Der Partner
Anwälten nicht über den Weg und hasste es, seine Zeit zu verschwenden, aber es dauerte bei diesem ersten Besuch nicht lange, bis er Wasser für Pulverkaffee aufsetzte und Familiengeheimnisse ausplauderte. Wir saßen auf der Veranda, auf Schaukelstühlen, mit einem Dutzend alter Katzen, die um unsere Füße strichen, und redeten über alles mögliche außer über den Unfall. Glücklicherweise war es ein Samstag, also konnte ich Zeit vergeuden und brauchte mir wegen der Kanzlei keine Sorgen zu machen. Er war ein wundervoller Geschichtenerzähler. Die Wirtschaftskrise war sein Lieblingsthema, ebenso der Krieg. Nach ein paar Stunden erwähnte ich schließlich den Unfall, und er verstummte, schaute gequält drein und informierte mich mit leiser Stimme, dass er einfach noch nicht darüber sprechen könnte. Sagte, er wüsste etwas Wichtiges, aber jetzt sei nicht die richtige Zeit dafür. Ich fragte ihn, wie schnell er gefahren wäre, als unser Wagen ihn überholte. Er sagte, er führe nie schneller als fünfzig. Ich fragte ihn, ob er schätzen könnte, wie schnell unser Wagen gefahren war, und er schüttelte nur den Kopf.
Zwei Tage später suchte ich ihn am Spätnachmittag auf, und wir ließen uns abermals auf der Veranda nieder, für eine weitere Runde von Kriegsgeschichten. Punkt sechs Uhr sagte Clovis, er hätte Hunger, sagte außerdem, er liebe Fisch, und fragte, ob wir zusammen essen wollten. Ich war damals noch Junggeselle, und so fuhren Clovis und ich zum Essen. Natürlich fuhr ich, und er redete. Wir hatten für sechs Dollar soviel fetten Wels, wie wir wollten. Clovis aß sehr langsam, mit dem Mund nur wenige Zentimeter über dem Haufen Fisch auf seinem Teller. Die Kellnerin legte die Rechnung auf den Tisch, und Clovis nahm sie nicht zur Kenntnis. Sie lag ungefähr zehn Minuten lang da. Er redete mit vollem Mund. Ich fand, das Essen wäre gut angelegtes Geld, falls Clovis sich je zu einer Aussage entschließen sollte. Schließlich verließen wir das Lokal, und auf der Rückfahrt zu seinem Haus verkündete er, dass er ein Bier brauchte, nur ein Bier für seine Blase, und in diesem Moment näherten wir uns zufällig gerade einem kleinen Laden. Ich fuhr auf den Parkplatz. Er rührte sich nicht von der Stelle, also kaufte ich auch das Bier. Wir fuhren und tranken, und er sagte, er würde mir gern zeigen, wo er aufgewachsen war. Es wäre nicht weit von der Stelle entfernt, wo wir uns gerade befanden, sagte er. Eine Landstraße mündete in die nächste, und nach zwanzig Minuten hatte ich keine Ahnung mehr, wo ich war. Clovis konnte nicht sonderlich gut sehen. Er brauchte noch ein Bier, wieder für seine Blase. Ich fragte bei dem Verkäufer in dem zweiten Laden nach dem Weg, und Clovis und ich machten uns wieder auf den Weg. Er zeigte in diese Richtung und in jene, und schließlich fanden wir das Städtchen Necaise Crossing in Hancock County. Sobald wir es gefunden hatten, sagte er, wir könnten umkehren. Die Sache mit dem Haus seiner Kindheit hatte er vergessen. Weitere Wegbeschreibungen von weiteren Verkäufern folgten, wenn du verstehst, was ich meine.
Als wir in der Nähe seines Hauses angekommen waren, wusste ich wieder, wo wir uns befanden, und ich fing an, Fragen über den Unfall zu stellen. Er sagte, er wäre noch nicht imstande, darüber zu reden. Ich half ihm ins Haus, und er fiel aufs Sofa und begann zu schnarchen. Es war fast Mitternacht.
So ging es ungefähr einen Monat lang weiter. Schaukeln auf der Veranda. Wels an den Dienstagen.
Rundfahrten für seine Blase. Die Versicherungspolice hatte ein Limit von zwei Millionen. Unser Fall war jeden Cent davon wert, und Clovis’ Aussage wurde, obwohl er das nicht wusste, von Tag zu Tag wichtiger. Er versicherte mir, dass sich außer mir niemand wegen des Unfalls mit ihm in Verbindung gesetzt hatte, also musste ich ihn unbedingt auf seine Fakten festnageln, bevor die Leute von der Versicherung ihn fanden.«
»Wieviel Zeit war seit dem Unfall vergangen?« fragte Sandy.
»Vier oder fünf Monate. Eines Tages setzte ich ihm schließlich die Pistole auf die Brust. Ich sagte ihm, wir wären in dem Prozess an einem entscheidenden Punkt angelangt, und es würde Zeit, dass er ein paar Fragen beantwortete. Er sagte, er wäre dazu bereit. Ich fragte ihn, wie schnell unser Wagen gefahren wäre, als er ihn überholte. Er sagte, es wäre grauenhaft gewesen, diese Leute zu sehen, zermalmt, verletzt und blutend, vor allem der kleine Junge. Der arme alte Mann hatte Tränen in
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