußte nicht mehr, was ich tat. Ja,
vielleicht bin ich zur Villa Mogador gefahren. Aber ich bin da nie angekommen!
Muß vorher eingeschlafen sein, unter einem Baum.»
    «Da hast du aber Schwein gehabt!»
    Wenn er nämlich den nächtlichen Besuchern in die
Hände gefallen wäre, hätten sie ihm wohl ebenfalls eine Spezialbehandlung
angedeihen lassen.
    «Na ja, reden wir nicht mehr darüber. Reden wir
lieber von Brillenschlange. Sie haben den Hund gefunden, stimmt’s?»
    «Das geht Sie ‘n Scheißdreck an!»
    «Hör auf, Robert», ermahnte ihn Maryse.
    Er zappelte nervös mit den Beinen.
    «Na schön... Ja, ich habe ihn gefunden.»
    «Wo?»
    «Im Wald.»
    «Wann?»
    «Vor fünf oder sechs Jahren.»
    «War er noch jung?»
    «Ja, aber ‘n Welpe war er auch nicht mehr. Muß
schon einigermaßen alt gewesen sein, als einer von den Scheißbalgen ihn ersäuft
hat, neulich.»
    «Er war also schon kräftig?»
    «Damals? Kräftig? Völlig kaputt, das war er!»
    «Wie, völlig kaputt?»
    «Konnte kaum auf den Beinen stehen.»
    «War er denn in eine Falle geraten?»
    «Was für ‘ne Falle? Er war erschöpft. Völlig
kaputt eben! Kam wer weiß wo her. Bestimmt haben ihn so Scheißkerle ausgesetzt.
So was kommt häufig vor, in der Ferienzeit. Seine Pfoten waren übel
zugerichtet. Wahrscheinlich haben die das extra gemacht, damit er ihnen nicht
hinterher rennen konnte. Oder vielleicht ist er auch zuviel gelaufen. Wenn Sie
das arme Tier gesehen hätten! Es schleppte sich nur noch so dahin. Stöhnte wie ‘n
kleines Baby. Großer Gott!» Robert sah mich mit Tränen in den Augen an. «Was
soll das Ganze?» fragte er leise.
    «Das erklär ich Ihnen ein anderes Mal.»
    «Ja, ja. Großer Gott!» rief er wieder. «Erst hat
er so gelitten, und dann mußte er sterben...»
    Plötzlich lachte er auf.
    «Wie ein Hund!»
    «Da ist er nicht der einzige», tröstete ich ihn.
«Viele Menschen sterben so.»
     
     
     
    Mutter Ravier, die Haushälterin von Albert
Buard, der ich ebenfalls ein paar Fragen stellen wollte, war weniger schwer zu
lokalisieren als Robert Vigoud. Letzterer hatte mir übrigens ihre Adresse
genannt. Er kannte die Frau.
    «Tja, werter Herr», sagte sie, «als ich Sie das
letzte Mal gesehen habe, sahen Sie weniger blendend aus!»
    Ach! Jetzt sah ich also blendend aus? War mir
noch gar nicht aufgefallen. Danke für den Hinweis!
    «Vielleicht wissen Sie’s nicht, aber ich habe
gesehen, wie man Sie aus der Seine gefischt hat. Es scheint Ihnen ja wieder
ganz gut zu gehen, nicht wahr?»
    «Es muß. Sagen Sie, ich wollte Sie etwas fragen.
Warum hatten Sie den Verdacht, Baptiste, der gefeuerte Butler, könnte etwas
mitgenommen haben, Silber oder so etwas?»
    «Weil er so aussah.»
    «Etwa so?»
    Ich zauberte Legrands Foto hervor und bedeckte
den Schnurrbart, so wie ich es bei Maître Calviac getan hatte.
    «Das ist er!» rief Mutter Ravier aus. «Etwas
jünger, aber das ist er!»
    Die frühe Abenddämmerung warf ihre Schatten
überall dort, wo sie es für nötig hielt. Es war viel zu heiß gewesen heute.
Schwarze Wolken hingen über dem Wald.
    «Bevor die Nacht zu Ende geht», sagte ich
lachend zu dem Faun aus Stein, der sich lüstern und spöttisch sein Spiegelbild
im Teich ansah, «bevor die Nacht zu Ende geht, wird ein Gewitter
hereinbrechen.»
    Der Faun antwortete nicht. Er hatte schon andere
Gewitter erlebt.
    Trotz der Schatten, die die Abenddämmerung warf,
machte die Villa Mogador mit ihren blumengeschmückten Fenstern einen eleganten,
hübschen Eindruck. Der Sand und der Kies, die für Paul Grillats Arbeiten
angekarrt worden waren, lagen immer noch in einer Ecke des Parks. Das Gegenteil
hätte mich auch gewundert. Solche Mengen bewegen sich langsamer als ein
Beamter.
    Ich hielt vor dem Wohnhaus. Buard erschien am
Fenster seines Arbeitszimmers. Ich winkte ihm zu. Er winkte zurück, dann
verschwand er vom Fenster. Beinahe gleichzeitig erreichten wir die Eingangstür,
er von innen, ich von außen.
    «Guten Abend, Monsieur», sagte ich.
    «Guten Abend», grüßte er zurück und sah mich
erstaunt aus seinen müden Augen an. «Sie sind ein Mann der

Weitere Kostenlose Bücher